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Personalien Rita Renoir, Rudi Arndt, Walter Möller, Heribert Reitz, Max Schulze-Vorberg, Heinz Kühn, Indira Gandhi, Hermann Hocherl, Horst Ehmke

aus DER SPIEGEL 17/1972

Rita Renoir, 34, Ex-Stripteuse, möchte »eine Revolution gegen die Männer« machen. Weil sie nicht mehr »sexuelles Objekt für sophistische Voyeure sein« und »mich selbst darstellen« wollte, tritt die (mit 14 Jahren) als Tänzerin in den »Folies-Bergère« und (mit 16 Jahren) als »nackte Göttin der Nächte im Crazy Horse Saloon« ("L'Express") gefeierte Oberweite jetzt mit einer Ein-Frau-Show im Pariser »Théâtre de Plaisance« an. In zwei selbst konzipierten Stücken demonstriert Rita, daß »die sexuelle Befreiung der Frau nicht mehr ein Hexenkult des Mittelalters« sei -- durch eine Kult-Handlung: In »Und ich sage alles« berichtet sie von einem Vorstadtmädchen« das zur Dirne wird; in »Der Teufel« zelebriert sie als Priesterin eine schwarze Messe, die in einem Entkleidungs-Akt gipfelt (Photo). Obwohl Rita Renoir das Publikum dabei mit Verheißungen ("Wollen wir Gruppensex machen?") lockt, ist sie sicher: »Hier bin ich nicht sexy.«

Rudi Arndt, 45, Frankfurts Oberbürgermeister und Amateur-Rallyefahrer« hat »den Eindruck, daß das Bekenntnis zum Massenverkehrsmittel oft sehr viel leichter gesagt ist als in Taten umgesetzt wird«. In seiner Antrittsrede als neues Stadt-Oberhaupt griff Arndt vorletzten Donnerstag die Idee seines Vorgängers Walter Möller auf, der öffentliche Nahverkehr müsse »eindeutige Prioritäten« besitzen, auch wenn es »zum Zusammenbrechen des Individualverkehrs« führe. Dieses, so der Sozialdemokrat, wolle er »in Kauf nehmen Wirklich? Seinem Nachfolger im Amt des hessischen Finanzministers Heribert Reitz hatte er just zuvor für 2000 Mark Aufpreis aus der Stadtkasse seine bisherige Minister-Karosse, einen auf über 200 Stundenkilometer hochgetrimmten Opel Commodore GS/E, abgekauft. Reitz erhielt dafür einen älteren und langsameren Admiral. Privat und bei Rallyes lenkt Arndt einen Opel 1900 GT, mit dem er zuletzt in Rüsselsheim bei einer 800-Kilometer-Sternfahrt den ersten Platz belegte.

Max Schulze-Vorberg, 53, CSU-MdB, übte sich fern der Heimat als Ordensverleiher. Als der Christsoziale während einer Besichtigungstour westdeutscher Entwicklungs-Projekte im westafrikanischen Dahomey zusammen mit Bonns Botschafter Karl Wand den greisen König Sagbadju in Abomey -- Schulze-Vorberg: »Er soll 113 Jahre alt sein« -- aufsuchte, stattete dieser den Bundesgast zum Dank mit einem in Stoff gestickten Königszeichen aus. Der CSU-Reisende, mit leeren Händen gekommen, wähnte sich im Zugzwang: Kurzerhand verlieh er seinem Gastgeber einen Orden -- jene metallene Plakette mit dem Bundesadler, die für gewöhnlich Besucher des Bonner Bundestages als Souvenir erhalten.

Heinz Kühn, 60, Kreml-Besucher, stürzte seine Gastgeber in Gewissenskonflikte. Am vorletzten Sonntag, dem russisch-orthodoxen Osterfest, verlangte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident in Leningrad plötzlich eine Kirche zu besichtigen und ließ sich von dem Wunsch auch nicht abbringen, als ihm seine fünf sowjetischen Begleiter erklärten, sie seien Atheisten: »Ich bin auch Atheist. Trotzdem schaue ich mir Kirchen an.« Die Sowjets gaben klein bei und führten den Sozialdemokraten in ein Gotteshaus nahe der Leningrader Peter-Paul-Kathedrale, wo der Pope den bundesdeutschen Landesfürsten zur Teilnahme am Ostermahl mit Champagner, Brot und Quarkkuchen animierte. Kühn-Referent Werner Weber über die Reaktion der begleitenden Russen: »Die haben alle mitgegessen.«

Indira Gandhi, 54, Führerin, verhandelte mit einem Nackten. Um über eine -- in ganz Indien geplante -- Ehrung des Gründers der Jaina-Religionsgemeinschaft, Mahavira, abschließend zu befinden, hatte sie das geistige Oberhaupt der Digambara (deutsch: Himmelbekleideten) Jainas, Atscharja Desch Bhuschan Mabaradsch, 67, als ersten nackten Mönch in Neu-Delhis Parlamentsgebäude geladen. Der bloße Gast kam vergangenen Mittwoch und beriet sich, ganz selbstverständlich inmitten der Kabinettsrunde sitzend, mit der Ministerpräsidentin. Weil sie nach Ende der Konferenz, noch ehe lauernde Photographen die Szene ablichten konnten, eilig verschwand, bat der Atscharja Indira-Mitarbeiter um eine Gefälligkeit: »Überbringen Sie ihr bitte meinen Segen.«

Hermann Hocherl, 60, CSU-Minister a.D., fiel auf einer Nachfeier zu seinem 60. Geburtstag einem ungeladenen Gast um den Hals: SPD-Macher Horst Ehmke. Der Kanzleramtsminister hatte im Erdgeschoß des Bonner Hauses der Parlamentarischen Gesellschaft eine Kunstausstellung besucht und war auf der Suche nach einem Getränk eine Etage höher in die Christen-Party geraten. Dem konsternierten Gastgeber Rainer Barzel erklärte Höcherl: »Wir sind alte Freunde. Ich bin der Sonderbotschafter der SPD in der Union.« Hussein, 36 (x) Jordanien-König, muß selbst im Urlaub um sein Leben fürchten. Der Monarch, der schon mehrere Umsturzversuche überlebt hat, reist unter Ausschluß der Öffentlichkeit sechs Wochen durch die USA -- und nimmt auf sich Rücksicht: Er verzichtete auf acht Ferientage im feudalen Miami Beach, weil seine Bewacher Demonstrationen der örtlichen jüdischen Kolonie fürchteten. Statt dessen zog der Jordanier ins benachbarte Palm Beach, wo er bei einem Industriellen am South Ocean Boulevard 115 Bleibe fand. Selbst beim Spaziergang blieb Hussein nie ohne Schutz: Ständig schirmten ihn zahlreiche Leibwächter und Secret-Service-Beamte ab -- dezent als Urlauber verkleidet, lediglich an den Ausbuchtungen der Taschen identifizierbar.

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