Rache auf seine Art?
(Nr. 14/1979, Atomenergie) Nach dem Atomunfall in Harrisburg -- ein Nuklearunglück von jener Art, wie sie von der Industrie bisher für unmöglich gehalten wurde -- wird sich auch bei uns der Kampf um die Kernkraft verschärfen.
Köln BERT M. LINNARTZ
Das Verhalten der dortigen Atomlobby zeigt, daß der Begriff des »Völkermordes« neu definiert werden muß.
Stuttgart JUPP GERHARDS
Ob sich der liebe Herrgott nun nach und nach für Hiroschima auf seine Art rächt?
Lahn-Gießen w. BÖHME
Die Legende von der Beherrschbarkeit und Sicherheit der Atomkraftwerke ist widerlegt. Diese Technologie ist noch zu wenig erforscht, als daß man sie sicher nennen könnte, davon abgesehen, daß niemand auch nur eine einigermaßen sichere Aussage über Langzeitschäden machen könnte!
Lüneburg I. G. SCHMIDT
Ich bin damals kurz nach meiner Ausbildung in Gorleben eingesetzt worden mit meinen Kameraden. Wir haben damals die Demonstranten abwehren müssen. Was von den Demonstranten aber nicht beachtet wird, ist, daß wir den Einsatzbefehlen gehorchen müssen -- und dann mit Steinen und anderen gefährlichen Sachen beworfen werden, was uns selbst wieder ganz zornig macht, weil wir eventuell auch gar nicht so einen Atomreaktor verteidigen wollten.
Leider stehen die Polizeioffiziere immer in der hintersten Reihe. Eigentlich sollten die Planer und Politiker und Polizeipräsidenten selbst mal »an der Front stehen«!
Köln GERNOT REUTER
Über Nacht sind viele tausend Jahre vergangen. Erst dann sollte nach Berechnungen der Atomindustrie vielleicht mal solch ein GAU geschehen. Weiß Gott, wir sind verdammt alt geworden über Nacht! Die Versicherungen ahnten es schon lange: Im Kleingedruckten steht ausgenommen Schäden, die durch Atomanlagen verursacht werden«.
Hamburg E. HOLTMANN
All die politisch verantwortlichen Gorleben-Befürworter, die von der Sicherheit der Anlage überzeugt sind, sollte man zwingen (denn freiwillig tun sie's ja doch nicht), im unmittelbaren Umkreis leben zu müssen. Und wenn jemandem das Wort »Zwang« nicht gefällt: Werden wir alle denn nicht auch in eine ungewisse Zukunft gezwungen? Mögliche Nachteile bei Veröffentlichung dieses Leserbriefes nehme ich in Kauf.
Puschendorf (Bayern) HERMAN WEISS
Kriminalbeamter
Nach dem Reaktorunfall verkünden Experten der Atomkraftwerksbetreiber immer wieder, die Radioaktivität der entwichenen Dämpfe sei nicht höher als bei einer Röntgenaufnahme beim Arzt.
Diese Aussage ist nur die halbe Wahrheit, denn: Röntgenstrahlen stellen elektromagnetische Wellen dar, die nach Einwirkung nicht im Körper verbleiben, das heißt, mit dem Verlassen des Röntgenapparates verlassen wir auch die Strahlungsquelle.
Radioaktive Dämpfe oder Gase hingegen bestehen aus kleinsten strahlenden Teilchen, die über das Verdauungs- oder Atmungssystem in unseren Körper gelangen und hier unter Umständen ein Lehen lang haften und dauernd Radioaktivität abgeben können.
Nach einer Latenzzeit ("Ruhezeit") von mehreren Jahren können dann durch den ständigen Reiz Leukämie (Blutkrebs), Lungen-, Schilddrüsen- oder Knochenkrebs entstehen. Werden betroffene Frauen schwanger, können erhöhte Totgeburts- und Mißbildungsraten schon früher auftreten.
Erkrath (Nrdrh.-Westf.) DR. MED. R. MÜLLER
Es gibt keine ärztliche Hilfe für die Bevölkerung bei atomaren Großunfällen! Weder die niedergelassenen Ärzte noch die Kliniken sind zur Behandlung atomar verseuchter Patienten ausgerüstet. Im Bombenterror des letzten Krieges war es schon schwierig genug, die Verbrennungen verschiedenster Art sachgemäß zu behandeln. Aber radioaktiv kontaminierte Opfer gab es damals noch nicht.
Ich selbst bin niedergelassener Internist und könnte in normalen Fällen Erste Hilfe leisten, jedoch wäre ich völlig überfordert im atomaren Katastrophenbereich.
Stuttgart DR. MED. MANFRED BALLUFF
Wir werden es sehen, wenn einige Wochen nach Harrisburg alles vergessen ist, weil das Fernsehprogramm andere Präferenzen setzt: Nur noch die »Grünen« ("ein Häufchen Schwachsinniger, durchsetzt mit Kommunisten") sprechen dann davon. Dann gibt es auch wieder das Unfehlbarkeitsdogma der Technik, begleitet von einer 6-Prozent-Wachstumseuphorie -- denn erst in etwa einer Million Jahren explodiert ein Reaktor!
München GOTTFRIED KERSCHER