»Schlimmer als Bomben sind die Haßwellen«
Doktor Bernard Fernando bohrte. Die Arzthelferin in ihrem angeschmutzten gelbgrünen Sari hielt den Kopf des Patienten, der immer tiefer in den abgewetzten Behandlungsstuhl sackte. Der silberhaarige Doktor ließ sich nicht beirren. Er bohrte.
Als die erste Bombe explodierte und die Detonation ihm fast den Atem nahm, blieb Doktor Bernards Hand ganz ruhig. Im Takt trat er den Fußhebel nach unten, mit dem der Uralt-Bohrer angetrieben wird. Einen Marine-Zahnarzt a.D. kann so leicht nichts erschüttern.
Als die zweite Bombe kurz darauf hochging und das Bersten von Metall, die immer lauter werdenden Schreie von der Hafenstraße herüberdrangen, ließ der Zahnarzt seinen Patienten sitzen und rannte los.
Kandaratnam Siwapalan, Englischlehrer a.D., las gerade Zeitung, als der erste Knall vom Hafen her zu hören war. Seiner Schwiegertochter fiel das große Reissieb aus der Hand, sie stürzte auf ihre kleinste Tochter im Innenhof zu. Das Kind, offenbar geschockt, blieb stumm. Alls die zweite Explosion das Steinhaus erzittern ließ, fing es an zu schreien. Da rannte auch Siwapalan los.
Auf der Straße traf er den Zahnarzt. Als die beiden alten Männer keuchend zum Fähranleger kamen, bot sich ihnen ein gräßliches Panorama: vor der blauen Bucht die brennenden Wrackteile von zwei Bussen, schreiende Menschen, deren Blut im Sand versickerte, Verstümmelte, kopflos umherrennende Polizisten und amoklaufende Soldaten aus den nahe gelegenen Camps.
»Das ist das Ende«, schrie der Zahnarzt Bernard, er ein Singhalese, seinem Freund, dem Lehrer Siwapalan, einem Tamilen, zu. Auf englisch, denn das Idiom der Kolonialherren ist die einzige Sprache, die Singhalesen und Tamilen miteinander verbindet.
Bürgerkrieg in Trinkomali, einer einst idyllischen Hafenstadt an der Ostküste Sri Lankas. Hier an den weißen Stränden, mit wiegenden Kokospalmen, entscheidet es sich, ob der tropische Inselstaat auseinanderbricht, ob die buddhistische Mehrheit der Singhalesen und die hinduistische Minderheit der Tamilen sich noch ertragen können oder ob die einen die anderen ins Meer treiben. 4000 Menschen kamen laut Regierung, 8000 nach Angaben der Tamilen allein in den letzten drei Jahren ums Leben, vor allem bei den Tamilen.
Wie in Nordirland oder im spanischen Baskenland gibt es keine einheitliche Front, sondern Bombenanschläge. Gefechte zwischen tamilischen Guerrilleros und singhalesischer Armee und vor allem Terror gegen Fischer und Bauern, ein Krieg in Tranchen.
Die Spannungen zwischen den drawidischen Tamilen und den arischen Singhalesen begannen schon im 19. Jahrhundert, als die Kolonialmacht England beide Völker, die 2000 Jahre in getrennten Reichen gelebt hatten, zwangsweise zur Kronkolonie Ceylon vereinte.
Die Tamilen, anpassungsfähig und besser ausgebildet, dienten als verlängerter Arm Ihrer Majestät bei der Verwaltung der trägeren singhalesischen Untertanen. Die rächten sich nach der Unabhängigkeit Ceylons 1947. Die Tamilen verloren ihre Ämter und Privilegien Singhalesisch wurde Landessprache, und die Tamilen fühlten sich bald als Analphabeten im eigenen Land. Nicht nur bei radikalen Tamilen kam Sehnsucht nach »Tamil Eelam« auf, dem alten unabhängigen Tamilenstaat des Nordens.
Elf Millionen Singhalesen und 2,8 Millionen Tamilen leben heute auf Sri Lanka. Doch die Entscheidung im Inselkrieg fällt nicht in der 240 Kilometer entfernten Hauptstadt Colombo, wo die singhalesischen Politiker vom Frieden reden und Militäreinsatz meinen. Und auch nicht im nördlichen Dschaffna, von je her Tamilenland, wo die »Tiger«, die stärkste und brutalste der tamilischen Separatistengruppen, längst die Macht übernommen haben und die singhalesische Armee in ihren eigenen Camps umzingelten.
