IRAN Satanisches Sendungsbewusstsein
Teherans Mullahs machen mobil. Zum ersten Mal seit Gründung der Islamischen Republik bildete das Innenministerium einen Krisenstab zur »Verteidigung der islamischen Grundwerte und Festigung der inneren Sicherheit«. Der Geheimdienstchef im Ministerrang, Ali Junessi, forderte gar die Schaffung von Sondergerichten, die im Schnellverfahren »staatsgefährdende Elemente« aburteilen sollen. Ausgelöst wurden die radikalen Maßnahmen, die Erinnerungen an finstere revolutionäre Zeiten nach dem Sturz des Schahs heraufbeschwören, durch die Studentenunruhen der vergangenen Woche.
Durch spontanen Zustrom aus der Bevölkerung waren Demonstrationen Teheraner Studenten gegen die Privatisierung ihrer Universitäten zu heftigen Protesten gegen das Regime eskaliert. Mindestens 80 der Aufrührer sollen festgenommen worden sein. Geschürt wurden die Auseinandersetzungen durch Aufrufe von Sendern, die Exil-Iraner in den Vereinigten Staaten betreiben. Westliche Diplomaten in Teheran nehmen die Proteste ernst: Die rasche Solidarisierung der Bevölkerung zeige den zunehmenden Unmut gegen das theokratische Herrschaftsprinzip in dem Gottesstaat. Die jüngsten Demonstrationen, die nach dem Willen der Studenten fortgesetzt werden sollen, werden von den Ultras gerade wegen der aufpeitschenden Sendungen aus dem Reich des »großen Satans« USA als Kampfansage gewertet - ein entsprechend harter Gegenschlag zeichnet sich ab. Den »Verrätern und Söldnern«, die für einen Dialog mit Amerika plädieren, drohte der religiöse Führer Ajatollah Ali Chamenei: »Wenn die iranische Nation beschließt, sich mit den Aufrührern zu befassen, wird das in der Art des 14. Juli 1999 geschehen.« Damals hatten im »heißen Sommer von Teheran« heftige Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Sicherheitskräften getobt.