Zur Ausgabe
Artikel 1 / 79

BONN / BARZEL Schmutzige Hände

aus DER SPIEGEL 46/1966

Eine Tat ist so rasch geschehen. Da kommt plötzlich etwas aus einem heraus, und man weiß nicht, hat man's gewollt, oder hat man es nur nicht zurückhalten können.

Jean-Paul Sartre,

»Die schmutzigen Hände«.

Die Tragödie geschah nicht auf offener Szene, sondern hinter verschlossenen Türen. Dennoch hatte das Bonner Bundeshaus, seit 1949 Sitz des westdeutschen Parlaments, einen solchen Auftritt noch nicht erlebt.

Im Raum vor Fraktionssaal und Fraktionsvorstandszimmer der CDU/ CSU drängten sich die Schaulustigen wie vor der Kabine einer berühmten Fußballmannschaft. Kameramänner von Fernsehen und Wochenschau standen auf wackligen Tischen und filmten jeden Aktiven. Hunderte von Journalisten und Diplomaten, Beamten und Parlamentariern von den Hinterbänken ließen den Matadoren nur eine enge, Gasse, durch die sie den Kampfplatz betreten konnten.

Jeder Ankommende wurde mit anfeuernden oder spöttischen Rufen bedacht - so Verkehrsminister Seebohm, den ein Journalist mit »Aha, der neue Vizekanzler« begrüßte, weil er neben Ludwig Erhard dienstältestes Kabinettsmitglied ist. Sudeten-Seebohms wütende Antwort: »Gewäsch der Presse.«

Als Außenminister Gerhard Schröder eine Telephonzelle betrat, wurde ein Scheinwerfer auf die Wählscheibe gerichtet. Die Umstehenden zählten laut skandierend die Ziffern 2 - 0 - 7 - 2 - 0 - 8 - 2, und waren enttäuscht. Es war die Nummer seines Büros.

Der Zusammenbruch jeglicher Regierungsautorität im 18. Jahr der Bundesrepublik Deutschland hätte kaum besser illustriert werden können als durch dieses tumultuarische Geschehen unmittelbar vor Beginn der entscheidenden Sitzung des christdemokratischen Fraktionsvorstandes am Mittwochnachmittag letzter Woche.

Ludwig Erhard, 69, dessen Sturz nach dreijähriger Kanzlerschaft beschlossen werden sollte, kam zu spät - um 14.06 Uhr. Zwei Minuten später ertönte aus der noch halbgeöffneten Tür die Glocke des Fraktionsvorsitzenden Rainer Barzel, 42, jenes Mannes, der bis zu diesem Augenblick unbeirrt und geschickt die Regie der Kanzlerkrise geführt hatte und nun auf die Gunst des Augenblicks wartete, um zum Sprung auf die höchste Machtposition im Staat anzusetzen.

Dann wurden die Tore geschlossen, der entscheidende Akt des Dramas begann.

Kanzleraspirant Barzel, der sich kurz vorher in seinem modernen Reihenhaus zwischen Bonn und Bad Godesberg an einer von Frau Kriemhild gebratenen Ente gestärkt hatte, griff sofort an: Man müsse wieder zu einer tragfähigen Mehrheit im Parlament kommen und eine neue Regierung unter einer neuen Führung bilden. Er bitte deshalb den Bundeskanzler, er möge sich bereit erklären, für einen reibungslosen Übergang zu sorgen.

Barzel: »In dieser ernsten Situation müssen wichtige Entschlüsse gefaßt werden.« Und dann, zu Erhard gewandt: »Herr Bundeskanzler, wünschen Sie das Wort?«

Ludwig Erhard war sich der eigenen Tragik wohl bewußt. Der Kanzler tat etwas, was er in diesem Kreis noch nie getan hatte: Er stand auf und sprach frei, ohne seine vorbereiteten Notizen zu benutzen. Es handele sich, so diagnostizierte der glücklose Regierungschef, nicht um eine Staatskrise, auch nicht primär um eine Koalitionskrise, sondern um eine Führungskrise von Partei und Fraktion. Diese Krise gebe es nicht erst seit dem 10. Juli (dem Tag der christdemokratischen Wahlniederlage an Rhein und Ruhr), auch nicht erst seit dem Austritt der FDP-Minister aus der Regierung, sondern vom ersten Tage seiner Regierungsübernahme an.

Dann blickte der Kanzler seinen Stellvertreter im Parteivorsitz, Barzel, in dem er nicht erst seit gestern oder vorgestern, sondern schon seit Monaten einen Brutus sieht, voll an: »Ich klebe nicht an meinem Sessel. Ich weiß, daß ich auf die Dauer nicht ohne Mehrheit in meinem Amt bleiben kann.«

Nachdem Ludwig Erhard die erlösenden Worte gesprochen, hatte, befiel die christdemokratischen Vorstandsherren nach der Spannung der letzten Tage die Sorge um die Zukunft.

Denn nicht nur hatte der amtierende Kanzler keine Mehrheit. Auch keiner seiner möglichen Nachfolger - sei es Fraktionschef Rainer Barzel oder Außenminister Gerhard Schröder, Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier oder Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger oder gar Bundesinnenminister Paul Lücke - konnte sich auf ausreichende Gefolgschaft stützen.

