Krieg in der Ukraine Scholz bittet China um stärkere Einflussnahme auf Moskau

Olaf Scholz ist nach einem Treffen mit Chinas Partei- und Staatschef mit Ministerpräsident Li Keqiang zusammengekommen. Dabei sprach der Kanzler neben dem Ukrainekrieg auch die Lage von Minderheiten in dem Land an.
Olaf Scholz wird von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang empfangen

Olaf Scholz wird von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang empfangen

Foto: Kay Nietfeld / AP

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat China aufgefordert, seinen Einfluss auf Russland für ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu nutzen. Die Regierungen in Peking und Berlin seien sich zudem einig, dass russische Drohungen mit Atomwaffen nicht akzeptabel seien, sagte Scholz am Freitag während seines Antrittsbesuchs in Peking bei einem Treffen mit Regierungschef Li Keqiang. Zuvor hatte er Staats- und Parteichef Xi Jinping getroffen. Fragen wurden nicht erlaubt.

»Staatspräsident Xi und ich sind uns einig: Atomare Drohgebärden sind unverantwortlich und brandgefährlich. Mit dem Einsatz von Atomwaffen würde Russland eine Linie überschreiten, die die Staatengemeinschaft gemeinsam gezogen hat«, sagte Scholz. Der Kanzler bezeichnete China als »großes Land«. Als ständiges Mitglied des Uno-Sicherheitsrats habe die Volksrepublik auch Verantwortung für den Frieden in der Welt. »Ich habe Präsident Xi gesagt, dass es wichtig ist, dass China seinen Einfluss auf Russland geltend macht.«

Der Kanzler wies Kritik an seiner Reise zurück. »Der russische Überfall auf die Ukraine hat den Krieg zurückgebracht nach Europa«, sagte er. In Zeiten der Krisen seien Gespräche noch wichtiger. Er begann seine Erklärung mit den Worten: »Es ist gut und richtig, dass ich heute hier in Peking bin.«

Scholz spricht Menschenrechtslage der Minderheiten in China an

Der Bundeskanzler mahnte indirekt den Schutz der Minderheiten in China an. Dazu sagte Scholz, dass Menschenrechte universell seien. Dies gelte insbesondere für die Rechte von Minderheiten. Außerdem kündigte er an, mit China über die Situation in der autonomen Provinz Xinjiang im Gespräch bleiben zu wollen. Dort soll China mehr als eine Million Menschen interniert haben .

Die Gespräche zu Xinjiang seien »keine Einmischung in innere Angelegenheiten«, sagte der Kanzler unter Hinweis auf die übliche chinesische Antwort zu diesem Thema. Chinas Regierungschef Li Keqiang hatte zuvor allgemein auf kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Auffassungen zwischen Deutschland und China verwiesen, die sich nicht vermeiden ließen.

Scholz warnt vor militärischem Eingriff in Taiwan

Scholz äußerte sich außerdem zur Lage von Taiwan und warnte China vor einem militärischen Eingriff. Er bekräftigte, dass Deutschland eine »Ein-China-Politik« verfolge. Das bedeute aber auch, dass alle Veränderungen des Status quo »nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen« erfolgen dürften.

Scholz reagierte damit bei seinem Antrittsbesuch in China auf wiederholte Drohungen aus Peking, die demokratische Inselrepublik militärisch einnehmen zu wollen, sollten sich die Taiwaner gegen eine friedliche »Vereinigung« sperren. Die kommunistische Führung betrachtet die Insel als Teil der Volksrepublik. Taiwan hingegen sieht sich längst als unabhängig. 

Bei der Pressekonferenz äußerte sich Scholz auch über die Zulassung des Coronaimpfstoffs von Biontech für in China lebende Ausländer. Dafür hat er von Peking grünes Licht bekommen. Dies sei Teil einer vereinbarten engeren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Pandemie, sagte Scholz. Am Antrittsbesuch des Kanzlers nahm in der Wirtschaftsdelegation auch der Chef des deutschen Unternehmens Biontech, Uğur Şahin, teil. Bislang darf das Biontech-Präparat in China nicht auf dem Markt.

»Dies kann natürlich nur ein erster Schritt sein«, sagte Scholz zu der Zulassung für Ausländer mit Wohnsitz in China (»Expatriates«). »Ich hoffe, dass der Kreis der Berechtigten bald erweitert werden kann, bis hin zu einer allgemeinen freien Verfügbarkeit des Stoffes.« Es sei auch »auch über die Perspektive einer allgemeinen Zulassung von Biontech in China« gesprochen worden. »Eine engere Kooperation mit der EU-Arzneimittelbehörde Ema würde hier den Weg ebnen. Damit würden wir einen konkreten Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten.«

Scholz sagte, seit bald drei Jahren halte die Pandemie den Globus im Griff und habe »auch nicht vor Landesgrenzen Halt gemacht«. In Deutschland sei einer der wirksamsten Impfstoffe entwickelt worden. Mit den Impfungen sei die Grundlage geschaffen worden, massive Einschränkungen des täglichen Lebens wieder lockern zu können. Scholz fügte hinzu: »Die deutschen und die chinesischen Ansätze der Bekämpfung unterscheiden sich stark. Aber wir haben eine gemeinsame Verantwortung für die Welt, damit das Virus seinen Schrecken verliert.«

»Wir können uns keine weitere Eskalation leisten«

Nach den Worten von Regierungschef Li Keqiang hofft China zusammen mit Deutschland auf ein »baldiges Ende« des Kriegs in der Ukraine. »Wir können uns keine weitere Eskalation leisten«, sagte Li Keqiang nach Gesprächen mit Scholz. Beide Seiten sollten zu Friedensgesprächen bewegt werden.

Mit der geäußerten Besorgnis ging Li Keqiang über bisherige Stellungnahmen der chinesischen Seite hinaus. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar gab Peking dem russischen Präsidenten Wladimir Putin meist Rückendeckung und schob den USA und der Nato die Hauptverantwortung für den Konflikt zu.

Bislang unterstrichen Stellungnahmen meist nur allgemein die notwendige Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität. Chinas Führung hob stets aber hervor, dass die legitimen Sicherheitsinteressen aller Seiten berücksichtigt werden müssen, was sich vor allem auf Russland bezog.

col/dpa/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren