»Mehr Schulden, als uns lieb ist«
Seit einiger Zeit gibt es in der Kaschoggi-Story ein neues Kapitel: Der angeblich reichste Mann der Welt habe, so heißt es, seine Rechnungen nicht bezahlt, sei gar verklagt worden, weil er fällige Hypotheken nicht getilgt hat, und müsse Teile seines Besitzes verkaufen.
In der Tat mußte Kaschoggi in den zurückliegenden Monaten Rückschläge einstecken. Aber wenn man seine geschäftliche Vergangenheit als Maßstab nimmt, so dürfte er aus den momentanen Schwierigkeiten wie ein Phönix aus der Asche aufsteigen - nur noch reicher.
Wie jeder Geschäftsmann, versucht auch Kaschoggi, so wenig eigenes Geld wie möglich zu investieren. Lieber borgt er es von den Banken. Da kann es schon mal passieren, daß Provisions-Zahlungen nicht rechtzeitig eingehen und daß in der Kasse vorübergehend Ebbe ist.
»Wir hatten manchmal eine finanzielle Krise nach der anderen, doch alles wurde immer wieder ausgebügelt«, sagt ein ehemaliger Kaschoggi-Mann. »Und dann gab es den nächsten Lockheed-Vertrag. Der schwemmte 30 Millionen Dollar Provision in die Kasse, und die Welt sah wieder rosig aus. Kaschoggi marschierte wieder nach Las Vegas und warf die Tausender auf den Roulettetisch.«
Das Mammutunternehmen Triad Center in Salt Lake City war eine Nummer zu groß ausgefallen. Beim zweiten Bauabschnitt gab es deshalb Schwierigkeiten. Durch die ungünstige Entwicklung der Wirtschaftslage wurde Kaschoggi gezwungen, den Weiterbau zu stoppen. Salt Lake City hatte plötzlich zu viele Hochhäuser und Bürogebäude und zu wenig Unternehmen. Außerdem waren Kaschoggi-Büros schwer zu vermieten, denn er nahm die höchsten Preise.
Der Grund: Kaschoggi-Gebäude wurden mit dem aufwendigsten Material gebaut und ausgestattet; und auch Kaschoggis Gastfreundschaft - etwa die spektakulären Einweihungsfeiern - hatte ihren Preis. Die Kosten mußten an die Mieter weitergegeben werden, und um Mieter in das Triad Center zu locken, übernahm er sogar die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel. Ein Konkurrent kommentiert: »Es ist unmöglich, das investierte Geld über die Miete wieder hereinzubekommen.«
Die steigenden finanziellen Probleme des Triad Center waren im März der Grund, warum ein 74-Millionen-Dollar-Kreditpaket für den Bau eines Büroturms platzte. Gilbane Building Co. aus Providence, Rhode Island, will von Triad nun fünf Millionen Dollar für bereits angelieferte Stahlträger haben. Doch Triad weigert sich, und nun geht der Streit vors Gericht.
Zusätzlich hat die First Interstate Bank in Utah zwei Klagen wegen ausstehender Kreditrückzahlungen gegen Triad eingereicht. Für beide Kredite wurden Grundstücke der Triad als Sicherheit verpfändet. Auch Citizen Ltd. in Kalifornien behauptet, daß Triad seit Januar mit monatlichen Zahlungen von 35000 Dollar, plus Zinsen, im Rückstand ist.
Um Geld in die Kasse zu bekommen, vermietet Triad jetzt zu Discount-Preisen und mußte im Hauptfirmensitz 30 Angestellte entlassen.
Trotz allem blieb Emanuel A. Floor, der Vize-Präsident von Triad America und Verwalter der Triad-Grundstücke, optimistisch. Nun, meint er, wo es mit der amerikanischen Wirtschaft aufwärts geht, wird Triad seine geplanten Projekte durchführen - wenn auch eine Nummer kleiner.