Es geht um Trinkomali und Battikaloa, Mischgebiete, wo Tamilen und Singhalesen gemeinsam leben. Die Guerrilleros wollen sie ihrem Traumstaat »Tamil Eelam« zuschlagen, die singhalesische Regierung will Trinkomali, eine heruntergekommene Flottenbasis aus dem Zweiten Weltkrieg, zu einem singhalesischen Singapur entwickeln, Phantastereien für die gequälten Bewohner.
Während der alte Bernard an diesem schwarzen Junimorgen in der immer drückender werdenden Hitze die Verletzten versorgt, bis die Armee die blutige Szene abriegelt, organisiert Siwapalan, der ein Telephon besitzt, von der Terrasse seines Hauses Hilfe im Ort.
Siwapalan und Bernard sind Vorsitzende im Friedenskomitee von Trinkomali, der einzigen Organisation, in der die verfeindeten Völker noch zusammenarbeiten. Viel können sie nicht tun. Seit Jahr und Tag werden hier die Toten und die Verschwundenen registriert, die Hinterbliebenen getröstet und tamilische, manchmal auch singhalesische Flüchtlinge, die aus Angst ihre Dörfer verließen, in Lager eingewiesen. Das Komitee ist ohnehin die einzige Stelle, die von den singhalesischen Behörden und von der Armee angehört wird.
Die 40 Opfer und die 73 Verletzten des doppelten Attentats waren diesmal fast alle Singhalesen. Ein Tamilenjunge soll seine Markttaschen in den Bussen _(In Siwapalans Garten in Trinkomali. )
abgestellt und jeweils kurz vor der Abfahrt aus der offenen Tür gesprungen sein.
Der Anschlag, sagen die Experten, und das ist praktisch die ganze Bevölkerung von Trinkomali, trage nicht die Handschrift der »Tiger«, der »Liberation Tigers of Tamil Eelam« (TTE). Die greifen eher direkt aus dem Dschungel die Armeecamps an. Es sei vielmehr eine andere Tamilenfraktion, die E.R.O.S., gewesen, die sich auf Bomben- und Wirtschaftssabotage im Süden und Osten der Insel verlegt hat.
Für die Bewohner von Trinkomali macht das keinen Unterschied, die Rache folgt auf jeden Fall. In der Nacht schwärmen singhalesische Soldaten aus und verhaften wahllos 1300 junge Tamilen zwischen 14 und 18 Jahren. Rund 400 werden auf Protest des Friedenskomitees freigelassen, die übrigen in ein Lager in Busa im Süden der Insel verfrachtet. »Wir wissen, daß die Armee foltert«, sagt Siwapalan, »und wir sind so hilflos«, fügt Bernard hinzu.
Den Schmerz der Eltern kennt Siwapalan nur zu gut. Der große Mann, 65, der mit seiner Glatze und Rundbrille entfernt an Mahatma Gandhi erinnert, erschaudert noch heute, wenn er an den singhalesischen Mob im Juli 1983 in Colombo denkt, der »Tamil maro, tamil maro« (tötet die Tamilen) schrie und grausame Menschenjagden veranstaltete. Die Killer erschlugen Hunderte, auch Siwapalans Sohn, einen Ingenieur.
Damals, als in Colombo die Ladenzeiten der Tamilen in den Flammen aufgingen, lagen noch deutsche Touristen sorglos an den Traumstränden von Trinkomali, bis auch sie evakuiert wurden. In Trinkomali gab es zwar ein paar Morde und Brände, aber niemand ahnte, daß der Krieg bis hierher kommen würde.
Hatten nicht Tamilen und Singhalesen, trotz unterschiedlicher Sprache, Kultur und Religion, seit Jahrhunderten in dieser Gegend zusammengelebt?
Der Tamile Siwapalan und der Singhalese Bernard lernten sich auf der Universität kennen, in einer Zeit, als Ceylon noch die Perle des britischen Empires und die Flottenbasis Trinkomali, der sicherste Naturhafen des Indischen Ozeans, ein Augapfel des Kriegsherrn Winston Churchill war. »Damals im Hindu College«, schwärmt Siwapalan, »da war das Volleyball-Team zu hundert Prozent singhalesisch, der Captain des Cricket-Teams war immer ein Singhalese, aber Fußhall, das war gemischt.«
1958, als Premierminister Solomon Bandaranaike mit seinem einzigen Programmpunkt »Singhalese only« die Tamilen aus Ämtern und Universitäten drängte und ihre Sprache diskriminierte brachen größere Unruhen aus. »Doch Trinkomali«, sagt Siwapalan, »wo friedliche Leute wie ich die tamilischen und singhalesischen Gewerkschaften kontrollierten, blieb ruhig.«
Ab 1968 erlebte Siwapalan das beginnende Drama der Insel Sri Lanka als Universitätslehrer in der nördlichen Stadt Dschaffna. »Da saßen die netten adretten Jungs in meinen Klassen und lernten Englisch«, sagt er, »doch als die Berufschancen für die Tamilen gegen null gingen, als die Armee die Bevölkerung terrorisierte, da blieben sie weg.«
Sie waren zu den »Tigern« in den Untergrund gegangen, hatten die Studienbücher mit dem Gewehr vertauscht; statt englischer Hosen trugen sie wieder das tamilische Wickeltuch, die Lungi, und bewegten sich wie Fische im Wasser unter der Bevölkerung, die sie fast zärtlich »unsere Jungs« nennt.
