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Kleinfamilie hat Tradition

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aus DER SPIEGEL 28/1984

Auch in früheren Jahrhunderten gab es die kinderreiche Großfamilie nicht - zu diesem Schluß kommt der Familienforscher Jürgen Schlumbohm vom Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen in einer Untersuchung über »Kinderstuben« zwischen 1700 und 1850. Wie Schlumbohms Nachforschungen zeigen, gab es in den meisten Orten während des 18. und frühen 19. Jahrhunderts durchschnittlich nur ein bis drei Kinder pro Haushalt, in den Städten meist noch weniger als auf dem Lande. So lebten in Salzburg Ende des 18. Jahrhunderts nur in jedem zehnten Haushalt mehr als drei Kinder. Entgegen bisherigen Vorstellungen von der vorindustriellen Großfamilie lebten »nicht sehr häufig« drei Generationen zusammen, auch nicht bei bessergestellten Bauern. Wenn der Familienbetrieb, bei Bauern oder Handwerkern, nicht genug abwarf, wurden Kinder aus dem Haus gegeben, mitunter schon vor der Pubertät. Geboren wurden, wie Schlumbohm feststellte, Kinder in Abständen von zwei bis drei Jahren. Annähernd ein Drittel aller Neugeborenen starb bereits im ersten Lebensjahr. Das 15. Lebensjahr erreichte bei Bauern und Landwirten die Hälfte der Geborenen, bei Handwerkern und Gewerbetreibenden etwas mehr, bei Tagelöhnern weniger.

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