SAAR Preis der Freiheit
Horst Maas, 23, Student aus Lauterbach im Saarland, soll Diener zweier Herren in zwei Heeren sein.
Maas ist einer von 1418 Bürgern, die vor einem Jahrzehnt - als die Saar heim ins Rest-Reich kam - Deutsche wurden, doch Franzosen blieben. Er ist Staatsbürger beider Länder: Doppelstaater.
Sohn eines Bergmanns, der im Jahre 1934 die französische Staatsbürgerschaft erwarb, um im damals besetzten Grenzland Arbeit zu finden, trägt er heute die Folgen gallisch-germanischen Haders: Frankreich wie Deutschland rufen ihn zu den Waffen.
Der Zweifrontenkrieg des Horst Maas begann vor vier Jahren, als die Post dem ins Rekrutenalter geratenen Praktikanten einen Einberufungsbefehl aus Paris zustellte, dem etliche Mahnbriefe folgten. Bis 1964 warteten die Absender auf Antwort, dann verurteilten sie den schreib- und wehrunwilligen Maas in Abwesenheit zu einem Jahr Militärgefängnis. Seither droht ihm Haft, wenn er französischen Boden betritt.
Das Urteil der Franzosen war Rechtens; es gibt kein deutsch-französisches Abkommen, das Doppelstaatern die doppelte Wehrpflicht erspart. Und nur dann, wenn sie bei Erhalt des Einberufungsbefehls schon in der Bundeswehr dienen, erläßt ihnen Paris den Waffendienst.
Eben das aber hatte Maas verhindert: Auf eigenen Wunsch war er 1962 für vier Jahre von der Bundeswehr zurückgestellt worden, weil er in Saarbrücken ein Ingenieur-Studium absolvieren wollte. Aber gegen die französische Einberufung konnte Bonn nicht helfen. »Ein Doppelstaater«, so beschied Wehrrechts-Referent Dr. Jeß den Studenten, müsse »die aus der Doppelstaatigkeit entstehenden Konflikte - zum Beispiel Wehrpflicht in beiden Staaten - in Kauf nehmen«.
Rat wußte indessen der französische Generalkonsul in Saarbrücken, Jacques Fournier. Im April 1963 - Maas stand in Paris bereits als Wehrdienstverweigerer unter Anklage - empfahl er dem Halb-Landsmann, sofort die französische Ausbürgerung zu beantragen; nur so könne er der »zu erwartenden Verurteilung« entgehen.
Der Preis der Freiheit aber, nach Auskunft des saarländischen Innenministeriums etwa 2000 Mark, erschien dem Doppelbürger wie seinem Vater zu hoch. Maas senior: »Nie habe ich von den Franzosen Kindergeld erhalten, und jetzt soll ich mein Kind loskaufen?« Ein Ausbürgerungsantrag wurde nicht gestellt.
Franzosen-Konsul Fournier, der die Kosten auf höchstens 730 Mark schätzte: »Der junge Mann hat seine Chance verpaßt, jetzt muß er büßen.«
Doch zumindest die härteste Buße - ein Jahr hinter Gittern - soll dem jungen Mann erspart bleiben. So will es die Bundeswehr, die dem Horst Maas dieser Tage ihrerseits einen Stellungsbefehl zustellte und gleichzeitig versicherte: »Zur Übung nach Frankreich werden Sie von uns nicht geschickt.«
Doppel-Staater Maas
Soldat in zwei Heeren?