»Die Jungs kennen mich noch alle«, sagt Siwapalan, der sich nach seiner Pensionierung wieder nach Trinkomali zurückgezogen hat, »doch glücklicherweise lassen sie mich aus ihrem gefährlichen Geschäft draußen.«
In einem Bürgerkrieg kann niemand draußen bleiben. Das erfuhr Siwapalan am 23. Mai vergangenen Jahres ein weiteres Mal. In der Nacht zuvor hatten die »Tiger« oder eine andere Guerillagruppe der Armee einen Hinterhalt gelegt und zwei Soldaten erschossen. »Vielleicht war das Militär deshalb so schießwütig«, meint Bernard in Erinnerung an _(Nach einem Sprengstoffanschlag. )
die Katastrophe im Hauses seines Freundes.
»Um 6.30 morgens ging mein Mann wie gewohnt zur Busstation«, erzählt Siwapalans Schwiegertochter Saraswati, 30, »ich sah ihm vom Gartentor aus nach. Ein »Soldat sprach ihn an, richtete das Gewehr auf ihn. Dann fielen Schüsse. Ich lief auf meinen Mann zu, als die Soldaten auch auf mich anlegten. Da floh ich hinters Haus.« Siwapalan erhielt die Leiche seines Sohnes, eines Bibliotheksangestellten, von der Armee zurück.
Seither ist Trinkomali eine Stadt der Greuel und des Grauens. Anfang Juni dieses Jahres, als sich die Singhalesen auf das buddhistische Vesak-Fest vorbereiteten, überfielen die tamilischen Guerrilleros das Dorf Andakulam bei Trinkomali. Sie metzelten Frauen und Kinder beim Blumenpflücken nieder, warfen die Leichen in den Teich und zündeten die Häuser an - 16 ermordete Singhalesen aus Rache für 10 Tamilen, die drei Tage zuvor erschossen wurden.
Kurz darauf kaperten maskierte Singhalesen drei Busse, befahlen den Passagieren auszusteigen und sich der Reihe nach aufzustellen. Tamile oder Singhalese, forschten sie, man erkennt es an der Sprache. Die Singhalesen durften weiterreisen. Die Tamilen wurden in den Dschungel getrieben. Sie kamen nie mehr zurück.
Anfang Juli überfielen die Terroristen drei Lastwagen in Bilamkulam, fünf Kilometer von Trinkomali entfernt. Statt der üblichen Fischfracht hatten die Fahrer singhalesische Flüchtlinge an Bord, die sich, ebenso wie viele Tamilen, in den Dörfern nicht mehr sicher fühlen. Die Rebellen hackten zwölf Männer, eine Frau und zwei Kinder mit Äxten in Stücke.
Kaum hatte sich die Schreckensnachricht in Trinkomali verbreitet, rannten fanatisierte junge Singhalesen durch die sandige Hauptstraße, an der Bernard und Siwapalan ihre Häuser haben. Sie griffen eine verängstigte Tamilenfamilie an prügelten sie zu Tode, zündeten die Leichen mit Kerosin an - Vater, Mutter und drei Kinder.
»Diesen Terror hätte meine Frau nicht überlebt«, sagt Siwapalan, »sie ist schwer herzkrank.« Siwapalan brachte seine Frau fort von der Schreckensinsel, hinüber nach Madras im indischen Tamilen-Bundesstaat Tamil Nadu, wo einer ihrer Söhne lebt.
So wie Siwapalans Frau fliehen Tausende von Tamilen nach Madras. Hier spricht man ihre Sprache, hier leben ihre Verwandten. Über 140000 Sri-Lanka-Tamilen sind in Flüchtlingslagern in ganz Tamil Nadu untergebracht.
