RECHTS-SPALTUNG
(Nr. 9/1954, Deutschland)
Im Zusammenhang mit Ihrem Artikel über den Eigentumsprozeß der Westberliner Firma Gührs (SPIEGEL 9/1954, Seite 11/12) gegen die sowjetzonale staatliche Handelszentrale sei mir eine grundsätzliche Bemerkung gestattet: Eine Anwendung des Artikels 30 des Ergänzungsgesetzes zum BGB ("Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde") bedeutet nicht, daß die Sowjetzone als Ausland betrachtet wird. Denn das internationale Privatrecht der Bundesrepublik findet seine Anwendung auch analog in den Fällen, in denen es sich um die Anwendung im interzonalen Recht handelt, da eine positive Regelung der interzonalen Kollisionsnormen durch den Gesetzgeber nicht stattgefunden hat. Daß in Gesamtdeutschland zwei verschiedene Rechtsordnungen bestehen, ist traurig, aber nicht wegzuleugnen. Aber gerade über diese Frage soll der Bundesgerichtshof entscheiden, nicht über die, ob die Ostzone rechtlich Ausland sei... Es sei darauf verwiesen, daß das internationale Privatrecht Deutschlands schon einmal analog Anwendung finden mußte, nämlich nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Damals galt das österreichische Recht weiter, deswegen kam aber niemand auf die Idee, zu behaupten, Österreich gehöre rechtlich zum Ausland.
Hamburg
Dirk Dirksen