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»Nachmittags erschien Frau Weber«

Urteilsbegründung im Flick-Prozeß: Kaum Zweifel, daß Bargeld an Minister geflossen ist *
aus DER SPIEGEL 44/1987

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht der erhebliche Verdacht, daß von Brauchitsch den damaligen Bundeswirtschaftsministern Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff die angeklagten Barzahlungen tatsächlich hat zukommen lassen. Dieser Verdacht beruht vor allem auf den Aufzeichnungen des Leiters der Buchhaltungsabteilung der VG bzw. I.-V., _(Verwaltungsgesellschaft für ) _(industrielle Unternehmungen Friedrich ) _(Flick GmbH (VG),später umbenannt in ) _(Friedrich Flick Industrieverwaltung KG ) _(aA (I.-V.) )

des Zeugen Diehl, über Bargeldzuwendungen an die seinerzeit im Bundestag vertretenen Parteien und einzelne ihnen angehörende Politiker. Er wird noch verstärkt durch die für die Kammer schlechterdings nicht nachvollziehbare Einlassung von Brauchitschs, die in Rede stehenden Zahlungen seien dem damaligen FDP-Bundesschatzmeister Karry zugeflossen.

Trotz der eher zurückhaltenden und hinsichtlich der Zahlungsempfänger an sich wenig ergiebigen Bekundungen des Zeugen Diehl mißt die Kammer seinen Kassenunterlagen wesentliche Bedeutung für die Beantwortung der Frage bei, welche Personen oder politischen Gruppierungen die dort verzeichneten Beträge erhalten haben. Die Kammer hat die Überzeugung gewonnen, daß die Aufzeichnungen des Buchhalters über die Verwendung der für politische Zwecke bestimmten Bargeldzuwendungen eine verläßliche Wiedergabe der Informationen enthalten, die ihm vom Veranlasser der jeweiligen Zahlung - Kaletsch _(Konrad Kaletsch war bis zu seinem ) _(Tode 1978 persönlich haftender ) _(geschäftsführender Gesellschafter der ) _(Friedrich Flick KG, eine Position, die ) _(auch Eberhard von Brauchitsch innehatte. )

oder von Brauchitsch - erteilt wurden.

Der Indizwert des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Barzahlungen »wg.« eines bestimmten Politikers und Kontakten von Brauchitschs zu dieser Person zeigt sich am Beispiel des CDU-Bundesvorsitzenden Dr. Kohl. Die Kammer mißt den Kassendispositionen »wg.« Kohl erhöhte Bedeutung bei, weil diese mehrfach zeitgleich mit den später zu erörternden Bargelderhebungen »wg. der Minister Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff erfolgt sind. Für die Zeit ab September 1975 haben sich folgende Feststellungen treffen lassen:

Nachdem von Brauchitsch am 02.09.1975 ein Telephongespräch mit Dr. Kohl geführt hatte, vermerkte der Zeuge Diehl unter dem 03.09.1975 eine Zahlung »wg.« Kohl in Höhe von 100000,- DM. Tags darauf suchte Frau Weber, _(Juliane Weber war Sekretärin des ) _(Rheinlandpfälzischen ) _(CDU-Fraktionsvorsitzenden (1963 bis ) _(1969) und Ministerpräsidenten (1969 bis ) _(1976) Helmut Kohl,später enge Vertraute ) _(des Oppositionsführers im Bundestag ) _((1976 bis 1982). Als Helmut Kohl 1982 ) _(Bundeskanzler wurde, übernahm sie die ) _(Leitung seines Persönlichen Büros. )

eine enge Mitarbeiterin des damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten, von Brauchitsch in seinem Büro auf. - Unter dem 20.11.1975 sind 50000,- DM »wg.« Kohl notiert. Am selben Tage traf von Brauchitsch mit Dr. Kohl in Mainz zusammen .

Eine erneute Zahlung »wg.« Kohl in Höhe von 50000,- DM ist für den 08.06.1976 verzeichnet. Zwar haben sich in diesem Fall keine Anhaltspunkte für eine zeitnahe Zusammenkunft ergeben:

Fünf Wochen später kam es jedoch zu einem Treffen, bei dem das Geld hätte übergeben werden können. Vorausgegangen war eine unter dem 13.07.1976 vorgenommene Diehl-Eintragung über weitere 50000,- DM »wg.« Kohl. Von Brauchitsch vermerkte am 14.07.1976: »R/Paefgen: _(Günter Max Paefgen war langjähriger ) _(Flick-Gesellschafter )

Einverstanden 50 H.K.« und telephonierte am selben Tage mit Dr. Kohl. Am nächsten Tage hatte er einen kurzen Besuch von Frau Weber.

