BAYERN Mit dem Duden
»Quod licet bovi«, so ließ sich der bayrische SPD-Landtagsabgeordnete Anton Hochleitner vor der 5. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vernehmen, »non licet Iovi": Was jedem Ochsen im Freistaat hingehen könne, so der von dem Parlamentarier ins Gegenteil verdrehte Lateiner-Spruch, müsse unter Umständen den höchsten Göttern versagt bleiben.
Mit Iovi war Hochleitners Prozeßgegner Gerold Tandler gemeint, der es nach bescheidenen beruflichen Anfängen als Dentist und Bankangestellter unversehens der Reihe nach zum CSU-Landtagsabgeordneten, CSU-Generalsekretär und Besitzer des ansehnlichen Hotels., Gasthof zur Post« im Wallfahrtsort Altötting gebracht hat,
Um die vor zwei Jahren von Tandler erworbene Herberge, die schätzungsweise drei Millionen Mark wert ist, ging es auch bei dem Rechtsstreit in Traunstein. CSU-General Tandler hatte im » Burghauser Anzeiger« nachgelesen. was sein politischer Widersacher Hochleitner im Hotel Glöcklhofer zu Burghausen wieder mal alles verbreitet hatte. Zum Beispiel, daß es »zumindest eine Geschmacklosigkeit ist, wenn der CSU-Generalsekretär für seinen Hotelbau Staatszuschüsse in erheblicher Höhe bekommen hat«.
Dem Hotelier aus Altötting war auf Anhieb klar, daß dies »so verstanden werden muß oder wenigstens kann«, als habe der »Generalsekretär der größten politischen Partei Bayerns« seine Stellung und Funktion dazu »gebraucht, besser gesagt mißbraucht, sich einen Staatszuschuß zu verschaffen« (so die Klagebegründung).
Dies aber sei »unwahr und ehrenrührig«, denn er habe »keinerlei Staatsgelder als Zuschuß« erhalten. Tandler verlangte Unterlassung und Widerruf der Behauptungen Hochleitners. dem es nur darum gehe, »einen namhaften Repräsentanten der CSU zu desavouieren«.
Bislang auch von Tandler unbestritten ist jedoch, daß er vor zwei Jahren zusammen mit Ehefrau Gabriele, geb. Hiermeier, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ins Leben gerufen hatte, um das 500 Jahre alte Hotelgebäude, das zwischendurch auch mal als Altersheim diente, zu erwerben und zu renovieren.
Den Kaufpreis bezifferte Tandler damals auf »etwas über eine Million DM«. Etwa die gleiche Summe beantragte und erlangte das Ehepaar Tandler als zinsgünstiges Darlehen aus dem staatlichen »Teilprogramm Fremdenverkehr«, dessen Vergabe in den »Richtlinien zur Durchführung der bayerischen regionalen Förderungsprogramme« geregelt ist.
Das 1976 mit 60 Millionen Mark gerüstete Programm, mit dem normalerweise Skilifte, Hallen- und Freibäder, Tennisplätze, Minigolfanlagen und Reithallen, jedoch kaum noch die ohnehin schon unterbelegte Hotellerie gefördert wird, ist so begehrt, daß die Gelder meist schon in der ersten Jahreshälfte vergriffen sind.
Nach der Attacke Hochleitners machte Tandler einen »wesentlichen Unterschied zwischen einem Staatszuschuß und einem Staatsdarlehen«. Doch sein Kontrahent konterte kurzerhand »mit dem großen Duden«, wie Hochleitner-Anwalt Johannes K. Blombach sagt. Dort, im Band 5, 2. Auflage 1966, ist der Begriff »Subvention« schwarz auf weiß als »zweckgebundener öffentlicher Zuschuß« definiert. Als »Subvention« hatte jedoch zuvor in der Landtagsdrucksache 8/3412 sogar das bayrische Wirtschaftsministerium das Leihgeld an Tandler bezeichnet -- und dazu auch noch den effektiven Subventionswert mitgeteilt: 7,5 Prozent der geförderten Investition.
Im Fall Tandler wären das vom Staat geschenkte 75 000 Mark -- wenn's reicht.
Denn bei der Überprüfung der Frage, ob die Staatszuschüsse tatsächlich »in erheblichem Maße« geflossen sind, ließ Tandler das Traunsteiner Gericht im Stich. Trotz Aufforderung durch die Kammer, Darlehnshöhe und Zinssatz mitzuteilen, schwieg der Generalsekretär lieber.
Aber auch ohne genaue Daten wies der Richter am Mittwoch letzter Woche Tandlers Klage auf Unterlassung und Widerruf in erster Instanz ab und bürdete ihm die Kosten des Verfahrens auf. Schon während der Verhandlung hatte das Gericht erkennen lassen, daß natürlich auch Subventionen in Form von Zinsvergünstigungen als Zuschuß zu betrachten seien.
Anton Hochleitner kann nun seine Standard-Wahlversammlung wieder ungehindert halten -- sein Dauerthema »Ist die Bildungsreform gescheitert?« pflegt er regelmäßig durch Hinweise auf den Hotelier Tandler zu beleben.