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BOSCH-BLÄTTER Kopf um Kopf

aus DER SPIEGEL 18/1964

Jetzt haben wir«, formuliert Heinz Schlegel, Vorsitzender des »Südwestdeutschen Journalistenverbandes«, »in deutschen Landen außer dem Springer auch noch ein Springerle.«

Als schwäbisches Diminutiv des Hamburger Verlegerzaren Axel Springer

(Gesamtauflage: 14 Millionen) stuft der Pressemann die Stuttgarter Elektrofabrikantenfamilie Bosch ein, weil sie neuerdings ein halbes Dutzend Heimatzeitungen eingesammelt hat. Am 1. Juli dieses Jahres gehen, wie schon seit März »Der Kocherbote« (Auflage: 4000) im schwäbischen Gaildorf, auf Bosch-Kurs:

- Die »Leonberger Kreiszeitung« (Auflage: 10 000),

- Die »Sindelfinger Zeitung« (6000),

- der »Gäubote« in Herrenberg (5500),

- die »Kornwestheimer Zeitung« (4000),

- die »Winnender Zeitung« (4000) und

- der »Bote vom Welzweimers Wald« (2000).

Alle diese Blättchen erscheinen künftig als Kopfblätter der Göppinger »NWZ - Neue Württembergische Zeitung«, die der Industrielle Robert Bosch junior seit zwei Jahren praktisch kontrolliert. Die »NWZ«, die außerdem schon sechs Kopfblätter hat, steigt dank dieser Neuerwerbungen in- die Auflagenregion von mehr als 110 000 auf und mausert sich damit zu einem der größten württembergischen Provinzblätter.

Bislang war der Name Bosch nur mit der angesehenen »Stuttgarter Zeitung« (Auflage: 154 000) verknüpft, die zu 25 Prozent Frau Margarete Bosch gehört, der Witwe des 1942 verstorbenen Firmenchefs Robert Bosch senior; weitere 25 Prozent gehören einer Mutter- und Dachgesellschaft »Stuttgarter Zeitungsverlag-GmbH«, die bis zum Zweiten Weltkrieg das »Stuttgarter Neue Tagblatt« und die »Württemberger Zeitung« verlegte.

Mehrheitsgesellschafter (86 Prozent) der »Stuttgarter Zeitungsverlag-GmbH« ist die »Deutsche Verlags-Anstalt« (dva) in Stuttgart, deren 51-Prozent-Majorität wiederum von Robert Bosch junior und dessen Schwester Dr. Eva Madelung gehalten wird.

Über die renommierte dva erwarben die Boschs im Juni 1962 die Hälfte der »Zeitungsverlags- und Druckhaus GmbH« in Göppingen und damit - da die anderen 50 Prozent einem ausgesprochen stillen Teilhaber, der Witwe des einstigen sozialdemokratischen Mit-Lizenzträgers Aberle, gehören - die Kontrolle über die dort erscheinende »NWZ - Neue Württembergische Zeitung«.

Die »NWZ«-Kopfblätter und -Maternzeitungen werden von Mitte dieses Jahres an bereits in acht von 19 nordwürttembergischen Landkreisen verbreitet sein - darunter sind auch nahezu alle jene Landkreise, in die das Haus Bosch seine Stuttgarter Hauptverwaltung und Forschungszentralen verlagern will (SPIEGEL 12/1964) oder aus denen die Pendlerscharen der Fabriken, Labors- und Büros der Firma Bosch stammen.

Das Haus Bosch freilich behauptet, es habe mit den Zeitungskäufen nicht das geringste zu tun. Ein Bosch-Sprecher: »Das mit den Zeitungen ist Sache der Familie Bosch, nicht der Firma Bosch.«

Hingegen der Verleger Dr. Johannes Binkowski, Hauptausschußmitglied des »Vereins Südwestdeutscher Zeitungsverleger« und als Verleger Konkurrent der Boschs: »Ein Experiment der Industriefirma Bosch in Württemberg, durch eigene Zeitungen auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen.«

Zeitungskäufer Bosch junior

»Das mit den Zeitungen ...

Neue Bosch-Zeitungen

... ist Sache der Familie, nicht der Firma«

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