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Kohls Taktik

aus DER SPIEGEL 20/1978

Helmut Kohl droht mit der Spaltung der Union -- um sie zu verhindern. Vor dein CDU-Präsidium kündigte der Parteichef am Montag vergangener Woche an, wenn Franz Josef Strauß bei der nächsten Sitzung der gemeinsamen Strategie-Kommission von CDU und CSU Mitte Juni nicht endgültig allen Plänen abschwöre, die CSU bundesweit auszudehnen, dann werde die CDU sofort einen bayrischen Landesverband gründen und sich schon am 15. Oktober dieses Jahres an den Landtagswahlen in Bayern mit Wahlkreis-Kandidaten -- Schwerpunkt Franken -- und eigenen Bezirkslisten beteiligen.

Die Zustimmung der CDU samt notwendiger Satzungsänderungen für die Süd-Offensive solle dann, so Kohls Plan, ein kurzfristig einberufener Sonderparteitag beschließen. Die Zeit dränge. erläuterte Kohl, da spätestens 34 Tage vor dem Wahltermin die Listen aufgestellt sein müssen.

Strauß. kalkuliert der CDU-Obere, sei vielleicht zum Verzicht auf die Vierte Partei zu bewegen. weil er als künftiger bayrischer Ministerpräsident die Konkurrenz der CDU zu fürchten habe, die in Bayern die absolute Mehrheit der CSU brechen könnte.

Im Präsidium protestierte allein der hessische CDU-Spitzenkandidat Alfred Dregger gegen Kohls Konfliktstrategie -- aus Sorge, neuer Zwist könne seine Chancen bei der Hessen-Wahl am 8. Oktober schmälern.

Strauß selbst freilich will sich nicht pressen lassen und einer klaren Antwort mit dem Argument ausweichen, erst müsse das Hessen-Votum abgewartet werden -- für eine CDU-Beteiligung an der Bayern-Wahl aber wäre es dann zu spät. Der CSU-Chef zu Vertrauten: »Kohl soll einmarschieren, oder es bleiben lassen. Mir ist beides recht.«

Einen Vorteil immerhin hätte die CDU-Invasion im Herbst für Strauß: Die von ihm gewünschte Trennung der beiden C-Parteien wäre endlich da, und nicht er, sondern Kohl hätte den Makel zu tragen, die Einheit der Union zerstört zu haben.

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