»Tatsache ist, daß Triad im ersten Quartal und auch im Mai Gewinn gemacht hat«, behauptet Floor, »und zwar im Energie-Bereich - Raffinerien und Flugzeugtreibstoff -, außerdem haben wir die Kosten für die Grundstücksverwaltung entscheidend gesenkt. Dennoch, wir - Triad America - haben mehr Schulden, als uns lieb ist. Wir werden einige Anlagen verkaufen, um die Schulden zu reduzieren.«
»Wir haben Personal abgebaut«, gibt der Triad-Vize zu. »Wir sind aggressiver auf dem Leasing-Sektor geworden. Die Marktsituation verbessert sich in Salt Lake City. Wir schulden um, und dabei helfen uns niedrigere Zinsen. Wir treten mit Neubauten etwas langsamer.«
Hochgespielt wurden Kaschoggis finanzielle Probleme von einem ehemaligen unzufriedenen Angestellten. Er schickte im letzten Herbst Briefe an die Medien und behauptete, Kaschoggi sei pleite.
Die anonymen Briefe waren zwar in den meisten Punkten falsch, aber sie enthielten auch einige richtige Informationen - zum Beispiel über Kaschoggis Spielschulden in London. 16 Kaschoggi-Schecks über Beträge zwischen 50000 und 100000 britische Pfund platzten, als sie zur Einlösung vorgelegt wurden.
Inzwischen soll er die Schecks honoriert haben. Ein guter Freund Kaschoggis erklärt das so: »Er macht sich oft einen Jux daraus. Casino-Besitzer etwas mit ihrem Geld warten zu lassen. Das ist ein Spiel für ihn. Schließlich zahlt er in ihren Hotels für alles das Dreifache; sie manipulieren die Rechnung, weil er sich in ihren Augen exzentrisch benimmt.«
Die eigentliche Quelle von Kaschoggis Reichtum sind nicht Ziegelsteine und Beton-Investitionen, sondern Verträge über Waffenlieferungen. Da zaubert er immer neue herbei, wenn er Geld braucht.
Sein größtes Geschäft in der letzten Zeit war im Herbst 1985 der Verkauf von britischen Tornado-Kampfflugzeugen im Werte von 4,3 Milliarden Dollar an Saudi-Arabien. Daneben macht er dauernd irgendwelche neuen Geschäfte in allen möglichen Ländern der Welt. Zur Zeit etwa versucht er einen Vertrag über Flugzeugersatzteile für ein Land im Nahen Osten unter Dach und Fach zu bekommen. Vertragswert: alle zwei Tage eine Million Dollar - über mehrere Jahre.
Und auch seine Ausgaben deuten nicht gerade darauf hin, daß der Mann pleite ist. Erst kürzlich kaufte Kaschoggi in Hollywood für Tochter Nabila das Haus von Schauspieler George Hamilton für sechs Millionen Dollar und ein anderes für seinen Sohn Mohammed - Preis: drei Millionen Dollar.
Kaschoggi und sein Gefolge haben es denn auch längst aufgegeben, sich um Gerüchte zu kümmern. »Laßt die Leute reden«, antwortet Sekretär Robert A. Shaheen, wenn er über die finanzielle Situation von Kaschoggi befragt wird. Nichts als Neid spreche aus all dem Gerede.
Kaschoggi hat bisher nur die Personalliste etwas getrimmt. In Saudi-Arabien gab es Entlassungen, da die gefallenen Ölpreise ein Wirtschaftstief hervorgerufen haben. Daß er aber den Safari-Club in Kenia verkauft hat, ist nichts Besonderes für Kaschoggi, denn er kauft und verkauft, je nach Laune.
Während seine Jacht Nabila für einen angemessenen Preis zum Verkauf steht, hat er bereits den Auftrag für den Bau einer größeren Jacht zum Preis von 110 Millionen Dollar gegeben. Die Nabila II soll zwei Swimming-pools und zwei Hubschrauber-Landeplätze haben und mit 122 Metern Länge halb so groß wie die Queen Elizabeth 2 werden, das derzeit größte Passagierschiff der Welt.
»Wann immer der Preis für irgend etwas stimmt, schlägt Kaschoggi zu oder gibt ab«, sagt einer seiner Freunde. »Aber bisher hat er noch nichts verkauft, was er liebt. Vielleicht kann er seine Jacht einfach nicht mehr leiden.«