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Briefe

RECHTSVERWESER
aus DER SPIEGEL 13/1967

RECHTSVERWESER

(Nr. 11/1967, Deutschland-Stiftung)

Hoffentlich ist es nur seinem hohen Alter zuzuschreiben, daß sich Konrad Adenauer als Ehrenpräsident der »Deutschland-Stiftung e. V.« zur Verfügung stellt. Immerhin reiht er sich dort unter Leute ein, die »Staatsbewußtsein, Nationalgefühl und Vaterland« unter allen Umständen gewahrt sehen wollten, sei es nun zu früheren braunen Zeiten oder heute unter schwarz-roten Bedingungen. Leute mit eindeutig zwielichtiger NS-Vergangenheit haben einfach nicht das Recht, der jungen deutschen Generation ein neues Staatsbewußtsein einpflanzen zu wollen. Wenn Bernt v. Heiseler fragt: »Vaterland -- nicht mehr Mode?«, so gibt es nur eine Antwort: »Nein, nicht unter diesen Umständen!«

Kamp-Lintfort (Nordrh.-Westf.)

HERBERT SCHEIDE

Mit Interesse und Befriedigung habe ich gelesen, daß Sie in Ihrer letzten Ausgabe die Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises an Armin Mohler und andere entsprechend gewürdigt haben.

Armin Mohler hat den Preis für »seinen Dienst an einer wertgebundenen Staats- und Gesellschaftsordnung« bekommen. Da unsere Staats- und Gesellschaftsordnung eine demokratische sein soll, muß man sich fragen, welchen Dienst Mohler der Demokratie erwiesen hat. Sein Hauptanliegen ist es, die nationalkonservative Idee, wie sie in der Weimarer Zeit wirksam wurde, sowie ihre schiffbrüchigen Vertreter und Wegbereiter des Nationalsozialismus in der zweiten deutschen Nachkriegsdemokratie hoffähig zu machen.

So bezeichnet Mohler in seiner Dissertation ("Die konservative Revolution«, 1950, Seite 17) den Nationalsozialismus als den »hervorstechendsten Verwirklichungsversuch« der konservativen Revolution, Nationalsozialisten und Konservativrevolutionäre als »Stiefbrüder« (a. a. O., Seite 79), ein andermal die Träger der konservativen Revolution als Trotzkisten des Nationalsozialismus. Sein Beitrag zur Demokratie besteht darin, daß Mohler die »konservative Revolution« als Mittel zur Lösung der

Probleme in der zweiten Nachkriegsdemokratie vorschlägt.

Mohler widmet nicht nur seinem Lehrmeister Ernst Jünger, sondern auch dem Staatsrechtler Carl Schmitt, einem hervorragenden Steigbügelhalter des Nationalsozialismus, dichterischen Nachruhm (zum Beispiel in »Freundschaftliche Begegnungen, Festschrift für Ernst Jünger«. Seite 196 ff.) und widmet ihm sein 1966 erschienenes Werk »Was die Deutschen fürchten« (Für Carl Schmitt, von einem, der zugibt, von ihm gelernt zu haben, A. M.).

In diesem Werk versucht Mohler, für die nationalkonservative Rechte -- und, wegen ihrer bedenklichen Nähe zum Nationalsozialismus, auch für diesen -- zu retten, was zu retten ist. Mohler meint, daß das Dritte Reich »äußerlich zu 95 Prozent ein normaler Staat gewesen sei« (Seite 119), bezeichnet die Toten des jüdischen Volkes als »Kadaver« (Seite 125), ein Ausdruck, der im Brockhaus für Tierleiche steht, und kritisiert, daß die Geschichte des Dritten Reiches und des Nationalsozialismus fast durchweg vom Ende, von Auschwitz her, geschrieben ist. 1945 habe der »Aufstand der Schlaumeier« stattgefun-

* Bayrischer SPD-Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der bayrischen Jungsozialisten.

den (Seite 147), das massive Überwiegen der dämonisierenden Betrachtung des Dritten Reiches sei zu beklagen (Seite 116). Die richtige Einschätzung der politischen Bankrotteure und Verbrecher ist dann bei Mohler nichts anderes als »Nationalmasochismus« (Seite 107) und »Bewältigungsrummel« (Seite 25). Die Totalitären von heute seien die Linksintellektuellen, weil sie die Meinungsbildungs-Apparatur fast völlig in der Hand hielten (Seite 22). Das übrige an Mohlers Aussage kann in verkürzter Form dem Manifest der NPD entnommen werden.

Die Linke ist nach Mohler »ein Rudel von Meinungsmanipulierern« (Seite 164), Hoggan, de Gaulle und Franz-Josef Strauß seien die Retter des Abendlandes, es sei nicht nur die Aufgabe der Diktaturen, sondern auch die der Demokratie, die Massen in Form zu bringen (Seite 149).

Das also ist der preiswürdige Beitrag Armin Mohlers zur Demokratie in Deutschland.

