Rechtlos nach unehelicher Geburt
(Nr. 50/1974, die Schriftstellerin Karin Struck über den mit dem Bremer Literaturpreis ausgezeichneten Erstlingsroman von Franz Innerhofer »Schöne Tage") Karin Struck trägt dick auf: »Die Vorstellung vom einfachen, friedlichen Landleben, von gesunder Landarbeit, von glückseliger Kindheit auf dem Land sind nie wahr gewesen.« Woher weiß sie das? -- Ich kenne »die Schwere der Landarbeit« aus eigener Erfahrung, denn ich entstamme dem Milieu. Obwohl Stroh- und Heuschuppen eine ständige Verführung waren, hat mein Vater nur drei Arbeitssklaven gezeugt. Offenbar hielt er diese Zahl auf einem Kleinbauernhof in Westpreußen für ausreichend. Heustaub, stechende Bremsen bei der Ernte, aus den Kühen gezogene Kälber, aus den Säuen purzelnde Ferkel und vieles andere gehörten für uns Kinder zum täglichen Brot. Trotzdem kann ich mir nur schwer vorstellen, wie man eine glückliche Kindheit verleben kann, wenn man nicht auf dem Lande aufgewachsen ist. -- Das Problem des jungen Holl im Roman von Innerhofer war nicht das Land, auch nicht die Arbeit, sondern seine uneheliche Geburt, die Rechtlosigkeit des Kindes, das der Willkür beider Elternteile ausgeliefert war. Hierzu hätte Karin Struck einiges einfallen sollen. Statt dessen macht sie aus ihrer »Buchbesprechung« eine Anklage gegen das kapitalistische System. Rad Harzburg (Nieders.) GERDA RECHENBERG