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Briefe

Leichte Seestaffel
aus DER SPIEGEL 8/1950

Leichte Seestaffel

Ich war überrascht und erfreut, in der neuen Nummer des SPIEGEL, in der Arbeit über Nebe, bestätigt zu finden, wie anständig unser Kampf auf Kreta geführt worden ist. Daß Grausamkeiten der Zivilbevölkerung vorgekommen sind, wird jeder Angehörige der Fallschirmtruppen und der eingesetzten Gebirgsjägereinheiten wohl aus eigener Erinnerung bestätigen können, ebenso, daß »Vergeltungsmaßnahmen« nicht von den dort kämpfenden Truppenteilen, sondern von SS-Verbänden vorgenommen wurden, die speziell zu diesem Zweck herbeigeschafft wurden. Etwas anderes aber ist weniger bekannt, trotzdem aber erwähnenswert

Neben den auf dem Luftwege herbeigeführten Verbänden sollte eine sogenannte »Leichte Seestaffel« eingesetzt werden, Kutter griechischen Ursprungs, die als Transporter nur sehr bedingt geeignet waren. Diese Flottille, wohl 20 bis 30 Einheiten, bemannt mit griechischem Personal unter Führung von Angehörigen der Marine, hatten je nach Größe 100 bis 500 Mann an Bord. In der Nacht vom 19. zum 20. Mai 1941, also am Morgen vor Beginn des Einsatzes, wurde gegen 1 Uhr bis 2 Uhr der Konvoi - die zur Bewachung bestimmten italienischen Kanonenboote waren nicht mehr anwesend - von plötzlich aus der Dunkelheit aufleuchtenden Scheinwerfern angeleuchtet, unmittelbar darauf krachten Granaten in die Schiffsrümpfe, denen diese in keiner Weise gewachsen waren. Viele Schiffe versanken. Die Soldaten, zum großen Teil schlafend unter Deck, andere auf Deck, ertranken, soweit es ihnen nicht gelang, rechtzeitig ins Wasser zu springen oder vom Schiff noch im Wasser freizukommen.

Mit den Scheinwerfern wurde die Szene beleuchtet. Auf die Schiffbrüchigen wurde mit MGs geschossen. Nur einem kleinen Teil der Besatzungen gelang es, auf Schlauchbooten zu entkommen. Wer der Kommandant des feuernden Schiffes gewesen war, wie das Schiff hieß? Das konnte kein Mensch wissen, jeder hatte Not genug, sich in Sicherheit zu bringen.

Osnabrück

HANS JÜRGEN SCHRAMME

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