In Madras operieren aber auch ganz offen und ungeniert die »Jungs«, die Terroristen. Sehr zum Ärger der Regierung in Colombo unterhalten die Tiger und vier andere Guerillagruppen hier ihre Ausbildungslager.
Nachts, unter Beobachtung der indischen Marine, laufen Plastikboote der Kämpfer, mit Tarnfarbe bemalt und von drei kräftigen Außenbordmotoren angetrieben, aus dem Hafen Rameswaran aus, um über die nur 28 Kilometer breite Park-Straße in den Norden Sri Lankas überzusetzen.
Weil die Schnellboote der singhalesischen Marine ihnen dort auflauern, schlagen die Terroristen auch größere Bogen bis an die Ostküste nördlich von Trinkomali. In ihrer Ohnmacht gegen die Guerrilleros hat die Armee die Fischerei an den nördlichen und östlichen Küsten lahmgelegt, an die 100000 Krabbenfänger brotlos gemacht, viele Dörfer zerstört. »Es gibt kaum noch Fisch in Trinko«, klagt Bernard, »Shrimps haben wir lange nicht mehr gesehen.«
Nicht nur das Militär, auch die Guerilla betrieb die Taktik der verbrannten Erde. »Herzliche Gästegemeinschaft« steht auf deutsch auf dem verblaßten Plakat am Stadtrand von Trinkomali, das in die Strandhotels an den seidensariblauen Buchten einlädt. Die herzliche Gemeinschaft der Neckermänner war den Separatisten suspekt geworden, die das Moonlight Beach Hotel vor anderthalb Jahren in die Luft jagten. Die anderen großen Hotels gaben von selbst auf, denn Touristen dürfen die Ostprovinzen nicht mehr betreten.
Ein paar beherzte deutsche Bauarbeiter vom Mahaweli-Staudamm-Projekt im Landesinnern, die auf ihr Strandwochenende an der Ostküste nicht verzichten wollten, waren die letzten, die das Abenteuer wagten. Die »Tiger« stoppten sie, setzten sie an der nächsten Bushaltestelle ab, zahlten ihnen eine Cola und verschwanden mit den teuren Kraftfahrzeugen der Fremden.
Rein zufällig läuft im Kino von Trinkomali der Film »Dschungel-Krieger« von Walt Disney. Aber die Einwohner haben keine Lust auf die putzigen Figuren. Kämpfer im Dschungel um die Stadt herum haben sie mehr als genug - kein Hollywood, Wirklichkeit.
Die »Jungs« sitzen überall im Busch, gut getarnt, gleich neben den Straßen. Kommt ein Armeekonvoi vorbei, halten sie die Dioden an eine Taschenlampenbatterie und zünden damit ihre Minen aus Plastiksprengstoff.
»Neulich bin ich mit dem Bus gefahren, drei Minuten später flog der Armeelaster hinter uns in die Luft«, sagt Bernard, »ich steige nie mehr in einen Bus.« Seit die Gleisarbeiter Sprengsätze an der Bahnlinie gefunden haben, fährt auch die Eisenbahn nicht mehr.
So bleibt Bernard, der Singhalese, lieber gleich in der sterbenden Stadt Trinkomali - obschon sich die Tamilen nicht mehr zu ihrem Wischnu-Tempel trauen, um ihre Toten nach dem Hindu-Ritus zu verbrennen.
»Dabei ist doch alles ganz ruhig«, sagt der singhalesische Distriktverwalter Arijaratne. Der Mann aus Colombo, den Sri Lankas Präsident Junius Dschajawardene extra auf diesen schwierigen Posten berufen hat, sitzt hinter dreifacher Militärsperre und den meterdicken Mauern eines portugiesischen Forts aus dem 16. Jahrhundert.
»Ich muß den Plan der Regierung erfüllen«, sagt Arijaratne, »8000 Flüchtlingsfamilien in Camps hier wollen versorgt werden, und die Verwaltung muß ich aufrechterhalten. Nur ein Mann wurde heute nacht am Laternenpfahl aufgehängt, ein Tamile. Doch sonst ist alles ganz ruhig.« Arijaratne muß eine andere Stadt meinen, von einer anderen Insel als Sri Lanka reden, von Frieden träumen, den es hier nicht gibt.
Die Tamilern werfen der singhalesischen Regierung in Colombo vor, systematisch singhalesische Bauern in den Nord- und Ostprovinzen anzusiedeln, um nach der Art israelischer Wehrdörfer Tatsachen zu schaffen. 1941 etwa lebten laut offiziellem Zensus 15711 Singhalesen und 33795 Tamilen im Distrikt Trinkomali. 1981 waren 98431 Singhalesen gegenüber 94766 Tamilen.