Hinsichtlich der folgenden Zahlung »wg. Kohl, für die eine Quittung von Brauchitschs vom 17.09.1976 über 30000,- DM existiert, lassen seine Terminkalender und Notizen nicht erkennen, wann und von wem das Geld entgegengenommen worden sein könnte.

Nachdem der Zeuge Diehl unter dem 10.05.1977 50000,- DM »wg.« Kohl vermerkt hatte, stattete Frau Weber von Brauchitsch am 12.05.1977 einen Besuch ab. - Am 05.12.1977 ließ die Vertraute Dr. Kohls anfragen, ob sie am nächsten Tage kurz bei von Brauchitsch vorbeikommen könne. Diehl verzeichnete unter dem 06.12.1977 30000,- DM »wg.« Kohl. Nachmittags erschien Frau Weber.

Die nächste einschlägige Eintragung weist unter dem 11.08.1978 25000,- DM aus. Dr. Kohl war für den Abend des 15.08.1978 zu einem Besuch in der Wohnung von Brauchitschs angemeldet. - Unter dem 19.01.1979 notierte Diehl 30000,- DM »wg.« Kohl. Am selben Tage suchte Frau Weber von Brauchitsch in dessen Büro auf. - Die letzte Eintragung »wg.'' Kohl über 50000,-DM datiert vom 30.01.1980. Am 05.02.1980 trafen sich von Brauchitsch und Dr. Kohl zum Abendessen.

Angesichts dieser engen zeitlichen Zusammenhänge zwischen den Daten der Kassenerhebungen und Zusammenkünften kann kaum zweifelhaft sein, daß Dr. Kohl die ihm zugeschriebenen Zahlungen erhalten hat. Von Brauchitsch hat dies im wesentlichen auch bestätigt.

Ähnliches gilt für die Bargeldzuwendungen »wg.« des CSU-Vorsitzenden Dr. Strauß, welche überwiegend von Dr. Flick selbst überbracht wurden.

Ähnlich wie bei den Zahlungen »wg« Kohl ist auch bei den meisten Zahlungen »wg.« Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Daten der Erhebung von Bargeldbeträgen und Kontakten von Brauchitschs mit den beiden mutmaßlichen Empfängern festzustellen.

Die Aufstellungen über inoffizielle Zahlungen an die FDP weisen für die Zeit ab 1974 folgende Eintragungen auf (die angeklagten Zahlungen sind angekreuzt): _____« 22.05.74 Ka wg. Dr. Friderichs 75000 DM 04.06.74 Ka » _____« wg. Graf Lambsdorff 10000 DM 04.02.75 Ka wg. Dr. » _____« Friderichs 50000 DM 07.07.75 Ka wg. Graf Lambsdorff 25000 » _____« DM 15.12.75 Ka ohne Angabe 200000 DM (x) » _____« 17.02.76 v.B. wg. Graf Lambsdorff 25000 DM 01.04.76 » _____« Ka wg. Dr. Friderichs 75000 DM (x) 08.06.76 v.B. wg. Dr. » _____« Friderichs 70000 DM 17.10.76 v.B. wg. Dr. Friderichs » _____« 60000 DM (x) 13.04.77 v.B. wg. Graf Lambsdorff 25000 DM » _____« 10.05.77 v.B. wg. Dr. Friderichs 70000 DM 31.05.77 v.B. » _____« wg. Dr. Friderichs 40000 DM (x) 21.09.77 v.B. wg. Graf » _____« Lambsdorff 25000 DM 06.12.77 v.B. wg. Lambsdorff 30000 DM » _____« (x) 19.04.79 v.B. wg. Graf Lambsdorff 30000 DM 30.01.80 » _____« v.B. wg. Lambsdorff 40000 DM (x) 15.04.80 v.B. wg. » _____« Lambsdorff 40000 DM (x) 07.07.80 dgl. 25000 DM (x) »

