Meyers Utopien
(Nr. 29/1985, Rüstung: Professor Hans-Peter Dürr über die »Strategische Verteidigungsinitiative« (SDI)) *
Die bislang überzeugendste Argumentationskette gegen SDI!
Braunschweig REIMER THIESSEN
Bei der Beurteilung von SDI sollte man sich doch mal an die früheren Versprechungen der Atomstrategen erinnern. Zum Beispiel, daß Atombomben Kriege für alle Zeiten unmöglich machen würden; eine Einschätzung, die nun für SDI stillschweigend zu den Akten gelegt wird.
Stuttgart RAIMUND KLIMPEL
Reagansche und andere Sprachregelungen scheinen bei »freien Bürgern« zu verfangen. Was da als »Politik der Stärke und der Überlegenheit« dem Volke verkauft wird, ist für vernünftig und klar denkende Menschen nach wie vor eine Politik der moralischen Schwäche und des menschlichen Bankrotts.
Lindau (Schweiz) RALF WINKLER
Schon Kaiser Schihuangti faszinierte im 3. Jahrhundert vor Christus der Gedanke, sein »Reich der Mitte« durch ein technisches Großprojekt vor Angriffen zu sichern. Sein Werk, die »Chinesische Mauer«, erfüllte ihre Aufgabe nur recht unvollkommen. Professor Dürr hat überzeugend dargestellt, daß der Irrwitz SDI Kosten und politische Risiken birgt, gegenüber denen der Bau der Chinesischen Mauer als ein Werk staatsmännischer und vorausschauender Vernunft erscheint, jedenfalls für diejenigen, die sie nach 2300 Jahren staunend erklimmen.
Mönchengladbach ULRICH ELSEN
Tragisch ist es, daß Vernunft offenbar wie Coca-Cola verkauft werden muß, daß ein Aufsatz wie der von Dürr einfach nicht oder nur »diagonal« gelesen und vergessen wird, sobald ein Schreier der Massenpresse die ihm genehme Politik unterstützt und mit der Teflonbratpfannenargumentation die Dummköpfe wieder um sich schart.
Berlin WOLFGANG E. MÜLLER
Der einflußreiche Sicherheitspolitik-Professor Werner Kaltefleiter (Uni Kiel) folgert aus einer Analyse dreier Szenarien, daß »nur ... eine einseitige Verteidigungsfähigkeit auf seiten der USA für die Allianz akzeptabel ist«. Mithin: Die UdSSR soll sich nicht gleich gut verteidigen können. Ihr bleibt nichts als Offensive? Soll sie in die Rolle gezwungen werden, die ins Feindbild paßt?
Hamburg WILHELM NOLTE
Erinnert sich denn niemand an frühere, wenn auch - mit SDI verglichen - »harmlose« Utopien zum Beispiel des »Reichsmarschalls« unseligen Angedenkens Hermann Göring, der »Meyer heißen« wollte, wenn ein einziges Flugzeug des Feindes Deutschland erreichte? Fallen wir schon wieder auf wahnsinnige Utopisten herein?
Lüneburg (Nieders.) GOTTFRIED SCHMIDT
Endlich mal ein Planckler, der zu drängenden Problemen unserer Zeit öffentlich Stellung nimmt. Vielleicht ist dies ein Anstoß für den schlafenden Riesen Max-Planck-Gesellschaft (10000 Mitarbeiter,
davon 4000 Wissenschaftler), seine eigene Forschungspolitik zu überdenken?
Radolfzell-Möggingen (Bad.-Württ.) PROF. DR. GERHARD THIELCKE Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie
Beunruhigend bei dem Streit um das SDI-Projekt ist unter anderem, daß über eine so indiskutable Sache selbst von deren Gegnern in einer Weise diskutiert wird, als sei sie dennoch diskutabel.
Viersen (Nrdrh.-Westf.) WILHELM THÖNISSEN
Viele Menschen fragen nicht, ob eine technische Neuerung schwerwiegende Nachteile hat, außer wenn diese Nachteile finanzieller Natur sind. Oder speziell bei der Rüstungstechnik wurde nicht etwa gefragt: Wie reagiert die Gegenseite auf schnellere Raketen, auf flexiblere Marschflugkörper und auf kürzere Vorwarnzeiten; nein, die Frage lautete einfach: Ist das machbar? Und es gab bisher immer Wissenschaftler, die diese schrecklichen, von einem pervertierten menschlichen Geist zeugenden Waffen dann auch erfunden haben; und ich glaube, es wird solche Wissenschaftler auch in Zukunft geben - das heißt, wenn es überhaupt eine Zukunft gibt.
