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ZDF »Nicht noch so eine Pleite«

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende Kurt Beck, 60 (SPD), über die Absetzung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender
aus DER SPIEGEL 49/2009

SPIEGEL: Gab es eine hitzige Debatte im Verwaltungsrat, oder waren in Wirklichkeit die Fronten mehr als geklärt?

Beck: Die Diskussion war sehr sachlich, nicht laut, aber durchaus emotional. Zwei Unabhängige haben für Brender gestimmt, offenbar lassen sich eben doch nicht alle vereinnahmen.

SPIEGEL: Wie wurde begründet, dass Brenders Vertrag nicht verlängert wird?

Beck: Es war zunächst angeblich eine Frage der Personalführung. Das konnte ich kontern. Bei mir sind nie Meckereien über Brender angekommen. Das eigentliche Argument der schlechten Quoten ist sehr zurückgenommen worden. Da hat man wohl gemerkt, dass das gar nicht in der Kompetenz des Verwaltungsrats liegt. Neu hinzugekommen ist, dass man einen ganz jungen Chefredakteur brauchte, der in der neuen Medienwelt mehr zu Hause ist. Dieses Argument ist besonders perfide, in einer solchen Runde.

SPIEGEL: Wurden andere Kandidaten, etwa Peter Frey, vorgeschlagen?

Beck: Nein. Das hätte ich auch unterbunden. Nur der Intendant hat ein Vorschlagsrecht. Man will einen Termin noch vor Weihnachten finden, bei dem es dann auch um einen Nachfolger gehen wird. Ich will versuchen, meinen Beitrag zu leisten, damit wir nicht noch so eine Pleite erleben.

SPIEGEL: Eine Klage beim Bundesverfassungsgericht schließen Sie aus?

Beck: Ich schließe eine Klage nicht aus, aber sie löst das Problem nicht. Man würde ein solch großes Haus wie das ZDF in der Schwebe halten, und es würden unglaublich viele Unsicherheiten entstehen.

SPIEGEL: Sollen die Politiker raus aus den Gremien?

Beck: Man muss sich der Frage stellen, ob die Gesellschaft wirklich genug repräsentiert ist, wenn so viel Politik am Kontrolltisch sitzt. Aber eine Klage könnte schlimme Folgen haben. Die Politik wäre dann zwar draußen, aber über Umwege wäre der politische Einfluss viel intensiver als je zuvor. Niemand wäre in einem solchen Spiel identifizierbar, und niemand würde die Verantwortung übernehmen.

SPIEGEL: Auch die SPD versteckt sich hinter gesellschaftlichen Gruppen, die eigentlich als unabhängig gelten.

Beck: Das bestreitet niemand. Man muss sich aber in Deutschland nur mal anschauen, in wie vielen Verbänden Konservative in den Spitzenetagen sitzen.

SPIEGEL: Und Intendant Markus Schächter? Steht er unangefochten an der Spitze des Hauses?

Beck: Er hat sich sauber verhalten und dadurch keinen direkten Schaden erlitten. Leichter hat er es aber dadurch sicher nicht.

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