Die Träger der konservativen Revolution in der Weimarer Republik erstrebten eine Sammlung jenseits von Braun und Rot, unter der »Schwarzen Fahne«. Nach der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises muß man annehmen, daß diese Sammlung unter der »Schwarzen Fahne« nachträglich zu gelingen scheint. »Wenn wir das alles gewußt hätten, hätte sich die Bayerische Staatsregierung manches anders überlegt«, sagte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Alois Hundhammer auf meine Anfrage im Bayerischen Landtag, »aber dann hätte man den Ministerpräsidenten vor der Verleihung auf diese Dinge aufmerksam machen müssen!«

Ich meine, daß der bayerische Ministerpräsident, als er die Preise verlieh, einem deutschnationalen Coup aufgesessen ist. Wenn der Altbundeskanzler hofft, daß das deutsche Volk wieder gesunden möge, so teilen wir seine Hoffnung. Die Demokraten unter den jungen Bürgern werden, auch wenn sie Mohler als »Richterknaben« und »Spätsieger« disqualifizieren will, eine Medizin, wie sie in München verabreicht wurde, nie und nimmermehr schlucken -- es würde ihnen speiübel davon.

München RUDOLF SCHÖFBERGER

Als Emil Franzel seinerzeit in der CSSR ein begeisterter Sozi war, betätigte sich der Stiftungs-Schatzmeister Maier gleichzeitig als Henlein-Propagandist. Heute haben beide ihre politische Heimatstadt bei Franz-Josef Strauß in der CSU gefunden. Wen wundert es?

Bonn JENS KLÖVEKORN

Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen meinen Dank für die freundliche Erwähnung dieser meiner Person in Ihrer letzten Folge auszusprechen, und zwar deshalb, weil Sie mich damit in den Genuß von zehn Flaschen Bier gebracht haben -- zu mehr wollte sich mein Partner leider nicht aufraffen. Fünf Flaschen erhielt ich dafür, daß Sie mich in Ihrer gebührenden Weise erwähnt haben, und weitere fünf, daß Sie das Zitat aus meiner vor 28 Jahren verfaßten Glosse über Thomas Mann gebracht haben. Da die kommunistische und die Tarnpresse dieses Zitat schon so oft gebracht haben, muß ich annehmen, daß ich es wirklich geschrieben habe.

Ich habe es ja schon immer gesagt, daß man sich auf Sie verlassen kann.

München ERICH MAIER

Chefredakteur

Durch Ihren Aufsatz über die »Deutschland-Stiftung« schließen Sie sich, von uns erwartet, der Kampagne jener an die sich in Verkennung demokratischer Grundsätze eine Alleinherrschaft und ein Zensurrecht über das geistige Leben Deutschlands anmaßen. Sie bringen die Gründer, Protektoren und Preisträger wahrheitswidrig in den Geruch eines reaktionären Nationalismus, den alle Männer der »Deutschland-Stiftung« auf das schärfste ablehnen. Das entspricht den intellektuellen Methoden von heute, politisch Andersdenkenden nicht mit sachlichen Argumenten zu begegnen, sondern sie mit emotioneller Stimmungsmache zu diffamieren. Im Gegensatz zum SPIEGEL meinen wir, daß dem deutschen Volk die gleiche Achtung und die gleichen Rechte gebühren wie anderen Völkern und daß dauernde Freundschaft mit anderen Völkern auf der Achtung für das eigene gegründet sein muß. Wie üblich benützen Sie nach der abgestandenen Methode der Vergangenheitsschnüffelei 30 Jahre alte Jugendirrtümer zur Diffamierung.

Richtigstellen darf ich, daß Dr. Emil Franzel nicht Stiftungsmitglied ist. Allerdings ist nicht einzusehen, was die von Ihnen verhöhnte Wandlung Dr. Franzeis vom Marxisten zum gläubigen Katholiken mit der demokratischen Zielsetzung der »Deutschland-Stiftung« zu tun haben soll. Halten Sie es etwa auch für verwerflich, daß sich Herbert Wehner vom stalintreuen Kommunisten zum Prediger in evangelischen Kirchen und zum gesamtdeutschen Minister gewandelt hat?

Sie schreiben, daß ich nach dem Kriege »vor allem durch mein Buch »Der rote Rufmord« hervorgetreten« sei. Das Buch, in dem ich Oberländer gegen eine beispiellose kommunistische Verleumdungskampagne in Schutz nahm, ist aber nur eine Randerscheinung meines schriftstellerischen Schaffens, das allein nach dem Kriege 14 Bücher umfaßt. Alle sind der Humanität, der Völker-Versöhnung und der des eigenen Volkes gewidmet und wenden sich eindeutig gegen jede Art von Nationalismus und Radikalismus. Der Standort der »Deutschland-Stiftung« in der demokratischen Mitte ist auch meiner. An dieser Tatsache kann auch das Geschrei der betroffenen Extremisten von links und rechts nichts ändern.

Breitbrunn (Bayern) KURT ZIESEL Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschland-Stiftung

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