Karlsruhe WALTER KRÄMER
Dem Spiegel gebührt Dank, daß er den sachlich fundierten Anmerkungen des hervorragenden deutschen Physikers Hans-Peter Dürr zu den wahnwitzigen Konzepten des Krieges der Sterne Raum gegeben hat. Herr Dürr steht mit seiner Kritik nicht allein. Die Zahl der Physiker, die den Mut haben, die Dinge in der Öffentlichkeit beim Namen zu nennen, nimmt zu und ist inzwischen nicht mehr zu übersehen.
Flensburg PROF. DR. HANS GEORG HASLER
BRIEFE
Große Geste
(Nr. 30/1985, Denkmäler: In Kassel soll eine Gedenktafel für Deserteure im II. Weltkrieg errichtet werden) *
Dieses Thema wird unsere »unbewältigte Vergangenheit« neu beleben.
Willingen (Hessen) GEORGE ETWEN
Wenn auch ehemals eingekerkerte oder ermordete Soldaten des letzten Krieges geehrt werden, so betrachte ich dies als eine große menschliche Geste.
Offenburg URSULA CONSTROFFER
Wird ein Krieg gewonnen, dann sind Deserteure Deserteure. Keiner verliert ein Wort über sie. Wird der Krieg aber verloren, dann sind hingerichtete Deserteure Nationalhelden, weil sie viel schlauer waren als alle Vorgesetzten. Und nun glaubt man, ihnen ein Denkmal setzen zu müssen.
Frankfurt/Main ERNST ZIJNEN
Die sogenannten Deserteure waren auch nur Menschen, die im Vergleich zu den alten und neuen »Nazis« noch einen gesunden Menschenverstand im Leibe hatten und kapitulierten, passiven Widerstand leisteten, anstatt in diesem kriminellen
und verbrecherischen Hitlerkrieg den Heldentod zu sterben oder gar zum Krüppel zu werden.
Berlin RUDOLF FÜRSTENAU
Wie erbärmlich dieses Volk geworden ist, zeigt allzu deutlich die Diskussion, ob man Feiglinge und Verräter ehren sollte oder nicht.
Berlin WOLFGANG STEFFES
Gedenktafel für umgebrachte Deserteure finde ich richtig. Leute wie Filbinger haben mitgeholfen, den Verbrecherkrieg durch abscheuliche Todesurteile zu verlängern, aber selbst Hitlers Befehle zuletzt nicht befolgt: Jeder wehrfähige Mann, darunter waren auch die noch heute lebenden ehemaligen Kriegsrichter, Generale, Ritterkreuzträger und Maulhelden, hatte an die Front zu gehen und bis zur letzten Patrone und dem Seitengewehr bis zum Heldentod zu kämpfen.
Ötztal (Österreich) KARL-HEINZ SCHMIDT
Ich als junger Bundeswehrsoldat sehe im Zusammenhang mit der Anbringung einer Gedenktafel für die Opfer des Faschismus unter Einschließung von Deserteuren keine Aufforderung zur Desertion junger Soldaten.
Schwalmstadt (Hessen) WOLF-RÜDIGER KALITOWSKI
BRIEFE
Immer immun
(Nr. 30/1985, Parteispenden: Bundeskanzler Kohl vor dem Mainzer Untersuchungsausschuß) *
Warum regt Ihr Euch eigentlich so auf, wenn unserer wackerer Bundeskanzler Euch Kloakenjournalismus vorwirft? Ihr berichtet doch dauernd über Kloaken.
Reinbek (Schlesw.-Holstein) ERWIN BOLDT
Ich frage mich, ob bei dieser »Amnesie total« eine Regierung sich noch kompetent nennen darf, da man offensichtlich darauf eingestellt sein muß, daß sie vergißt, wer ihr Auftraggeber ist.
Aachen MAURICE SWEERMAN
Mein Gott, von welch'' törichtem Menschen doch die Bundesrepublik gesamtinhabert wird, der wohl noch weiß, daß 1973 seine Beziehung zu Lambsdorff nicht die beste gewesen sei, und seine Partei (damals) so bettelarm war, daß er um Spenden bat. Jedoch an Waschanlagen und Spender und Empfänger kann er sich nicht mehr erinnern.