Die Beweisaufnahme hat zu der Erkenntnis geführt, daß ein Verantwortlicher des Flick-Konzerns - insoweit kommen nur Kaletsch und von Brauchitsch in Betracht - einem oder mehreren Repräsentanten der FDP in der Zeit von Ende 1974 bis etwa Anfang 1976 zugesagt bzw. in Aussicht gestellt hat, der Partei in den folgenden Jahren Spenden in Höhe von drei Millionen DM zukommen zu lassen. Tatsächlich sind der FDP in den Jahren 1976 bis 1980 Beträge etwa in Höhe dieses Gesamtvolumens zugeflossen. Dies geschah in der Hauptsache durch Begleichung von Rechnungen für Werbungsaufwand der Partei, Zahlungen an Fördergesellschaften und die Friedrich-Naumann-Stiftung sowie durch Bargeldzuwendungen .

Die aufgezeigten vielfachen Unstimmigkeiten der Angaben von Brauchitschs zum Komplex »Karry« bestärken den Verdacht, daß sich die Vorgänge in Wahrheit so abgespielt haben, wie sie von dem Zeugen Diehl verzeichnet worden sind, Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff die ihnen zugeschriebenen Barzahlungen also erhalten haben. Die Wahrscheinlichkeit dieses Geschehensablaufes erhöht sich noch angesichts der Tatsache, daß von Brauchitsch zumeist in engem zeitlichen Zusammenhang mit den Daten der betreffenden Kassenausgänge mit den beiden Ministern zusammengetroffen ist.

06.12.1977 v.B. wg. Graf Lambsdorff 30000,- DM

Am 24.11.1977 hatten von Brauchitsch und der Zeuge Wacker den neuen Bundeswirtschaftsminister Dr. Graf Lambsdorff im Ministerium aufgesucht, wo sie in Anwesenheit der Zeugen Dr. Schlecht und Wohlleben das Begleitschreiben zu den Anträgen des zweiten Geleitzuges übergaben. _(Flick-Direktor Fritz Wacker kümmerte ) _(sich um den sogenannten zweiten ) _(Geleitzug, einen Flick-Antrag auf ) _(Steuerbefreiung für einen Teilerlös aus ) _(dem Verkauf von 29 Prozent der ) _(Daimler-Benz AG. )

Die nächste Begegnung mit Dr. Graf Lambsdorff sollte am 06.12.1977 im Rahmen einer Veranstaltung des von Parlamentariern und Vertretern der Wirtschaft gebildeten »Arbeitskreises Wirtschaftspolitik« stattfinden. Am 05.12.1977 erhielt von Brauchitsch eine weitere von ihm auch wahrgenommene Einladung zu einem Treffen von Wirtschaftsvertretern mit Dr. Graf Lambsdorff am 18.01.1978. Ebenfalls am 05.12.1977 fragte Frau Weber an, ob sie

am nächsten Tage kurz vorbeikommen könne.

Am 06.12.1977 ließ sich von Brauchitsch 60000,- DM aus der Dispositionskasse auszahlen. Der Zeuge Diehl vermerkte auf der Rückseite der Quittung: »30 Ko 30 GrLa«. In den Zusammenstellungen über inoffizielle Zahlungen sind unter dem 06.12.1977 Beträge »wg.« Dr. Graf Lambsdorff und . wg.« Dr. Kohl in Höhe von jeweils 30000,-DM verzeichnet.

Am 06.12.1977 suchte Frau Weber von Brauchitsch in seinem Büro auf. Dieser nahm am Abend desselben Tages an der Veranstaltung des Arbeitskreises Wirtschaftspolitik teil, die im Hause des Deutschen Industrie- und Handelstages in Bonn stattfand. Dr. Graf Lambsdorff hielt dort vor etwa 40 Teilnehmern einen Vortrag.

Beide Angeklagten weisen darauf hin, daß Dr. Graf Lambsdorff bei dieser Zusammenkunft als neuer Bundeswirtschaftsminister im Mittelpunkt des allseitigen Interesses gestanden habe. Ein unbeobachtetes Vier-Augen-Gespräch oder gar die Übergabe eines Kuverts mit Bargeld sei in den zudem beengten Räumlichkeiten schier unmöglich gewesen. Von Brauchitsch beruft sich im übrigen darauf, daß er am 08.12.1977 einen Termin mit Schlieker gehabt habe. Wahrscheinlich habe dieser die Dr. Graf Lambsdorff zugeschriebene Zahlung an Karry weitergeleitet.

