GRUNDGESETZ Radikale Reformvorschläge
Die CDU arbeitet an einer radikalen Reform des Grundgesetzes, um den Wettbewerb der Länder untereinander zu fördern. In einem Verfassungsentwurf, der am kommenden Wochenende auf der CDU-Vorstandsklausur präsentiert werden soll, schlagen führende Unionsjuristen mit Unterstützung der Parteichefin Angela Merkel eine deutliche Ausweitung der föderalen Zuständigkeiten vor. So soll die Höhe der Sozialhilfe künftig allein von den Ländern festgelegt werden, klare Unterschiede etwa zwischen Bayern und Bremen wären möglich. Auch die Beamtenbesoldung und der gesamte Bildungsbereich, einschließlich des Hochschulbaus, sollen zur alleinigen Angelegenheit der Länder werden. Diese sollen unter anderem entscheiden dürfen, ob sie Studiengebühren erheben wollen und wie die Universitäten ihre Studenten aussuchen.
Im Gegenzug wollen die Reformer die Macht des Bundesrates deutlich einschränken. Verordnungen des Bundes sollen künftig weitgehend ohne Zustimmung der zweiten Kammer erlassen werden können. Weil die Zentralgewalt den Ländern zudem keine Vorschriften über die Umsetzung der Gesetze mehr machen dürfte, würden viele zustimmungspflichtige Regelungen entfallen. Der frühere Bundesratsdirektor Georg-Berndt Oschatz, einer der Mitautoren des Papiers, schätzt, dass sich so der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze von derzeit 60 Prozent um mindestens die Hälfte reduzieren ließe.
Eine radikale Entflechtung sieht das Papier auch bei den Finanzen vor. Die so genannte Mischfinanzierung, die Aufteilung der Kosten zwischen dem Bund und einem Land, wird ersatzlos gestrichen. Bürdet der Bund den nachgeordneten Instanzen teure Aufgaben auf - etwa einen Kindergartenplatz für jedes Kind -, muss er für die Kosten künftig selbst aufkommen. Folge der Reform, das räumen die Autoren ein, wären unterschiedlichere Lebensverhältnisse in den einzelnen Ländern.