Neuwahlen für den Bundestag
Die Bundesregierung kann auf
zwei Wegen Neuwahlen ansteuern:
1. Der Kanzler tritt freiwillig zurück.
2. Der Kanzler stellt die Vertrauensfrage.
Findet der Vertrauensantrag nicht die Mehrheit der 496 voll stimmberechtigten Mitglieder des Bundestages -- die Berliner Abgeordneten haben dabei kein Stimmrecht -, kann der Minderheitskanzler weiter regieren oder aber -- nach Artikel 68 des Grundgesetzes -- dem Bundespräsidenten vorschlagen, das Parlament aufzulösen. Dem Staatsoberhaupt steht es frei, diesem Vorschlag zu folgen. Er muß sich aber innerhalb von 21 Tagen entscheiden. Neuwahlen sind dann während der nächsten 60 Tage fällig.
In der Dreiwochen-Frist freilich kann die Opposition die Initiative ergreifen und Neuwahlen verhindern, indem sie ihrerseits die Wahl eines neuen Bundeskanzlers auf die Tagesordnung bringt. Findet der vorgeschlagene Alternativkandidat die absolute Mehrheit (249 Stimmen), so ist der amtierende Kanzler durch ein konstruktives Mißtrauensvotum gestürzt. Der Präsident darf den Bundestag nicht mehr auflösen. Viele Kommentatoren des Grundgesetzes sind sogar der Ansicht, das konstruktive Mißtrauensvotum dürfe keinesfalls durch eine Auflösungsorder unterlaufen werden.
Tritt ·der Kanzler freiwillig zurück, muß der Präsident nach Artikel 63 des Grundgesetzes einen neuen Anwärter präsentieren. Erreicht aber weder der vorgeschlagene noch ein anderer Kandidat die absolute Mehrheit im Parlament, so gilt in einem neuen Abstimmungsverfahren als gewählt, »wer die meisten Stimmen erhält«. Es genügt also in diesem Falle die einfache Mehrheit. Der Bundespräsident muß dann entweder binnen sieben Tagen die Ernennungsurkunde ausfertigen oder aber den Bundestag auflösen.