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Briefe

Mainzelmännchens Steuerparade
aus DER SPIEGEL 23/1975

Mainzelmännchens Steuerparade

(Nr. 21/1975, Fernsehen: 540 Millionen Steuern schuldet das ZDF aus Werbeeinnahmen. Noch zu seinen Zeiten als Bonner Finanzverwalter gemahnte Helmut Schmidt bei »denen, die uns dauernd in den Arsch treten«, dem »rechtslastigen ZDF« abzukassieren, zumal der Bundesfinanzhof die Mainzelmänner zur Steuerpflicht verurteilt« hatte)

Der Bundesfinanzhof hat bisher kein Urteil, sondern nur einen Vorbescheid erlassen. Darin wird davon ausgegangen, daß keinerlei Programmkosten -- bis auf die Mainzelmännchen -- als Betriebsausgaben von den Werbeeinnahmen in Abzug gebracht werden können. Der Modellvorschlag der Länder beruht dagegen auf dem Grundgedanken, daß nicht nur die unmittelbaren Kosten der Werbung, sondern auch ein Teil der Kosten des die Werbung umrahmenden und seine Attraktivität bedingenden Gesamtprogramms als Betriebsausgaben anerkannt werden müssen. Das Länder-Modell soll gewährleisten, daß das ZDF wenigstens annähernd genauso behandelt wird wie jedes Unternehmen der Privatwirtschaft, insbesondere auch jedes Presseunternehmen, das ganz unzweifelhaft bei der Gewinnermittlung seine gesamten Betriebsausgaben von den Einnahmen absetzen kann. -- Im übrigen: Das Gutachten der Treuarbeit hat eine Steuernachzahlung von rund 250 Millionen DM -- überwiegend auf dem Wege einer Verschuldung, nämlich des Sendezentrums Lerchenberg -- nur unter Bedingungen vertretbar gehalten, die vom ZDF weitgehend unbeeinflußbar sind. Dazu zählen die Anwendung des Steuermodells der Ministerpräsidenten für die Zukunft, keine Kostenerhöhung für die Bundespost, Anpassung der Fernsehgebühren ab 1978 an die Geldentwertung, eine neue Gebührenaufteilung zwischen ARD und ZDF, eine Werbepreiserhöhung für 1976 und Kürzung des Programmumfangs.

Mami DR. FRITZ HUFEN

Informations- und Presseabteilung des ZDF

In Ihrem Artikel äußern Sie, daß ich »dem Buchstaben des Gesetzes nicht ganz getreu« überfällige Maßnahmen gegen das ZDF wegen dessen Steuerschulden unterlassen habe. Ihre Darstellung ist nicht zutreffend. Sämtliche Schritte, die die Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz gegen das ZDF in dessen Steuerangelegenheit unternommen oder auf die sie »verzichtet« hat, sind mit dem Bundesministerium der Finanzen abgestimmt und ausnahmslos vom Bundesminister der Finanzen, zum Teil persönlich vom heutigen Bundeskanzler und vormaligen Bundesfinanzminister, gebilligt worden. -- Es gibt keinen Brief. in dem »Helmut Schmidt seinen rheinland-pfälzischen Kollegen Johann Wilhelm Gaddum gemahnt hat, bei den TV-Schaffenden endlich abzukassieren«. Vielmehr sind mit ausdrücklicher Zustimmung des Bundesfinanzministeriums die Steuerrückstände des ZDF aus den Jahren bis 1972 vorerst in voller Höhe gestundet. können also von Rechts wegen überhaupt nicht beigetrieben werden. -- Aber auch. soweit ein solcher Zahlungsaufschub dem ZDF versagt ist, kann nicht einfach »mit dem Kuckuck hingelaufen werden«, wie nach Ihrer Darlegung ein »Bonner Finanzministerialer« glaubt. Vielmehr ist das Finanzamt nach der Beitreibungsordnung gehalten. zunächst die Stelle einzuschalten, die die Rechtsaufsicht über die öffentlichrechtliche Anstalt ZDF ausübt, damit diese auf eine Zahlung der Rückstände drängt. Von maßgebenden Bonner Ministerien wird sogar die Auffassung vertreten. ohne Zustimmung dieser Aufsichtsbehörde seien Vollzugsmaßnahmen überhaupt unzulässig. Bei

dieser unsicheren Rechtslage dürfte einleuchten, daß -- wiederum im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium -- alle Zwangsmaßnahmen zurückgestellt sind, jedenfalls so lange, als die Landesregierung Niedersachsen, der die Rechtsaufsicht über das ZDF z. Z. obliegt, keine Aufsichtsmaßnahmen ergreift.

Mainz JOHANN WILHELM GADDUM

Staatsminister

Der Vollzug der Steuergesetze obliegt nach Artikel 108 des Grundgesetzes prinzipiell nicht dem Bund, sondern den Bundesländern. In einem Schreiben vom ii. März 1974, unterschrieben von Ministerialdirektor Koch, ließ der damalige Bundesfinanzminister Helmut Schmidt seinen Mainzer Kollegen darauf hinweisen, er könne einer Stundung der bis 1972 angelaufenen ZDF-Steuerschuld bis zum 30. Juli 1975 nur unter der Bedingung zustimmen, daß Finanzminister Gaddum die Schulden aus dem Jahr 1973 und die fälligen Vorauszahlungen für 1974 eintreibe. Die Initiative für eine Eintreibung der Steuerschuld hätte tatsächlich nicht vom Land Niedersachsen, sondern von Rheinland-Pfalz ausgehen müssen. Der zuständige Beamte in der Vollstreckungsbehörde erhielt aus dem Mainzer Finanzministerium hingegen die ausdrückliche Anweisung, in Sachen ZDF nichts zu unternehmen, die Angelegenheit würde vorn Ministerium geregelt. Gaddum hat jedoch nichts unternommen. Red.

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