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Briefe

RUND UM DIE WELT
aus DER SPIEGEL 43/1969

RUND UM DIE WELT

(Nr. 41 und 42/1969, Claus Jacobi »Zwei zu eins gegen den Tod")

Vielen Dank für Ihren Artikel über die Bevölkerungsexplosion, Es wird höchste Zeit, daß die breite Masse, die zu sehr selbstzufrieden dahinlebt, mit diesem Problem konfrontiert wird. Die eigentliche Tragik ist, daß die reichen Völker nicht zusammentreten und in großem Ausmaße den unterentwickelten Massen helfen.

Münster (Nrdrh.-Westf.) KARL FROMME

stud, med.

Soweit Herr Jacobi die Tatsachen der auf uns zukommenden Bevölkerungsdichten deutlich macht, muß man alles ja nur zu ungern bestätigen. Sobald er sich jedoch dazu verleiten läßt, die Ursachen einmal dem Rassismus, zum anderen uns schlechthin anzulasten. kann man ihm nicht mehr beipflichten. Solche Bücher sollten zwar ohne weiteres geschrieben werden, sie sind jedoch als Aufklärungsfibel zum Erhellen der Probleme der Bevölkerungsexplosion denkbar ungeeignet, zumal man aus dem Tenor von Herrn Jacobis Ausführungen schon bei den ersten Formulierungen herauslesen kann, daß bei ihm der Caritas-Gedanke und nicht das Charisma der Menschheit, die zu den Sternen findet, Pate gestanden hat.

Hamburg RAINER MATT

Die Serie entspricht zwar den Tatsachen, aber sie wollen die Deutschen doch nicht aus ihrem Wohlstandsphlegma aufrütteln. Ich verspürte den Drang in mir, die Verhältnisse zu ändern. Bin ich ein Utopist? Schließlich sind nicht einmal die Mächtigsten dieser Welt dazu in der Lage. Wahrscheinlich habe ich diesen Artikel in ein paar Tagen vergessen. Mein Gewissen werde ich durch eine Gabe für »Brot für die Welt« beruhigen. So machen es alle!!

Meine (Nieders.) HANS HASE

Ihr Artikel ist sicher einer der alarmierendsten Beiträge des SPIEGEL in der vergangenen Dekade. Aber er ist auch einer der unseriösesten! Die apokalyptischen Visionen Jacobis sind weniger Produkt wissenschaftlicher Einsichten als kulturpessimistischer Ideologie. Die noch gigantischere Bevölkerungsexplosion der Zukunft spielt sich in Jacobis üppiger Phantasie ab -- und auf seiner Graphik, auf der sich ein üppiger Wildwuchs des Homo sapiens trefflich darstellen läßt. Leider bleibt der historische Vergleich, welcher solche Schrecknisse bändigen könnte, außer acht: Europa hat seine Bevölkerungsexplosion im Zuge der Industrialisierung hinter sich gebracht; Länder, welche heute in der Phase der Industrialisierung stecken, wiederholen anscheinend unsere eigene demographische Entwicklung. Hamburg ADOLF HARTMANN

stud. phil.

Bereits der englische Priester Robert Malthus sagte um die Wende vom 18. bis 19. Jahrhundert der Menschheit den Hungertod durch ihre zu starke Vermehrung voraus. Seine Weissagung läßt unberücksichtigt, daß entgegen den Prognosen die Lebensmittelproduktion stärker angestiegen ist als das Wachstum der Erdbevölkerung. Die geschichtliche Erfahrung bietet uns mithin allen Grund zum Optimismus.

Duisburg HANS HOMANN

Statt Jacobi bringt doch gleich den Vater aller Übervölkerungstheoretiker, den guten alten Malthus selber; schließlich haben die Übervölkerungsargumente in all den Jahrhunderten, die sie auf dem Buckel haben, weder an Richtigkeit und schon gar nicht an Originalität gewonnen. Wenn Ihr Malthus im Original bringen würdet, könnte man die bourgeoise Furcht vor einer Bevölkerungszunahme, die das für die Erhaltung der industriellen Reservearmee notwendige Maß überschreitet und die schließlich nichts bedroht als die Herrschaft der Bourgeoisie selber, sozusagen in statu nascendi studieren und brauchte nicht mit dem 100. Aufguß vorliebzunehmen. (Daß Malthus selber nur plagiiert, braucht Euch dabei nicht zu kratzen!) Daß es dem Autor denn auch nicht so sehr darum geht, die Bedürfnisse der hungernden Menschheit zu stillen, als vielmehr vor dem Gespenst der Revolution zu warnen, macht er sehr deutlich. Erstes schlimmes Indiz: Enteignung ausländischen Eigentums. Wie kann man nur! Und dann der ärgerliche Tatbestand, daß die Chinesen so gut zu Fuß sind. Mao schaffte -- wahrscheinlich bei einem Verbrauch von nur einer Tasse Reis auf 100 Kilometer -- 14 000 Kilometer! Hoffentlich erfahren wir früh genug von Maos neuem Aufbruch, damit wir uns unsererseits rechtzeitig auf die Socken machen können, sozusagen en faisant une ronde tout autour du monde.

Berlin BURKHARD HOFFMANN

Die Redaktion des SPIEGEL behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.

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