Ein Kleinbauern-Gehöft hoch im Gebirge, ärmlich, noch ohne Elektrizität, und so fern von den nächsten Nachbarn, daß man sich nur mit Ferngläsern sehen und Lebenszeichen zuwinken kann. Auf diesem kargen Schauplatz mit nur vier Personen - den Eltern und den beiden heranwachsenden Kindern, die da eng zusammenhausen - entwickelt der Schweizer Film (1985) von Fredi M. Murer eine komplizierte, anrührend eigensinnige Familiengeschichte, um so wortloser, je deutlicher die Bilder sprechen: die Geschichte des taubstummen Jungen und seiner etwas älteren Schwester, die ihn durch Zeichensprache, Zärtlichkeit, sexuelle Zuwendung aus der Wildnis seiner Einsamkeit zu erlösen versucht. Der Film, hochdeutsch untertitelt, schafft unpathetisch und genau ein Bild archaisch-bäuerlicher Wirklichkeit, wie es den Tavianis mit »Padre Padrone« gelungen ist.
22.05 - 23.40 Uhr. ARD.
Augen der Angst
So wie das 1960 gedrehte Meisterwerk des Briten Michael Powell ist selten ein Film verkannt worden. Die Kritik, deren Augen durch Sissi-Schmäh verklebt waren, beschimpfte seinerzeit »Peeping Tom«, die angelsächsische Bezeichnung für den Voyeur, als schmierig und peinlich. Doch die Geschichte des durch ein Kindheitstrauma gestörten Fotografen (Karlheinz Böhm), der mit dem zum Dolch angespitzten Bein des Kamerastativs seine Opfer umbringt, stürzt den Zuschauer in einen Konflikt zwischen emotionalem Engagement und kühler Distanz.