CSU Korrektur auf bayrisch
Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß hat sich vorgenommen, Fehler zu korrigieren, die seine Untertanen bei der Bundestagswahl begangen haben. Er will wichtige CSU-Politiker, für die nicht genug Stimmen zusammenkamen, dennoch zurück ins Bonner Parlament hieven. Wie das geht, wissen Strauß und seine Freunde auch: mit Geld und Posten.
Erstes Sorgenkind des CSU-Chefs ist der langjährige finanzpolitische Sprecher der Union im Bundestag, CSU-Präsidiumsmitglied Reinhold Kreile. Den Fachanwalt für Steuerrecht, mit besten Verbindungen zur Banken- und Industrieszene, warf der unvorhergesehene Stimmenverlust der CSU - 4,3 Prozentpunkte weniger Zweitstimmen als vor vier Jahren - aus dem Rennen. Neben den direkt gewählten Kandidaten kann die CSU diesmal nur noch vier Politiker über ihre Landesliste nach Bonn schicken - das Aus für Kreile. Er steht erst als Sechster in der Warteschlange.
Noch einen Rang tiefer wartet der Rechts-Außenpolitiker Hans Graf Huyn darauf, daß seine CSU-Freunde ihm jenes Mandat besorgen, das die Wähler ihm versagten. Huyn muß sich wohl noch etwas gedulden. Er soll zwar unbedingt ins Parlament zurückkehren, um dort nach dem Willen von Strauß, als Gegenpol zu Genscher die rechte Unionsklientei zu erfreuen. Geschehen kann dies aber erst im Verlauf der kommenden Regierungsperiode. Denn dann soll ein CSU-Abgeordneter in die Münchner Staatsregierung abkommandiert werden, was automatisch Platz schafft für den nächsten Anwärter auf der Warteliste der MdBs.
Den Platz eins dieser Liste besetzt derzeit die unbekannte Gerda Hasselfeldt aus Regen im Bayerischen Wald. Sie kann als dritte CSU-Frau ins Bonner Parlamentsprovisorium einziehen, wenn Franz Josef Strauß das ihm zugefallene Mandat - erwartungsgemäß - ausschlägt. Erst danach steht Kreile an.
Für ihn ist Franz Josef Strauß schon jetzt kein Preis zu hoch. Er ist dem Finanzfachmann aus gemeinsamen Flick-Zeiten eng verbunden. Strauß, selbst Ratgeber und Freund von Friedrich Karl Flick und im Gegenzug von jenem auch mit üppigen Parteispenden bedacht, schickt den langjährigen Flick-Aufsichtsrat Kreile schon seit 1969 regelmäßig in den Bundestag, ohne daß dieser sich je um das Wahlvolk eines Stimmkreises hätte bemühen müssen.
Strauß-Günstling Kreile revanchierte sich still, aber wirkungsvoll: Er dominierte die Finanzpolitik der Union, meist im Sinne seines Gönners. Das soll jetzt - wenn es um die große Steuerreform geht - nicht anders werden.
Keine zwei Tage brauchte das CSU-Leitungsteam, um sich auf den Abgeordneten zu verständigen der zugunsten von Kreile auf seinen Parlamentsstuhl zu verzichten hat: Karl Heinz Lemmrich Diplomingenieur aus Rain am Lech, seit 1961 im Bundestag, zuletzt Vorsitzender im Verkehrsausschuß. Das Opfer ist keins, denn dem Schwaben soll der Job angeboten werden, von dem er schon lange träumt: Er soll Vorstandssprecher der Rhein-Main-Donau AG (RMD) werden.
Dieser Posten wird im Sommer frei und steht der CSU zur Verfügung: Die bayrische Staatsregierung hat im Aufsichtsrat die Mehrheit. Lemmrichs frühere Versuche, den 250000-Mark-Arbeitsplatz zu kriegen, hatte Bayerns Finanzminister Max Streibl stets abgeblockt. Sein Argument: Bei RMD werde kein Ingenieur - wie Lemmrich - gebraucht, sondern ein Jurist. Und der war auch schon ausgeguckt: Der beamtete Staatssekretär im Bonner Verkehrsministerium Alfred Bayer glaubte, das lukrative Amt für einen geruhsamen Lebensabend sei ihm ganz sicher. Doch dann wählten knapp 75000 Schwaben Karl Heinrich Lemmrich direkt in den Bundestag - und schon ist er wieder im Geschäft, wenn er will.
Einstweilen weiß er noch gar nichts von seinem Glück. Volksvertreter Lemmrich: »Mich hat niemand angesprochen.«
Lemmrichs Kollegen wissen wohl mehr. Als Fraktionschef Alfred Dregger die ausscheidenden Bundestagskollegen am vergangenen Dienstag in der ersten Nach-Wahl-Sitzung würdigte, darunter auch Kreile - »Er wird uns sehr fehlen« -, fügte er die Hoffnung an, »daß einige dieser Kollegen in der kommenden Zeit nachrücken werden«-. Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle »Heiterkeit, Zurufe Unruhe«. Darauf Dregger: » Das ist Erfahrung.«