Psychisch Kranke unerträglich diskriminiert, Impressum
(Nr. 7/1978 Meldegesetz)
Als"personenbezogene Daten« sollen auch psychiatrische Krankenhausaufenthalte registriert werden. Dies ist nicht nur eine unerträgliche Diskriminierung einer Gruppe von Patienten, um deren Gleichstellung mit körperlich Kranken wir seit langem kämpfen. Was viel schlimmer wiegt: Hier entsteht eine neue vielfältige Ursache für psychische Krankheit (oder Wiedererkrankung). Freiwillig in ein psychiatrisches Krankenhaus zu gehen, wird immer bedrohlicher: Die Angst um den Arbeitsplatz, um die unbeschädigte soziale Identität macht diesen Weg schon jetzt schwer. Auch ärztliche Schweigepflicht bietet da kaum Schutz mehr. Die Nähe der stationären Behandlung zum administrativ überwachten, amtlichen Raum ist antitherapeutisch. Die fatale Folge solcher Entwicklungen ist, daß mehr Patienten zu spät oder nur unter Zwang zur Behandlung kommen, das heißt unter Voraussetzungen, die weit krankmachender, chronifizierender und stigmatisierender sind.
Ganz abgesehen von der Wirkung umfassender Datensammlungen auf die Entstehung etwa von Wahnerkrankungen, müssen wir die Einbeziehung der psychiatrischen Behandlung in den geplanten Datenkatalog als krankmachend, antitherapeutisch und gefährlich bewerten.
Hamburg DR. ANDREAS SPENGLER Für den Vorstand der Hamburgischen Gesellschaft für soziale Psychiatrie eV.
Einer Teilauflage dieser SPIEGEL-Ausgabe ist ein Briefumschlag der Nordwestdeutschen Klassenlotterie, Hamburg, beigeklebt.
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