Nach Auffassung der Kammer hätte von Brauchitsch dem Minister durchaus während oder am Rande der Veranstaltung vom 06.12.1977 einen Geldbrief aushändigen können. Die Übergabe hätte in einen so unverfänglichen Wortwechsel gekleidet werden können, daß eventuelle Beobachter dem Vorgang keine Beachtung zu schenken brauchten.

19.04.1979 v.B. wg. Graf Lambsdorff 30000,- DM

Die Angeklagten waren zuletzt am 19.03.1979 zu einem Abendessen in Düsseldorf zusammengetroffen, bei dem auch der aktuelle Stand des Steuerbescheinigungsverfahrens zur Sprache kam.

Unter dem 19.04.1979 stellte von Brauchitsch dem Zeugen Diehl eine Quittung über 80000,- DM aus, auf deren Rückseite der Buchhalter u.a. »FDP-Gr. L. 30« vermerkte.

Die nächste festgestellte Begegnung der Angeklagten fand am 15.05.1979 im Rahmen einer Gesprächsrunde beim Bundeskanzler statt.

30.01.1980 v.B. wg. Graf Lambsdorff 40000,- DM

Am 28.01.1980 führten die Angeklagten in den Räumen der Victoria-Versicherung in Düsseldorf ein Gespräch, in dessen Mittelpunkt Probleme des Steuerbescheinigungsverfahrens standen.

Unter dem 30.01.1980 verzeichnete der Zeuge Diehl in seinen Zusammenstellungen über inoffizielle Zahlungen Bargeldbeträge »wg.« sechs Politikern der CDU, SPD und FDP in Höhe von insgesamt 245000,- DM, darunter 40000,- DM »wg.« Dr. Graf Lambsdorff. Da die einzelnen Beträge nicht aus der Dispositionskasse abgeflossen sind, müssen sie - so auch die Aussage des Zeugen Diehl - der schwarzen Kasse entnommen worden sein.

Am 01.02.1980 telefonierte von Brauchitsch mit Dr. Graf Lambsdorff. Abermals war das Steuerbescheinigungsverfahren Gegenstand der Erörterungen. Das nächste festgestellte Zusammentreffen der Angeklagten fand am 15.04.1980 statt.

Für ein zeitnahes Zusammentreffen der Angeklagten nach dem 30.01.1980 haben sich keine konkreten Anhaltspunkte ergeben. Gleiches gilt im übrigen für die beiden nächsten und letzten Eintragungen »wg.« Dr. Graf Lambsdorff vom 15.04. und 07.07.1980. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Minister seinerzeit einen Wohnsitz im Düsseldorfer Stadtteil Grafenberg hatte, wo er sich des öfteren aufhielt. Angesichts der benachbarten Lage zu Wohnung und Büro von Brauchitschs hätten kurzfristige Begegnungen unschwer arrangiert werden können, ohne daß sich dies in ihrem Terminkalender niederschlug.

Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine Aushändigung des hier in Rede stehenden Bargeldbetrages am späten Nachmittag des 07.02.1980 möglich gewesen. Zu dieser Zeit hielten sich beide Angeklagten in Düsseldorf auf, ohne durch anderweitige erkennbare Verpflichtungen an einem Zusammentreffen gehindert zu sein.

15.04.1980 v.B. wg. Graf Lambsdorff 40000,- DM

Am 15.04.1980 trafen sich die Angeklagten zwischen 8.00 und 9.00 Uhr zu einem zwei Wochen zuvor verabredeten Frühstück im Hotel Hilton in Düsseldorf. Erneut war das Steuerbescheinigungsverfahren Hauptgesprächsgegenstand.

Unter demselben Datum ließ sich von Brauchitsch von dem Zeugen Diehl 40000,- DM aus der Dispositionskasse auszahlen. Der Buchhalter vermerkte auf der Rückseite der Quittung »Gr. Lambsdorff«. Die Kammer hält es am ehesten für möglich, daß von Brauchitsch dem Minister die Zahlung am folgenden Wochenende vom 19 und 20.04.1980 hat zukommen lassen. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich beide Angeklagten vorwiegend in Düsseldorf auf.

Bei zusammenfassender Betrachtung bestärken die vielfachen zeitlichen Übereinstimmungen zwischen den angeführten Bargelderhebungen und Kontakten von Brauchitschs mit Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff den auf den Aufzeichnungen des Zeugen Diehl beruhenden Verdacht, daß die beiden damaligen Bundeswirtschaftsminister die ihnen zugeschriebenen finanziellen Zuwendungen tatsächlich erhalten haben.