Neidenstein (Bad.-Württ.) JÜRGEN LIPSCHITZ
Die schweren Gedächtnisstörungen des Kanzlers können zwei Ursachen haben: Es kann sein, daß der medizinische Befund pathologisch ist. Möglich ist aber auch, daß es in Mainzer Tagen Alltagsarbeit Kohls war, größere Geldbeträge durch Waschanlagen zu schleusen. Wie soll er sich da an Einzelfälle erinnern?
Filderstadt (Bad.-Württ.) AXEL HORN
Das alte Spiel, den Feuermelder für das Feuer schuldig zu machen.
Frankfurt JOHANN SAJDOWSKI
Bundeskanzler Kohl ist der einzige, dem ich es sogar glaube, daß er sich nicht erinnern kann.
Bremen JÜRGEN RUDOLPH
Meine Vorschläge:
1. Die unbeschränkte Immunität des Bundeskanzlers sollte verfassungsrechtlich verankert werden; salopp ausgedrückt: einmal Bundeskanzler, immer immun.
2. Politische Fragen der Journalisten müssen dem Innenminister zur Genehmigung vorgelegt werden. Eine Arbeitsgruppe sollte Fragen für einen Positivkatalog erstellen. Beispiel: »Wie war das Wetter in Brüssel, Herr Bundeskanzler?« sind als unbedenklich einzustufen.
3. Das Kabinett sollte als gemeinnütziger Verein anerkannt werden; insofern wären Spenden jederzeit möglich und rechtlich unbedenklich.
Berlin LUTZ SIOL _(Vor dem Mainzer Untersuchungsausschuß )
BRIEFE
Grauenvolle Geschichte
(Nr. 28/1985, SPIEGEL-Gespräch mit Kurienkardinal Paul Poupard über Gläubige und Ungläubige) *
Es ist geradezu erstaunlich, mit welcher Herrlichkeit und Anmaßung vereinfachte und abschätzige Aussagen über die Entwicklung der Wissenschaft, ihr Verhältnis zur Religion und über den Atheismus allgemein von den Kirchenoberen gefällt werden. Aus dem ganzen Gespräch ist selbst bei bemühtem, aber auch besorgtem Interesse für die aufgeklärte Vermittlung von Glaubensinhalten nicht mehr als die Verteidigung und Verfestigung alten Wahrheits- und Machtbewußtseins zu erkennen.
Salzburg CHRISTIAN ARNEZEDER
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß unsere Kirchen beider Konfessionen mit ihren Priestern, Bischöfen, Kardinälen bis zum »unfehlbaren Papst« sich noch heute sicher sind, daß ihre eigenen treuen gefolgschafts-gläubigen Kinder Gottes dem Wunschdenken der Kirchenfürsten noch entsprechen und an »Gott glauben«. Glauben sie es überhaupt selber noch? Predigen sie nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf? Denken sie einmal nach über die gähnende Leere der Kirchen?
Wietzen (Nieders.) JOHANN SCHIERHOLZ
Die grauenvolle Geschichte des Christentums findet mit ihren Religionskriegen, der Inquisition und dem millionenfachen Feuertod von sogenannten Hexen nicht ihresgleichen in der Welt. Ohne den Gesinnungsterror, besonders in der katholischen Kirche, wären die christlichen Religionsgemeinschaften wohl nicht so groß geworden.
Wyk auf Föhr HEINRICH LAMBERTS
Wollen wir eigentlich noch einmal 2000 Jahre über Gott diskutieren, streiten und uns mit hochtrabenden und nichts bewirkenden Philosophien selbst beweihräuchern, bevor wir die Lehre des Nazareners mit ihren schlichten, einfachen und doch revolutionären Aussagen endlich in unserem Leben verwirklichen?
