REGIERUNGSAKTEN Schlüssige Erklärung
Berliner Regierungsbeamte gehen weiterhin davon aus, dass in der Endphase der Ära Kohl Daten im hauseigenen Computersystem gelöscht wurden. Vorige Woche widersprachen die Mitarbeiter des Kanzleramts in einer 42-seitigen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Bonn, die das Verfahren in dieser Sache einstellen will. Es geht dabei um Daten und Akten im Zusammenhang mit brisanten Privatisierungen, insbesondere dem Leuna-Deal. In dem Brief an die Bonner Ermittler heißt es: »Der Verdacht der Datenlöschungen und der unvollständigen Aktendokumentationen wird durch den Entwurf der Einstellungsverfügung ... nicht entkräftet.«
Im Frühjahr 2000 hatte Burkhard Hirsch (FDP) im Auftrag der rot-grünen Bundesregierung recherchiert und war zu dem Ergebnis gekommen, dass in zeitlicher Nähe zu dem Wahltermin 1998 zwei Drittel aller Daten der Regierungszentrale »flächendeckend, zentral und heimlich« gelöscht worden seien. Es sei erwiesen, so das Kanzleramt, dass »eine beträchtliche Menge Daten ohne Zustimmung gelöscht wurden«. In einer von der Staatsanwaltschaft bei der Fraunhofer-Gesellschaft eingeholten Expertise glauben die Berliner Beamten »eine widerspruchsfreie Erklärung« gefunden zu haben, wie »die fraglichen ca. zwei Gigabyte gelöscht wurden«. In einer »gutachterlich nachgewiesenen Sitzung« habe Ende September 1998 ein »unbekannter Administrator« in zehn Stunden 2,8 Gigabyte vom Server auf seine Arbeitsstation geholt, aber nur 440 Megabyte wieder zurücktransferiert. Die Datenmenge von zwei Gigabyte entspricht etwa 500 000 beschriebenen DIN-A4-Seiten.