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Briefe

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aus DER SPIEGEL 18/1964

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Die Behandlung der Paßnovelle zeigt folgendes auf: Um dem Wunsch eines anderen Staates nachzukommen, will man eines unserer Gesetze so ändern, daß etwas möglich wird, was man vorher ausdrücklich ausgeschlossen wissen wollte, nämlich deutsche Staatsbürger zur Rückkehr aus dem Ausland zu zwingen.

Primär ist aber das Paßgesetz von 1952, welches dem Bundesbürger keine Rückkehrtermine vorschreibt, so abgefaßt worden, wie es demokratischer Denkweise und dem Respekt vor der Person des einzelnen entspricht; dabei sind ja prinzipiell alle Belange der Bundesrepublik durch die Paßentzugs- oder Verweigerungsmöglichkeit gewahrt worden. Jetzt soll ein solches Gesetz - so wertvoll es war - auf das Verlangen der Israelis zugeschnitten werden, deutsche Techniker von der Weiterarbeit an ägyptischen Projekten abzuhalten. Dieser Wunsch muß so verständlich er ist - schlechterdings als unbillig zurückgewiesen werden, wenn er auf Kosten unseres Gesetzbestandes verwirklicht werden soll.

Hamburg PETER CLAUSSEN

Wie die zitierte »Süddeutsche Zeitung« vermutet der SPIEGEL eine geheime Diktaturtendenz in Höcherls Ministerium. Die Personen, die zurückgeholt werden könnten nach der erörterten Paßnovelle, sollen diese Tendenz beweisen, zeigen aber nur die berechtigte Absicht des Ministeriums, derartige Personen unter Kontrolle zu bekommen. Warum sucht der SPIEGEL so oft und seit je nach irgendwelchen Diktaturbestrebungen in so krampfhafter Weise in den Institutionen- der Bundesrepublik?

Tübingen ROBERT GROSS

Wer das Verhältnis der Bundesregierung zum Begriff »Freiheit« aufmerksam verfolgt, wird über die unehrliche Aktivität auf dem Gebiet des Paßwesens kaum verwundert sein und unschwer erkennen, daß der Begründung kein praktischer Wert beizumessen ist; denn mit einem bloßen Rückrufrecht wird man solche Bundesbürger wie die Wissenschaftler in Ägypten sicher nicht heimholen können. Das wird dann aber in absehbarer Zeit ein weiterer Grund sein, um in logischer Konsequenz die erwiesenermaßen stumpfe Waffe des Rückrufrechts mittels neuer Paßgesetznovellen durch die Einführung eines Ausreisevisums zu ersetzen.

Lautenthal (Nieders.) H.-J. MÜLLER

Endlich entwickelt ein Bonner Ministerium einen praktischen Ansatz zur innerdeutschen Annäherung. Denn in Zukunft werden Bürger der Bundesrepublik und solche der DDR insoweit gleichgestellt, als beide wegen Republikflucht mit Gefängnis bestraft werden können.

München DR. HANFRIED LENZ

Wann endlich wird unsere Regierung begreifen, daß solche Maßnahmen nicht nur nach Diktatur riechen, sondern so ziemlich den letzten Schritt dazu darstellen? Vielleicht sieht auch Herr Höcherl eines Tages ein, daß für Leute, die es zu ihrem Grundsatz machen, sich etwas außerhalb der Legalität zu bewegen, in der Demokratie kein Platz ist.

Tongeren (Belgien) MICHAELPETER BÖRSIG

Selbst wenn man diesen Vorschlag gesondert betrachtet kann man ein ungutes Gefühl nicht loswerden. Übersieht man aber das ganze Wirken des Ministers Höcherl, scheint die logische Schlußfolgerung zu sein, er beabsichtige, die verfassungsmäßigen Rechte des deutschen Staatsbürgers immer mehr einzuschränken.

Memmingen (Bayern) KLAUS BOHN

Eines gilt als sicher: Sollte ein derartiges Paßgesetz jemals verabschiedet werden, so muß man damit rechnen, daß viele Auslandsdeutsche eine andere Staatsangehörigkeit erwerben.

Stockholm DIETER KISSE

Falls Herr Minister Höcherl die Flugkarten von Accra nach Deutschland und zurück bezahlt, sind wir gerne bereit, seinen Gesetzesvorschlag zu akzeptieren, wenn er uns mal übers Wochenende zu sehen wünscht. Wenn möglich, im Sommer.

Accra (Ghana) DR. ERNST SCHUBERT

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