Offenburg HARALD LIEDTKE
BRIEFE
Verkaufs-Verbot
(Nr. 29/1985, Durch die Hintertür - Handel mit West-Wagen in der UdSSR) *
Privatwagen von Diplomaten werden in Moskau bei der Dienststelle für die Betreuung des Diplomatischen Corps (UPDK) angemeldet und erhalten von ihr das amtliche Kennzeichen. Wenn ein deutscher Botschaftsangehöriger seinen Wagen verkaufen will, so kann er dies nach den Bestimmungen des Auswärtigen Amts erst nach Ablauf von drei
Jahren nach der Einfuhr, oder bei Versetzung tun. Ein Verkauf an sowjetische Staatsangehörige ist nach sowjetischem Recht unzulässig. In der Regel wird der Wagen an andere Diplomaten verkauft. Jeder Verkauf wird sowohl dem UPDK wie dem Auswärtigen Amt in Bonn gemeldet. Ich habe in meiner Zeit als Botschafter in Moskau (1972-1977) entgegen Ihrer Darstellung keinen Wagen an das UPDK »geliefert«.
Bodenwerder (Nieders.) DR. ULRICH SAHM
BRIEFE
Bloße Erfindung
(Nr. 28/1985, Abtreibung: Verwirrung und Zwietracht in der CDU um eine Verfassungsklage gegen die »Abtreibung auf Krankenschein") *
Die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung finanzieren die legale Abtreibung durch ihre Beiträge mit. Der Einkommensteuerpflichtige bezahlt durch seine Steuern die Bundeswehr. Beide Gruppen werden nicht danach gefragt, ob ihnen diese »Umlagen« gefallen. Es gibt eine ganze Menge ernstzunehmender Leute, die die Kriegsvorbereitungen der Bundeswehr als Vorbereitungen von Massenmord ansehen. Ich könnte mir vorstellen, daß nach einer Klage gegen die »Abtreibung auf Krankenschein« Tausende dieser Menschen ebenfalls nach Karlsruhe ziehen, um ihr Problem klären zu lassen.
Krauchenwies (Bad.-Württ.) DR. MARTIN DIEM
Mit welchem Recht und mit welcher Überheblichkeit erlauben sich männliche Politiker, den Frauen die Abtreibung zu erschweren? Mit welchem Recht werden Frauen, die abtreiben müssen, so negativ und verständnislos beurteilt? Haben die Herren vergessen, daß zu jedem abgetriebenen Kind auch immer ein »Vater« gehört, der die Frau in diese unangenehme Lage gebracht hat? Daß jetzt wieder die ärmeren Frauen am stärksten betroffen sind, ist ungerecht.
Luxemburg MARIANNE KREMER
Ihr Artikel zeigt mir, wie verworren inzwischen das Rechtsempfinden in der BRD ist. Politiker, die aus der Befürchtung heraus, Wählerstimmen zu verlieren, die legale Tötung eines Kindes unbewegt läßt, haben meines Erachtens keine Berechtigung mehr, in Positionen zu sein, wo sie über Leben entscheiden können. Und die immer wieder angeführten Frauen, die aufgrund sozialer Notlage zu Kurpfuschern eilen, existieren sie wirklich in diesem Ausmaß, oder sind sie nicht bloß eine Erfindung? Entspricht es nicht mehr der Wahrheit, daß in Deutschland Kinder geopfert werden, um Egoismus ausleben zu können, weil der moralische Verfall und so auch die Gottlosigkeit überhand nimmt?
Neukirchen (Hessen) KLAUS BRIER
Für die Behandlung des Raucherbeins, des Drogenmißbrauchs, der Skiunfälle und so weiter zahlen auch diejenigen, die weder rauchen, Skifahren oder Drogen mißbrauchen. Wenn bei der Behandlung
von Krankheiten eine Solidargemeinschaft besteht, kann man nicht Einzelfälle ausnehmen.
Markgröningen (Bad.-Württ.) F. W. ROSENBAUM
BRIEFE
Leuchtende Mülltonne
(Nr. 28/1985, Frankreich: SPIEGEL-Redakteur Klaus-Peter Schmid über das französische Deutschland-Bild) *
Der Artikel von Schmid ist mir, einem Deutschen, der seit 13 Jahren in Frankreich lebt, aus der Seele gesprochen. Unter französischen Intellektuellen: Vorurteile, Unkenntnis, Mißverständnisse. Und die Deutschen, die die Vorurteile so schön bestätigen. Was ist zu tun? 20 Jahre Jugendaustausch scheinen wenig gebracht zu haben; dennoch, die unter fünfundzwanzig scheinen in Frankreich aufgeschlossener zu sein für deutsche Kultur, Film, Rock, neue Literatur, Malerei, man geht schon mal eher nach Hamburg, Berlin oder München. Also ist Hoffnung? Tout doucement vielleicht - falls der angelsächsische Mahlstrom, der alles auf bilaterale Europa-Amerika-Beziehungen zwingt, diese Ansätze nicht wieder verschlingt.
