Pause zum Nachdenken
(Nr 2/1978, Anthropologie: Über Leakeys Buch »Origins«; Nr. 6/1978, Brief von Professor Dr. 1. Eibl-Eibesfeldt)
Eibl-Eibesfeldt wehrt sich gegen »pauschale Unterstellungen« und belegt prompt in seinem Leserbrief die Technik der pauschalen Unterstellung, gegen die so viele Kritiker der Übertragung verhaltensforscherischer Befunde aus der Tierwelt in die des Menschen seit Jahrzehnten protestiert haben.
Wenn er meint, der vorgeschichtsforscherische »Mythos« von der prä-kriegerischen Sozietät des Paläolithikums »hält sich zäh«, so kann man nach der Lektüre seines Briefes nur deprimiert konstatieren, daß der ethologische Mythos vorn kriegführenden Paläolithmenschen sich noch zäher hält.
Die Deutung altsteinzeitlicher (?) Felsengemälde als Frontmalerei paläolithischer Kriegsszenen ist von keinem Paläoanthropologen akzeptiert worden. Und »steinzeitliche Skelettfunde mit eingeheilten Speerspitzen« sagen möglicherweise etwas über einen Jagdunfall, mit Sicherheit aber nichts über paläolithische Kriegszustände aus.
Leakey weiß nun wirklich mehr über die Lebensart der frühesten uns bekannten Vorfahren unserer heutigen Gattung als wir anderen. Wenn Leakey meint, es habe keine paläolithischen Kriege gegeben, so sollten wir jetzt einmal eine Pause zum Nachdenken einlegen, statt das alte Aggressivitätsgerangel zum x-ten Male aufzuwärmen. Scharten (Österreich)
PROF. DR. ERNEST BORNEMAN