S-Kurve zwischen Flak und Sam
Amerikas Bomber und Jagdflugzeuge, die den Elan der nordvietnamesischen Offensive in Südvietnam in pausenlosen Einsätzen zu brechen suchen, stoßen auf Flugabwehr. die wirksamer ist als je zuvor.
Erstmals haben die Nordvietnamesen leichte und schwere Flak, ja sogar mobile Sam-Luftabwehrraketen mit nach Südvietnam gebracht. Die Taktik der kommunistischen Flugabwehr-Kanoniere hat sich so verfeinert, daß Tricks und technisches Abwehrgerät der U.S. Air Force zunehmend versagen.
Fazit: Amerikas bisher stärkste Waffe in Indochina wird lahmer, die Verluste steigen -- seit Beginn der Offensive verloren die USA etwa ein Dutzend Düsenmaschinen. Erstmals wurde ein achtstrahliger strategischer Bomber des Typs B-52 von einer Rakete getroffen, erstmals konnten die Nordvietnamesen eine EB-66 abschießen, eine hochfliegende Spezialmaschine mit elektronischem Abwehrsystem, das die Radarleitgeräte der Sam-Stellungen außer Betrieb setzen soll.
Daß die amerikanische Anti-Sam-Maschine von einer Sam-Rakete abgeschossen wurde, ist »ein fatales Zeichen«, so ein ehemaliger US-Pilot zum amerikanischen Nachrichtenmagazin »Newsweek«. Es zeigt, daß die Nordvietnamesen gelernt haben, fliegerischen Tricks und technischem Raffinement der Amerikaner zu begegnen:
Jahrelang entgingen US-Bomber den Raketen, indem sie anfliegenden Sams durch eine 5-Rolle nach unten auswichen, eine Bewegung, der die Geschosse nicht folgen konnten. Kaum eine Sam traf so ihr Ziel.
Neuerdings kombinieren die Nordvietnamesen ihre Raketen-Rampen mit Flak-Massierungen. Sie schießen ihre Raketen nur noch ab, um die angreifenden amerikanischen Flugzeuge zur Ausweichrolle zu zwingen -- die sie dann in den Bereich eines massiven Flakfeuerteppichs treibt.
Bei schlechtem Wetter -- wie in den letzten Wochen im Norden Südvietnams -- zielen die kommunistischen Flugabwehrkanoniere von vornherein nur auf Lücken in der Wolkendecke, durch die Kampfmaschinen stoßen müssen, wenn sie feindliche Kolonnen angreifen wollen.
Gegen die elektronischen Radarstörer fanden die nordvietnamesischen Luftabwehr-Taktiker mehrere Mittel: Sie schalten ihren Radarsucher nur für wenige Sekunden ein -- lange genug, um ein Ziel, ein US-Flugzeug, zu suchen, zu kurz für eine wirksame Störung.
Oder sie orten Feindflugzeuge optisch durch eine Art Zielfernrohr, mit dem die Jet-Bewegungen verfolgt werden. Die Drehungen des Teleskops teilen sich automatisch dem Sam-Computer mit, der die Rakete ins Ziel lenkt. So dürfte auch die Anti-Radar-EB-66 abgeschossen worden sein.
»Wir dachten früher, wir kämpften gegen einen primitiven Feind«, klagte ein US-Offizier in Saigon. »Leider ist das heute nicht mehr so.«