Andererseits kann keineswegs davon ausgegangen werden, daß es der Grundhaltung von Brauchitschs widersprach den Ministern Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff in dem hier in Rede stehenden Zeitraum finanzielle Vorteile zukommen zu lassen.

Umgekehrt haben sich Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff während ihrer Amtszeit erwiesenermaßen nicht gehindert gesehen, finanzielle Zuwendungen zur Unterstützung der Partei oder ihrer eigenen politischen Arbeit auf die dafür vorgesehenen Konten zu vermitteln oder - wie Dr. Graf Lambsdorff - in Form von Schecks entgegenzunehmen.

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, daß die Kammer bei allem Verdacht der Bargeldzuwendungen an Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff keine Anhaltspunkte dafür gefunden hat, daß die Zahlungen zu privaten Zwecken der beiden Minister vereinnahmt werden sollten oder vereinnahmt worden sind.

Die dargelegten Verdachtsgründe werden im übrigen nicht dadurch entkräftet, daß lediglich in den wenigen aufgezeigten Fällen, bei Dr. Graf Lambsdorff nur vor seiner Amtszeit, Bareinzahlungen auf Konten im Wirkungsbereich von Dr. Friderichs und Dr. Graf Lambsdorff festgestellt worden sind, die sich zeitlich und betragsmäßig den Abflüssen aus der Dispositionskasse des Flick-Konzerns zuordnen lassen. Die Kammer zweifelt nicht daran, daß beide Angeklagten - Dr. Graf Lambsdorff hat es für seine Person ausdrücklich bestätigt - jederzeit die Möglichkeit hatten, Bargeld im Bereich ihrer Partei so unterzubringen, daß der Zahlungsweg heute nicht mehr rekonstruiert werden kann. *KASTEN

903 Seiten *

stark ist das bislang unveröffentlichte Urteil der 7. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts, mit dem vor acht Monaten der Flick-Parteispenden-Prozeß zu Ende ging. Wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu wurden der frühere Flick-Gesellschafter Eberhard von Brauchitsch zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und 550000 Mark Geldbuße, die Ex-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (180000 Mark) und Hans Friderichs (61500 Mark) zu Geldstrafen verurteilt. Vom Vorwurf der Bestechung und Bestechlichkeit wurden die drei Angeklagten freigesprochen. Das Gericht hatte zwar den »erheblichen Verdacht«, daß hohe »Barzahlungen tatsächlich« geflossen sind, aber zu einer Verurteilung in diesem Anklagepunkt fehlte den Strafrichtern die beweisbare Verabredung, daß mit dem Flick-Geld auch Politiker-Entscheidungen gekauft wurden. Letzte Woche zog die Staatsanwaltschaft ihre Revision zurück, weil das Urteil »durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen« lasse und »revisionssicher begründet« sei (der Kölner Generalstaatsanwalt Bereslaw Schmitz). Die Verteidiger sind noch unschlüssig, ob sie ebenfalls ihren Revisionsantrag zurückziehen sollen. Erst dann wäre das gesamte Urteil rechtskräftig.

Verwaltungsgesellschaft für industrielle Unternehmungen FriedrichFlick GmbH (VG),später umbenannt in Friedrich FlickIndustrieverwaltung KG aA (I.-V.)Konrad Kaletsch war bis zu seinem Tode 1978 persönlich haftendergeschäftsführender Gesellschafter der Friedrich Flick KG, einePosition, die auch Eberhard von Brauchitsch innehatte.Juliane Weber war Sekretärin des RheinlandpfälzischenCDU-Fraktionsvorsitzenden (1963 bis 1969) und Ministerpräsidenten(1969 bis 1976) Helmut Kohl,später enge Vertraute desOppositionsführers im Bundestag (1976 bis 1982). Als Helmut Kohl1982 Bundeskanzler wurde, übernahm sie die Leitung seinesPersönlichen Büros.Günter Max Paefgen war langjähriger Flick-GesellschafterFlick-Direktor Fritz Wacker kümmerte sich um den sogenannten zweitenGeleitzug, einen Flick-Antrag auf Steuerbefreiung für einenTeilerlös aus dem Verkauf von 29 Prozent der Daimler-Benz AG.

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