Susanne Beyer

Die Lage am Morgen Sind die Klima- und die Coronakrise Verbündete?

Susanne Beyer
Von Susanne Beyer, Autorin im SPIEGEL-Hauptstadtbüro

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

heute beschäftigen wir uns mit der Frage, ob sich Klima- und Coronakrise verbünden können, worin die Stärke des Karlsruher BND-Urteils liegt und wir gratulieren - trotz allem - Pippi Langstrumpf.

Klima- und Coronakrise fallen zusammen. Was tun?

Immer und immer wieder hatten sich Klimaaktivisten in den vergangenen beiden Jahren anhören müssen, ihre Forderungen stünden den Interessen der Wirtschaft entgegen. Als zum Jahreswechsel noch alle Welt über das Für und Wider dieser Fragen sprach, machte sich bereits die Corona-Pandemie auf ihren Weg: Lockdown, Shutdown, Kontaktverbot - plötzlich schienen die Interessen der Wirtschaft nicht mehr so wichtig zu sein. Das alte Argumentationsmuster griff bald aber doch wieder: Neue Forderungen von Klimaschützern wurden, jedenfalls hier und da, abgewehrt – es müsse nun zuerst an die Wirtschaft gedacht werden.

Und doch zeigt allein der "Bericht zur Lage der Natur", den Bundesumweltministerin Svenja Schulze gestern vorstellte, dass solche Reihenfolgen schlicht unvernünftig sind: Insekten fehlt durch die "intensive Landwirtschaft", so der Bericht, ihr Lebensraum. Kann das den Menschen egal sein? Eben nicht, in funktionierenden Ökosystemen greift alles ineinander.

Da sich die Bekämpfung von Klima- und Corona-Katastrophe nicht in eine Reihenfolge bringen lässt, sollten sich nun jene Politiker durchsetzen, die in der Klimapolitik eine neue Wachstumsstrategie für die von der Coronakrise geplagte Wirtschaft sehen. Bereits im vergangenen Winter hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen "Green Deal", einen Plan für eine ökologische Wirtschaft, vorgelegt. Beim Wiederaufbau der Wirtschaft soll er nun helfen: Teile des "Green Deals" werden heute in Brüssel von der EU-Kommission vorgestellt; es wird um nachhaltige Lebensmittelproduktion gehen.

Natürlich gibt es auch eine andere Art des Umweltschutzes: den des verschärften Konsumverzichts. Der wurde zu Corona-Zeiten eingeübt. Durch Lockdown-Shutdown-Kontakverbot senkten sich die globalen Emissionen um bis zu 17 Prozent gegenüber dem üblichen Tageswert, heißt es in einer neuen Studie. Es gibt aber eine dritte Methode, jenseits von exzessivem Konsum oder exzessivem Verzicht: den nachhaltigen Konsum.

Schadet das Karlsruher Urteil über den BND der Terrorabwehr?

Manche Gerichtsurteile klingen so selbstverständlich, dass man sich fragt, worüber da überhaupt verhandelt wurde: Der Bundesnachrichtendienst müsse auch im Ausland an das deutsche Grundgesetz gebunden sein, urteilte nun das Bundesverfassungsgericht. Im BND war dieses Urteil allerdings befürchtet worden: Wenn gewisse Freiheiten beim Abhören wegfielen, sei dies für die Terrorabwehr schädlich, hatte es hier geheißen. Sicherer aber können sich jetzt Journalisten im Ausland fühlen, die ihre Quellen schützen wollen und müssen - denn niemand versorgt Journalisten mit Informationen, wenn die Gefahr besteht, abgehört zu werden.

Ist die Terrorabwehr aber nun tatsächlich geschwächt? Das muss nicht sein. Das Verfassungsgericht fordert vom Gesetzgeber, eine neue, unabhängige Kontrollinstanz für die Arbeit des BND. Wenn es gut läuft, sorgen solche Kontrollen sogar für eine Verbesserung der Standards.

