RHODESIEN Papas Armee
Es ist«, erklärte Jimmy Smith, amerikanischer Söldner in Diensten der rhodesischen Armee, »als ob du mit einem Moskito-Schwarm kämpfst. Du kannst zwar etliche von den Biestern erledigen und viele von dir fernhalten, aber ein paar kommen durch und beißen dich.« Ein weißer Wehrpflichtiger meinte: »Es ist heute schlimmer als gestern und morgen schlimmer als heute.«
In der Tat: 665 Menschen fielen in Rhodesiens Guerilla-Krieg seit Jahresanfang -- dreimal soviel wie im ganzen Jahr 1975. Und die Zahl der Opfer steigt ständig weiter, die Todesrate auf beiden Seiten liegt jetzt bei acht pro Tag. Allein in den letzten beiden Tagen des März, des laut Regierungsangaben bisher blutigsten Monats, kamen 24 Menschen ums Leben, zwölf davon schwarze Zivilisten.
Aus Angst vor Überfällen wagen Weiße kaum noch, anders als im Konvoi über Land zu fahren. Immer mehr bekommen das Leben in einem Lande satt, in dem Sicherheitsvorkehrungen den Alltag bestimmen, Farmer des Nachts in ihren Häusern verschanzt wie in Festungen bangen müssen, ständig bereit, zum Gewehr und zum Alarmtelephon zu greifen, das sie mit dem nächsten Stützpunkt der Armee verbindet.
Jeden Monat verlassen mehr als 1200 von zur Zeit noch knapp 270 000 weißen Rhodesiern das Land -- für immer.
Regierung und Militär in Salisbury freilich versuchen die beunruhigende Entwicklung herunterzuspielen: Die Terroristen »kontrollieren noch keinen einzigen Quadratmeter rhodesischen Bodens für mehr als 24 Stunden«, erklärte Brigadegeneral McIntyre im Hauptquartier der 3. Brigade in Umtali. Und sein Premier Smith: »Mit den Terroristen werden wir fertig -- das ist keine Frage.«
Bisher gelang das noch -- aber mit schwarzer Hilfe. In Rhodesiens regulären 5700-Mann-Streitkräften dienen etwa 2000 Afrikaner. In der paramilitärischen British South African Police, die Zivilpolizei und militärische Hilfstruppe zugleich ist, kommen auf einen Weißen etwa drei Schwarze.
Um die Landesverteidigung zu sichern, hatte die Regierung in Salisbury schon im vergangenen Jahr auch die Männer im Alter von 38 bis 50 Jahren zu den Waffen gerufen. Sie bilden eine Schutztruppe (Guard Forces), die im Volksmund »Dady"s Army«, Papas Armee, genannt wird. Der Kern dieses Volkssturms wird ebenfalls von jungen Schwarzen gestellt.
Zur Zeit sind die rhodesischen Streitkräfte in fünf Operationsgebieten organisiert. Gegen das nördliche Mocambique operiert das Hauptquartier »Hurricane«. Im Osten liegt das Kampfgebiet »Thrasher«. »Repulse« richtet sich gegen Sambia, und »Tension« und »Tangent« sichern die Grenzen zu Botswana und Südafrika.
Daß die militärische Lage an den Grenzen noch einigermaßen stabil ist, verdankt Rhodesien weniger der eigenen Stärke als vielmehr der Schwäche der Gegner.
Noch sind die schwarzen Partisanen den Regierungseinheiten an Ausbildung und Kampfkraft weit unterlegen. Meist sickern die Kämpfer der Zipa (Zimbabwe People"s Army) in kleinen, nur wenige Mann zählenden Gruppen nach Rhodesien ein, vor allem über die Grenze von Mocambique.
Oft versuchen sie, sich als Einzelkämpfer durchzuschlagen. wobei sie wenig mehr ausrichten können, als die mitgebrachten Minen zu vergraben, Farmen zu überfallen und gelegentlich ein vorüberfahrendes Auto zu beschießen.
Doch ihre wachsende Gesamtzahl -- 1975 operierten in Rhodesien nur einige Hundert, heute rund 2000 Mann -- schafft ein Klima der Unsicherheit und Angst, das nun allmählich auch die Moral der schwarzen Soldaten des Premiers Smith auszuhöhlen beginnt.
»Wir sind doch die Dummen in diesem Krieg«, erklärte jüngst ein schwarzer Sergeant einem amerikanischen Journalisten, »unsere Zukunft sieht sehr düster aus.«
Der Soldat, der seit 19 Jahren in der rhodesischen Armee Dienst tut, fürchtet für die Sicherheit seiner Sippe. Zwar lebten seine Frau, so erzählte er, und die Kinder in Sicherheit in einem Armee-Lager von Bulawayo, doch hätten seine anderen Verwandten bereits Morddrohungen von den Untergrundkämpfern erhalten.
Zu dieser Sorge kommt noch die Verbitterung über die Rassendiskriminierung innerhalb der Armee, die nicht zuletzt beim Sold schmerzhaft empfunden wird. So erhält ein schwarzer Sergeant ohne Zulagen rund 135 rhodesische Dollar pro Monat (etwa 520 Mark). Ein weißer Rekrut dagegen bezieht vom ersten Tag an einen Monatssold von 320 Dollar.
Unter solchen Voraussetzungen scheinen die bisher loyalen schwarzen Armeeangehörigen eher geneigt, auf die Appelle der Untergrundkämpfer zu hören, die zur Teilnahme an »Chimurenga« (Shona-Wort für Befreiungskampf) aufrufen. Wer sich weiterhin als Feind der Revolution erweise, so verkünden die Guerrillero-Führer, habe keine Gnade zu erwarten.
Immer häufiger auch melden weiße Armeeangehörige brenzlige Situationen wie diese: »Es passierte mitten im Gefecht«, berichtete ein weißer Soldat, »da riefen diese Bastarde von der anderen Seite: »Erschießt eure Offiziere -- niemand wird es erfahren. Das war ein kritischer Moment. Aber unser kommandierender Offizier stellte sich einfach vor die Männer. Sein Mut rettete uns« -- noch einmal.