Rambos a la carte
(Nr. 44/1993, SPIEGEL-Titel: Genopoly - das menschliche Erbgut wird vermarktet)
Es ist schon ein geistiges Armutszeugnis einer ganzen Gesellschaft von »homo sapiens sapiens defectus« (physisch und psychisch), sich im sogenannten Genlabor Hoffnung aufschwatzen zu lassen. *UNTERSCHRIFT: Göttingen PETER GERDES _(* In Washington. )
Es ist gut zu wissen, daß Pflanzen und Tiere diese Unmenschen locker überleben werden. *UNTERSCHRIFT: Königsbrunn (Bayern) G. WALTER
Genial, die Zukunft ist gesichert. Und das Akademikerproblem ist auch ratz, fatz gelöst - wer zuviel ist, wird verdummt, durch Genmanipulation. Na dann, gute Nacht! *UNTERSCHRIFT: Berlin ALF PIESKE
Hiermit mache ich publik, daß ich den Patent-Besitzern für humane Gene keinen Pfennig Lizenzgebühr bezahlen werde, denn ich habe diese Gene bereits benutzt, lange bevor die Genjäger ihre Pampers netzen konnten. *UNTERSCHRIFT: Uttenreuth (Bayern) PROF. HANS-JOACHIM HORSTMANN
Neandertaler, Rambos und Frankensteine a la carte! *UNTERSCHRIFT: Zürich MARKUS FLURY
Ich wundere mich, wie auch viele meiner Kollegen, warum die Medien immer wieder versuchen, alle »Genforscher« als skrupellose »Herren der Schöpfung« abzustempeln und damit die breite öffentliche Meinung gegen jegliche Art zukunftsweisender Forschung aufbringen. Wäre es nicht auch einmal an der Zeit, die erzielten Erfolge der Gentechnologie zum Beispiel in Europa klar darzustellen? *UNTERSCHRIFT: London DR. ELMAR MAIER
Einst, bei den alten Maya, hat man die Seinen via Kopfbandage zum optimalen Menschen geformt. Den Kriegern stand Breitköpfigkeit, den Priestern Spitzköpfigkeit an. In China wurden feinen Mädchen die Füße eingebunden. Anderswo sah man das Heil in der Genitalienbeschneidung. Mancherorts wurden besserungshalber auch Hände und Füße abgehackt. In all diesen Fällen versprach man der Hörigenschar den edleren, klügeren, potenteren respektive gesünderen Menschen. Weder dieser noch ein neuer Mensch kam jedoch bei irgendeinem Kur-Ansatz heraus: Man blieb der alte, wurde allenfalls noch ein bißchen verrückter. *UNTERSCHRIFT: Königstein (Hessen) EVA MATERN-SCHERNER
Erinnern wir uns doch daran, daß wir »unteilbar« und damit »Individuen« sind. Reproduktionsmedizin und Genomentschlüsselung werden das Mensch-Sein ad absurdum führen. *UNTERSCHRIFT: Hannover A. SEELIGMÜLLER
*BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
»Frei ab Fabrik« *
Als ich Ihre Titelgeschichte »Genopoly« gelesen habe, war ich zum erstenmal froh, daß ich schon im 73. Lebensjahr stehe und darum mit diesen hirnrissigen Zukunftsvisionen nicht mehr konfrontiert werde. Aber die Amerikaner handeln ja leider immer schnell und selten weise. Trotzdem bleibt allerdings zu bemerken, daß die Gentechnologie eine uralte Spinnerei ist, über die sich schon vor 60 Jahren Erich Kästner in seinem herrlichen Gedicht »Der synthetische Mensch« lustig gemacht hat. *UNTERSCHRIFT: Norderstedt (Schleswig-Holstein) GEORG-OTHMAR PÖTTER _____« Professor Bumke hat neulich Menschen erfunden, die » _____« kosten zwar, laut Katalog, ziemlich viel Geld, doch ihre » _____« Herstellung dauert nur sieben Stunden, und außerdem » _____« kommen sie fix und fertig zur Welt! » _____« Man darf dergleichen Vorteil nicht unterschätzen. » _____« Professor Bumke hat mir das alles erklärt. Und ich merkte » _____« schon nach den ersten Worten und Sätzen: Die Bumkeschen » _____« Menschen sind das, was sie kosten, auch wert. » _____« Sie werden mit Bärten oder mit Busen geboren, mit allen » _____« Zubehörteilen, je nach Geschlecht. Durch Kindheit und » _____« Jugend würde nur Zeit verloren, meinte Professor Bumke. » _____« Und da hat er ja recht. » _____« Er sagte, wer einen Sohn, der Rechtsanwalt sei, etwa » _____« benötige, brauche ihn nur zu bestellen. Man liefere ihn, » _____« frei ab Fabrik, in des Vaters Kanzlei, promoviert und » _____« vertraut mit den schwersten juristischen Fällen. » _____« Man brauche nun nicht mehr 20 Jahre zu warten, daß das » _____« Produkt einer unausgeschlafenen Nacht auf dem Umwege über » _____« Wiege und Kindergarten das Abitur und die übrigen » _____« Prüfungen macht. » _____« Es sei ja auch denkbar, das Kind werde dumm oder krank. » _____« Und sei für die Welt und die Eltern nicht recht zu » _____« verwenden. Oder es sei musikalisch! Das gäbe nur Zank, » _____« falls seine Eltern nichts von Musik verständen. » _____« Nicht wahr, wer könne denn wirklich wissen, was später » _____« aus einem anfangs ganz reizenden Kinde wird? Bumke sagt, » _____« er liefre auch Töchter und Väter. Und sein Verfahren habe » _____« sich selten geirrt. » _____« Nächstens vergrößere er seine Menschenfabrik. Schon heute » _____« liefre er zweihundertneunzehn Sorten. Mißlungene Aufträge » _____« nähm er natürlich zurück. Die müßten dann nochmals durch » _____« die verschiedenen Retorten. » _____« Ich sagte: Da sei noch ein Bruch in den Fertigartikeln, » _____« in jenen Menschen aus Bumkes Geburtsinstitute. Sie seien » _____« konstant und würden sich niemals entwickeln. Da gab er » _____« zur Antwort: »Das ist ja gerade das Gute!« » _____« Ob ich tatsächlich vom Sichentwickeln was halte? » _____« Professor Bumke sprach''s in gestrengem Ton, Auf seiner » _____« Stirn entstand eine tiefe Falte. Und dann bestellte ich » _____« mir einen vierzigjährigen Sohn. »
* In Washington.