Marseille (Frankreich) C. GORIDIS
Nicht die Deutschen in Deutschland ersticken an ihrer Sauberkeit und Akkuratesse, sondern wir, die in Frankreich, das heißt Paris leben müssen, an dem hier herrschenden Dreck. Paris ist eher Mülltonne als »ville lumiere«.
Paris CHRISTA GUINGAMP-EMDE
Herr Schmid spricht viel über Klischees, Halbwissen und Besserwissen. Indem der Autor jedoch Luther und seine Auswirkungen auf die kulturelle und politische Geschichte Deutschlands als »Klischee« abqualifiziert, offenbart er nur, daß es mit seinem eigenen Wissen auch nicht sehr weit her sein kann. Daß Luther bei der Ausbildung bestimmter deutscher Wesenszüge und politischer Phänomene wie Verinnerlichung, Politisierung der Religion oder Religion als Legitimator und Verbündeter staatlicher Macht durchaus eine »Weichenstellungsfunktion« innehatte, ist nicht auf dem Mist irgendeines vorurteilsbehafteten Franzosen gewachsen, sondern von ernsthaften politischen Denkern und Historikern analysiert worden.
Frankfurt/Main JOHANNES RIEDEL
Beruhigen Sie sich, Freunde: Es mißfällt uns ganz und gar nicht, wenn Sie ein bißchen laut sind.
Bayel (Frankreich) BERNARD SIE
Irgendwie freut man sich immer wieder, wenn jemand noch einmal klarstellt, daß die Franzosen und die Deutschen immer noch dasselbe Bild vom Nachbarn haben, das vor siebzig Jahren gültig war. Diese Wahrheit sollte den Politikern jeden Tag wiederholt werden. Dann würden sie vielleicht verstehen, daß die Wirklichkeit nicht von Wunschbildern mit Bleisoldaten abhängig sein sollte. Daß diese Politiker noch glauben, daß
symbolträchtige Akte, besonders wenn sie an Ereignisse erinnern, die bei der Jugend wertlos geworden sind, noch einen Sinn haben, ist leider nicht neu. Es ist nur erstaunlich, daß diese Feststellung sich noch nicht herumgesprochen hat.
Schwetzingen DR. CLAUDE FOUCART
BRIEFE
Menschliche Mattscheibe
(Nr. 29/1985, Computer: Autorin Cora Stephan über den computerisierten Schriftsteller) *
In Cora Stephans Warnung vor dem Hunde namens Personal Computer für freie Autoren und Übersetzer sollten die Gemeinten lauthals einstimmen. Daß sie an der Ersparnis der Satz- und Korrekturkosten, die ihr PC den Auftraggebern beschert, angemessen teilhaben, ist bis zum Beweis des Gegenteils reines Wunschdenken - es sei denn, sie brächten ebensoviel Hartleibigkeit auf wie manche Verleger und ließen sich auf Textverarbeitung ohne Lohn gar nicht erst ein. Das aber verbietet der Kümmerwuchs ihres Einkommens, und so dürften die Blattlöhner mit ihren PCs sich am Ende die Fronketten selber anlegen.
Bonn HERBERT H. GRAF Freier Übersetzer und Lektor
Seit einem Jahr schreibe ich selbst nur noch mit Hilfe eines Mikro-Computers. Neben der erheblichen Zeit- (und damit auch Geld-)Ersparnis sind mir dabei noch folgende Nebeneffekte aufgefallen, die im Artikel von Cora Stephan leider zu kurz kommen: 1. Die Rückenschmerzen, die ich früher durchs Tippen bekam, sind nicht mehr existent. 2. Die Arbeit am Computer wirkt stimulierend (ich bin fast versucht zu sagen: ähnlich wie ein menschlicher Partner).
München DR. JÜRGEN VOM SCHEIDT Schriftsteller und Diplompsychologe
Bei der Informationsbeschaffung war Frau Stephans Computer offenbar überfordert, denn sonst hätte ihm auffallen müssen, daß der »experimentierfreudige Kölner Soziologie-Professor Richard Münch« seit 1977 an der Universität Düsseldorf forscht und lehrt.
Düsseldorf R. HAUPT Universität Düsseldorf Pressestelle
Vor dem Mainzer Untersuchungsausschuß