BOSCH-BLÄTTER Kopf um Kopf
Jetzt haben wir«, formuliert Heinz Schlegel, Vorsitzender des »Südwestdeutschen Journalistenverbandes«, »in deutschen Landen außer dem Springer auch noch ein Springerle.«
Als schwäbisches Diminutiv des Hamburger Verlegerzaren Axel Springer
(Gesamtauflage: 14 Millionen) stuft der Pressemann die Stuttgarter Elektrofabrikantenfamilie Bosch ein, weil sie neuerdings ein halbes Dutzend Heimatzeitungen eingesammelt hat. Am 1. Juli dieses Jahres gehen, wie schon seit März »Der Kocherbote« (Auflage: 4000) im schwäbischen Gaildorf, auf Bosch-Kurs:
- Die »Leonberger Kreiszeitung« (Auflage: 10 000),
- Die »Sindelfinger Zeitung« (6000),
- der »Gäubote« in Herrenberg (5500),
- die »Kornwestheimer Zeitung« (4000),
- die »Winnender Zeitung« (4000) und
- der »Bote vom Welzweimers Wald« (2000).
Alle diese Blättchen erscheinen künftig als Kopfblätter der Göppinger »NWZ - Neue Württembergische Zeitung«, die der Industrielle Robert Bosch junior seit zwei Jahren praktisch kontrolliert. Die »NWZ«, die außerdem schon sechs Kopfblätter hat, steigt dank dieser Neuerwerbungen in- die Auflagenregion von mehr als 110 000 auf und mausert sich damit zu einem der größten württembergischen Provinzblätter.
Bislang war der Name Bosch nur mit der angesehenen »Stuttgarter Zeitung« (Auflage: 154 000) verknüpft, die zu 25 Prozent Frau Margarete Bosch gehört, der Witwe des 1942 verstorbenen Firmenchefs Robert Bosch senior; weitere 25 Prozent gehören einer Mutter- und Dachgesellschaft »Stuttgarter Zeitungsverlag-GmbH«, die bis zum Zweiten Weltkrieg das »Stuttgarter Neue Tagblatt« und die »Württemberger Zeitung« verlegte.
Mehrheitsgesellschafter (86 Prozent) der »Stuttgarter Zeitungsverlag-GmbH« ist die »Deutsche Verlags-Anstalt« (dva) in Stuttgart, deren 51-Prozent-Majorität wiederum von Robert Bosch junior und dessen Schwester Dr. Eva Madelung gehalten wird.
Über die renommierte dva erwarben die Boschs im Juni 1962 die Hälfte der »Zeitungsverlags- und Druckhaus GmbH« in Göppingen und damit - da die anderen 50 Prozent einem ausgesprochen stillen Teilhaber, der Witwe des einstigen sozialdemokratischen Mit-Lizenzträgers Aberle, gehören - die Kontrolle über die dort erscheinende »NWZ - Neue Württembergische Zeitung«.
Die »NWZ«-Kopfblätter und -Maternzeitungen werden von Mitte dieses Jahres an bereits in acht von 19 nordwürttembergischen Landkreisen verbreitet sein - darunter sind auch nahezu alle jene Landkreise, in die das Haus Bosch seine Stuttgarter Hauptverwaltung und Forschungszentralen verlagern will (SPIEGEL 12/1964) oder aus denen die Pendlerscharen der Fabriken, Labors- und Büros der Firma Bosch stammen.
Das Haus Bosch freilich behauptet, es habe mit den Zeitungskäufen nicht das geringste zu tun. Ein Bosch-Sprecher: »Das mit den Zeitungen ist Sache der Familie Bosch, nicht der Firma Bosch.«
Hingegen der Verleger Dr. Johannes Binkowski, Hauptausschußmitglied des »Vereins Südwestdeutscher Zeitungsverleger« und als Verleger Konkurrent der Boschs: »Ein Experiment der Industriefirma Bosch in Württemberg, durch eigene Zeitungen auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen.«
Zeitungskäufer Bosch junior
»Das mit den Zeitungen ...
Neue Bosch-Zeitungen
... ist Sache der Familie, nicht der Firma«