Merkels neuer Rückhalt

Angela Merkel und Emmanuel Macron haben vorgestern einen Plan für den Wiederaufbau in der EU vorgelegt, und es war am Abend desselben Tages schon klar, woher der Widerspruch kommen würde: Die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark zeigten sich skeptisch. Österreichs Kanzler kündigte einen Gegenvorschlag an.

Immerhin aber hat die Kanzlerin Deutschland an ihrer Seite. Deutschland? Ja. Merkel hatte in den vergangenen Jahren auch deshalb so reserviert auf Macrons Werben reagiert, weil sie um das Misstrauen eigener Leute gegenüber Wünschen aus Frankreich wusste. Doch der gestrige Tag zeigte, dass sie nun wichtige Leute an ihrer Seite hat.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, sagte zum Beispiel seine Unterstützung zu. Da die Parlamente aller Mitgliedstaaten dem Vorschlag Macrons und Merkels zustimmen müssen, ist der Rückhalt aus Deutschland so wichtig. Es gab Momente, und die liegen gar nicht so weit zurück, da konnte Merkel in den Augen mancher CDU-Leute gar nichts mehr richtig machen. Und nun soll sich sogar ein gewisser Herr Merz zustimmend zu ihren Plänen geäußert haben.

Personalberater: "Frauen sollten um SAP einen Bogen machen"

Heute findet per Videokonferenz, vom baden-württembergischen Walldorf aus, die Hauptversammlung des Softwarekonzerns SAP statt. Die Schlagzeilen, die der Konzern zuletzt machte, können den Aktionären und Investoren nicht ganz egal sein, jedes Unternehmen lebt auch von seinem Image.

Das Image eines Softwarekonzerns wäre am besten mit Fortschritt verbunden. "Frauen sollten um SAP einen Bogen machen", schrieb aber der Personalberater Heiner Thorborg in seiner Kolumne im Manager Magazin, nachdem SAP sich im April nach nur sechs Monaten von Jennifer Morgan als Vorstandsvorsitzender getrennt hatte. Dies sei "der dritte unrühmliche Abschied einer Topmanagerin in Walldorf."

Es gab auch andere Stimmen, die Morgans Auftreten in den wenigen Monaten im neuen Posten als zwar freundlich, aber zu blass beschrieben haben. Doch Morgan war herausragend qualifiziert, wenn man etwas anderes im Sinn gehabt hätte, als die immer noch verbreitete These zu stützen, dass Frauen "es" nicht könnten, hätte manches dafür gesprochen, ihr etwas mehr Zeit zu geben.

Gewinnerin des Tages...

... soll heute schon Pippi Langstrumpf sein, obwohl der eigentliche Anlass erst morgen sein wird. Da aber morgen Feiertag ist, wird es keinen Newsletter geben.

Vor 75 Jahren also wurde das erste Buch mit Pippi Langstrumpf als Hauptfigur veröffentlicht. Kinderbücher sind immer auch Spiegel ihrer Zeit, und für heutige Kinder ist es eher unverständlich, warum Pippis Vater ein "Negerkönig" sein soll. Bedenkliches Vokabular und verstörende Haltungen aber im Nachhinein zu tilgen - und solche Forderungen gab es in Bezug auf den "Negerkönig" – ist jedoch Unsinn. Kinderbücher werden irgendwann zu historischen Dokumenten, die man nicht ändern sollte, denn dadurch würde das ganze Werk verfälscht. Ja, 1945 war das Denken in Europa noch kolonialistisch geprägt, und die liberale Pippi-Schöpferin Astrid Lindgren war davon ganz offensichtlich nicht frei. Darin allein schon liegt eine Lehre. Aber die ersten Abenteuer von Pippi erschienen auch in einem Monat, in dem ein Krieg zu Ende ging, der durch starre Obrigkeitstreue mitbefördert worden war. Lindgrens Hauptfigur lehnte sich gegen Obrigkeiten auf, Pippi war und ist die personifizierte Anarchie. Und da sie in unseren Köpfen und Herzen mehr ist als eine bloße Buchfigur, heißt es jetzt, trotz allem: Happy Birthday, Pippilotta!

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