Zur Ausgabe
Artikel 73 / 84

Briefe

RÜSTUNGSCHEF
aus DER SPIEGEL 42/1966

RÜSTUNGSCHEF

Durch die Zeilen Ihres Berichts über Albert Speer geistert mehr menschliche Dramatik als durch den ganzen Eintopf der Gruppe 47, den wir deutschen Volksgenossen seit nunmehr zwanzig Jahren brav löffeln, ohne unsere permanente Verdauungsstörung bewältigt zu haben. Ich könnte mir vorstellen, daß für Romanciers und Stückeschreiber von morgen in Ihrem Artikel eine Fundgrube dramatischer Tips steckt, wenn nicht überhaupt zum erstenmal das Schema, wie der Stoff anzufassen ist.

Brüssel FRANZ SCHNELL

Niemals, soviel ich sehe, haben Sie einen derartigen Aufsatz über irgendeinen der Dutzende großer, international bekannter, hochbegabter Männer veröffentlicht, die hier in Neuengamme, 20 Kilometer vor Hamburgs Toren, grausam und schändlich zugrunde gerichtet worden sind. Aber der »arme Speer - da werden Sie sentimental. Langjährige Leser empfinden dies als die übelste Herausforderung des guten Geschmacks seit langem.

Hamburg HEINRICH CHRISTIAN MEIER

Es wäre verhängnisvoll, wenn Speer heute rehabilitiert würde. Als er den braunen Machthabern seine Dienste anbot, war er alt genug, um die Folgen zu übersehen.

Hannover OTTO HEIDENREICH

Die zwei Super-Heil-Schreier werden in eine vergeßliche Nachnazi-Demokratie reintegriert, von Illustrierten umworben, zu lebenden Denkmälern deutschen Größenwahnsinns apostrophiert. Nicht genug, daß wir uns damit abfinden sollen, mit den Kaduks zu leben, jetzt müssen wir auch die tägliche Anwesenheit der Anführer der Kaduks ertragen.

Siegen (Nrdrh-Westf.) HANS BASEKOW

Nach Lektüre Ihrer Speer-Hagiographie wurde mir schlagartig klar, wie die Krise der Bundeswehr zu lösen ist: Hassel weg - Speer ran! Da Hitlers Generals-Technokraten in Ämtern und Würden sind, warum nicht auch der gute Mensch von Spandau?

Hamburg H. PATSCH

Es ist unglaublich, welcher Rummel in unserer demokratischen Presse um die Haftentlassung ehemaliger Kriegsverbrecher gemacht wird.

Bonn DR. EVAMARIA KOLLRACK

Nach Ihrem Bericht hat Albert Speer Monumentalbauten errichtet beziehungsweise entworfen, die deutsche Rüstungsindustrie angekurbelt, die Zwecklosigkeit dieses Vorhabens später eingesehen und noch vor Kriegsende der Produktion von Butter und Kunstdünger Priorität gegeben. Vor allen Dingen hat er die Durchführung von Hitlers Befehl »Verbrannte Erde« erfolgreich sabotiert und dadurch verhindert, daß Ihr Deutschen ein Volk von Ziegenhirten geworden seid. Eins geht aus Ihrer Story allerdings nicht klar hervor: Für welche Tat wurde Speer denn eigentlich verurteilt? Worin, bestanden denn - präzise - seine angeblichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Genausogut könnte man heute den US-Rüstungsboß vor Gericht stellen, denn in Vietnam werden von den Amerikanern Bauernkaten und Staudämme, also privates und und öffentliches Eigentum, zerstört (Kriegsverbrechen) sowie Frauen und Kinder verbrannt und Gefangene gefoltert (Verbrechen gegen die Menschlichkeit).

Göteborg (Schweden) SVEN SÖRENSEN

Speer-Titel

Zur Ausgabe
Artikel 73 / 84
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten