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Hochschulen Schmählich versagt

Die »Intellektualisierung« der Schönhuber-Partei ist gescheitert: Der Republikanische Hochschulverband löst sich auf.
aus DER SPIEGEL 19/1990

Für Franz Schönhuber war es »Verrat": Im Auftrag der CSU hätten »rückwärtsgewandte Seiteneinsteiger« die Republikaner »unterwandert«. Hauptschuldig sei ein »karrierebeflissener Wendehals« - doch der hinterlistige »Verräter«, beruhigt der Parteivorsitzende seine Klientel, sei bereits »entlarvt«.

Die Rede war von Alexander von Schrenck-Notzing, 24. Der Münchner Jurastudent, 1983 schon Gründungsmitglied der rechtsextremen Partei, gründete vor zwölf Monaten den Republikanischen Hochschulverband (RHV).

Nun hat dessen Vorstand den RHV für aufgelöst erklärt: Die Republikaner seien von »politikunfähigen Kräften und Extremisten« beherrscht, »gemäßigte Konservative« hätten dort nichts mehr verloren. Schrenck: »Wir sind maßlos enttäuscht.«

Die bitterböse Abrechnung im Republikaner-Lager zählt zur schier unendlichen Geschichte des politischen Richtungsstreits in der rechten Ecke. Tatsächlich hält Schönhuber die von ihm einst großspurig angekündigte »Intellek* Hans-Ulrich Kopp, Alexander von Schrenck-Notzing, Alexander Wolf. tualisierung« seiner Partei inzwischen für einen »großen Fehler«, nur mit der »Masse des Volkes« könne die Partei Siege erringen.

Im Juli 1989, beim ersten öffentlichen Auftreten der Nachwuchs-Reps, hatte Schönhuber noch artige Komplimente verteilt. »Ich brauche euch«, gestand der Parteichef damals im verqualmten Löwenbräukeller zu München und versprach: »Wir Republikaner werden an den Universitäten Fuß fassen.«

Eben das ist gründlich mißlungen. Der RHV kam in keiner einzigen Hochschule ins Studentenparlament. Gerade 250 Mitglieder akquirierte der Klub bis zur Wende in der DDR. Danach lief nichts mehr, Partei und Verband dösten in Agonie.

»Schönhuber hat schmählich versagt«, meint dazu der RHV-Vorsitzende Schrenck, ein Sohn des deutschnationalen Publizisten Caspar von Schrenck-Notzing. Als die Mauer fiel, habe die Partei »in der nationalen Frage nur herumlaviert und nichts für die Wiedervereinigung getan«.

An der Parteibasis, weiß nun auch Schrenck, werde heftig Front gegen Aus- und Übersiedler gemacht. Diese »Hetze« und den »billigen Populismus« Schönhubers empfindet der Jungpolitiker als geradezu »widerlich«. Der vergrätzte Aufrührer ist daher zur Konkurrenz gewechselt: Zusammen mit seinem Vize Alexander Wolf hat er bei der CSU angeheuert.

Schönhubers Politik, empört sich der Münchner Student, »kommt aus den Eingeweiden«. Und eine »Intellektualisierung des Bauches« sei nun einmal »unmöglich«. Übrig bleibe nur eine Partei der »Extremisten, Wirrköpfe, Fanatiker und Querulanten«.

»Das Ganze«, bekennt der Ex-Republikaner reumütig, »hätte uns natürlich schon viel eher kommen müssen.« Doch er und seine Freunde vom RHV seien von dem »naiven Idealismus« beseelt gewesen, daß sich »konservativ-bürgerliche Kräfte in dieser Partei durchsetzen« könnten. Immer wieder habe man um ein Gespräch mit dem Parteivorsitzenden gebeten - Schrenck: »Schönhuber hat uns nicht einen einzigen Termin gegeben.«

Erst nachdem der RHV-Vorstand die Auflösung angekündigt hatte, meldete sich die Münchner Parteizentrale: Der Studentenverband sei durchaus noch vorhanden. Ob ein Antrag des Bundesvorstands auf Auflösung »an der Basis eine Mehrheit finden« werde, glaubt der Rep-Sprecher Karl Richter, 28, sei »mehr als fraglich«.

Richter selbst sitzt im Vorstand des RHV und zählt dort zu den letzten Getreuen des obersten Republikaners Schönhuber. Die Putschisten im Vorstand, meint Richter, hätten bereits gemerkt, »daß sie mit ihrer Auflösungsabsicht nicht durchkommen«. Außerdem seien die Ortsgruppen des RHV, etwa in den Uni-Städten Frankfurt, München, Marburg, Kiel und Freiburg, »nach wie vor existent«.

Ganz sicher ist Schrenck sich seiner Sache freilich nicht. Die eigentlich für April angekündigte Mitgliedervollversammlung, auf der die Auflösung beschlossen werden sollte, wurde vorerst auf den Juli vertagt. Der frisch gebackene Christsoziale spekuliert nun auf einen langsamen Verfall des RHV. Schon jetzt, berichtet er, »zahlt bei uns keiner mehr den Mitgliedsbeitrag«.

Zumindest in München sei die Abwanderung der Rep-Studenten zur CSU in vollem Gange. »Seit der Gründung der DSU«, sagt der noch amtierende RHV-Vorsitzende, »sehen wir wieder eine Chance für die bundesweite Ausdehnung der CSU.« Inhaltlich gebe es dort für ihn und seine Kollegen vom RHV nun, »da die Union wieder auf nationalen Kurs« eingeschwenkt sei, »ohnehin keine Probleme«.

Die CSU wiederum habe bei der Aufnahme der Ex-Republikaner auch keine Bedenken gehabt. Schrenck: »Es ist doch üblich, daß man jeden nimmt - bei allen Parteien.« f

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