Eine neue Entwicklung schien sich im Juni anzukündigen, als Junius Richard Dschajawardene, 80, auch J.R. genannt, erstmals Friedensvorschläge machte, die den Namen verdienen. Obwohl für singhalesische Politiker normalerweise schon der Gedanke an Föderalismus eine Todsünde ist, hat Dschajawardene eine begrenzte Autonomie angeboten, allerdings nur für das ohnehin verlorene Dschaffna Trinkomali soll Singhalesenland bleiben. Schon mehrmals sind Friedensinitiativen gescheitert, doch diesmal drängt Indiens Premierminister Radschiw Gandhi, der alles andere als einen Krieg an seiner Südflanke gebrauchen kann, Singhalesen wie Tamilen an den Verhandlungstisch.
Die Guerrilleros sorgten auf ihre Art dafür, daß Dschajawardene einlenkte, denn auch in der Hauptstadt wurde der Boden heiß. »Wir schleichen uns mitten in die Stadt hinein und schlagen zu«, sagt E.R.O.S.-Rebellenführer Balakumar.
Die E.R.O.S.-Guerrilleros hatten in den letzten Wochen eine vollbesetzte Air-Lanka-Maschine auf dem Flughafen von Colombo gesprengt, eine Bombe ins ehrwürdige weiße Kolonialgebäude der Hauptpost gelegt und eine weitere in die Limonadenfabrik »Elephant«. Über 40 Menschen starben.
Seither grassiert in Colombo die Bombenangst. Handtaschen werden bei Betreten jedes Hotels oder öffentlichen Gebäudes mehrfach untersucht. Und Captain A.T. Thambugala hält für 200 Rupien (18 Mark), Mittagessen und Tee inklusive, im Holiday-Inn-Hotel ein Seminar über das rechte Verhalten bei Bombengefahr.
»Schlimmer als die Bomben sind die Haßwellen, die sie gegen uns auslösen«, sagt eine Tamilin in Colombo. Mutig trägt sie noch den Tilak, den roten Punkt auf der Stirn, der sie als Hindu ausweist. Viele Colombo-Tamilen haben sich dagegen den herrschenden Singhalesen angepaßt. Der Traum vom unabhängigen Tamil Eelam ist für sie weit, die Knüppel singhalesischer Nachbarn dagegen sind nah. Der tamilische Taxifahrer Hari Haran hat sich in Harry Ratnasinghe umtaufen lassen, weil er eine Singhalesin heiraten will. »Unsere Kinder sollen nicht verfolgt werden, sagt er.
Auch die beiden Arbeiter Peter, 29, und Mathew, 24, Tamilen, haben mit einer neuen singhalesischen Kennkarte ihre alte Identität aufgegeben. »Dein Name wird in die Zeitung gesetzt, du wartest sechs Monate, zahlst ein paar Rupien, und schon bist du ein neuer Mensch«, sagt Peter. »Als Singhalese bist du einfach besser dran«, pflichtet Mathew bei, »du bekommst einen Job und hast auf einmal viele Freunde.«
Was fühlen sie wohl, wenn die Black Cats, die in Pakistan ausgebildeten singhalesischen Soldaten, 70 tamilische Flüchtlinge im Lager überfallen und abschlachten? »Man muß die jungen Kerle verstehen«, sagt Peter, »sie tun es doch für den Frieden.«
»In Colombo reden sie von Frieden. aber hier schießen und töten sie«, schimpft Siwapalan in Trinkomali. »Wenn ihr eure verdammte Armee zurückpfeifen könntet«, schreit er Bernard an. Der Arak, starker Kokosnußschnaps, das einzige, was es in Trinkomali noch reichlich gibt, hat ihm die Sinne vernebelt. »Halt du deine Bombenleger im Busch zurück«, antwortet Bernard. Der alte Siwapalan stößt einen Schwall von Beleidigungen aus, dann bricht er im Stuhl zusammen. »Es ist dir egal, daß ich zwei meiner Söhne verloren habe und alles kaputtgeht«, sagt er.
Die zwei alten Männer können die Insel nicht retten, Bernard läßt seinen Freund allein. Ein Patient wartet bei ihm zu Hause, um sich einen Zahn ziehen zu lassen. Zahnschmerzen gibt es auch im Krieg. _(Bei der Einweihung eines Krankenhauses ) _(in Colombo. )
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SRI LANKA
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In Siwapalans Garten in Trinkomali.Nach einem Sprengstoffanschlag.Bei der Einweihung eines Krankenhauses in Colombo.