Das lange Warten auf einen neuen Favoriten für das Kanzleramt, das der CDU/CSU wie der westdeutschen Bevölkerung jetzt bevorstand, begann mit einer Pause. Die Sitzung wurde für 15 Minuten unterbrochen. Um den Außenminister sammelten sich seine Anhänger aus dem evangelischen Lager, darunter der Hamburger Heinrich Gewandt, der Wuppertaler Otto Schmidt, der Frankfurter Hans Wilhelmi.

Die Schröder-Mannen beschlossen, auf Zeitgewinn zu spielen. Sie wollten verhindern, daß Rainer Barzel die für 17 Uhr einberufene Sitzung der Gesamtfraktion dazu benutze, einen Durchbruch zu erzwingen. Deshalb schlug Wilhelmi nach Wiederbeginn der Vorstandssitzung vor, daß Erhard in der nächsten Woche noch einmal versuchen solle, Koalitionsgespräche mit der FDP zu führen. Ihm assistierte sein hessischer Landesvorsitzender Wilhelm Fay, dem es darauf ankam, vor der Landtagswahl am Sonntag ein Chaos in Bonn zu vermeiden. Fay, der kurz zuvor den Kanzler auf CDU-Wahlversammlungen begleitet hatte, erklärte pathetisch: »Eine Welle der Sympathie strömt Erhard entgegen. Ich habe den Menschen bei den Wahlversammlungen ins Auge geblickt.«

Der junge Berliner Rechtsanwalt Ernst Benda, Anwärter auf den Justizministerposten in einem Barzel-Kabinett, der von seinem Landesverband die Anweisung bekommen hatte, Erhards Ablösung möglichst schnell zu betreiben, tat Fays Anpreisung ab: »Das ist eine rosarote Illusion.«

Franz-Josef Strauß, dem am 20. November Landtagswahlen in Bayern bevorstehen, unterstützte Benda: »Die Lage der Union ist erschreckend.« Der Kanzler, der im tiefsten Innern immer noch nicht glaubt, daß er seine Zugkraft bei den Wählern verloren haben soll, fuhr dem Bayern in die Parade: »Woher haben Sie denn diese Weisheit?« Strauß erwiderte: »Das ist meine Meinung, keine Weisheit. Ich gehöre keinem okkulten Zirkel an.«

Daraufhin ging »unter Leitung von Bundestagspräsident Gerstenmaier, der bereits während der Sitzung ein Konzept entworfen hatte, ein Redaktionskomitee daran, Erhards Abdankungs-Erklärung zu formulieren. Des Kanzlers korrekte These, es handele sich nicht um eine Regierungs-, sondern um eine Parteikrise, geriet dabei unter den Rotstift.

Aber auch ein Wunsch des Innenministers Paul Lücke wurde nicht berücksichtigt, der FDP die Schuld an dem Dilemma zuzuschieben. Als Befürworter einer Großen Koalition wollte der Innenminister die Freien Demokraten für die CDU koalitionsunfähig machen. Dagegen opponierte der Schröder-Partisan Gewandt, weil der Außenminister eher einer Kleinen Koalition zuneigt: Parteipolitische Polemik sei hier fehl am Platze. Eine solche Erklärung müsse eine gewisse Feierlichkeit haben.

Diese Feierlichkeit wollte der Oberkonsistorialrat Gerstenmaier mit der versöhnlichen Wendung erreichen, daß der Kanzler bereit sei, an einer neuen politischen Lösung »mitzuarbeiten«. Als Außenminister Schröder fragte, was darunter zu verstehen sei, erklärte ihm Gerstenmaier: »Dies bedeutet, daß Ludwig Erhard in die Gemeinschaft zurückkehrt, von der er getragen wird und aus der er kommt.« Daraufhin meldete sich Erhard erneut zu Wort und insistierte auf seinen »Rechten und Pflichten als Kanzler«. Der Bundestagspräsident bat um Unterbrechung der Sitzung und hatte während der kurzen Pause ein Gespräch mit dem Kanzler von Mann zu Mann. Er versicherte Erhard, daß niemand ihn überfahren wolle. Unter solchen Geburtswehen kam dann schließlich das dürre, doch inhaltsschwere Kommuniqué zustande: »Zu Beginn der Vorstandssitzung der CDU/ CSU-Fraktion erklärte Bundeskanzler Erhard, daß er in Wahrnehmung seiner verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten zusammen mit den berufenen Organen der CDU und der CSU daran arbeite, eine von einer parlamentarischen Mehrheit getragene Bundesregierung zu schaffen. An seiner Person werde das nicht scheitern. Der Vorstand der CDU/ CSU-Fraktion beschloß, der Fraktion zu empfehlen, zunächst den führenden Parteiorganen der CDU - Präsidium und Bundesparteivorstand - und der CSU Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.«

Später am Nachmittag nahm die Fraktion diesen Antrag einstimmig an, mit einer Enthaltung (Abgeordneter Josef Becker aus Pirmasens).

Krisenmanager Barzel, der den Kanzler-Rücktritt durch eine ständige Eskalation des Nervenkrieges gegen das Palais Schaumburg eingeleitet hatte, war halb am Ziel, doch er zahlte einen hohen Preis. Denn Ludwig Erhard behielt immer noch die - wenn auch nur minimale - Chance, seine Koalition mit der FDP zu erneuern, und er erhielt das Mitspracherecht bei der Benennung seines Nachfolgers.

Und so wie Adenauer einst mit aller Macht zu verhindern gesucht hatte, daß Erhard Kanzler wurde, ist Erhard nun entschlossen, zu verhindern, daß Barzel, der sich in Erhards Sicht bei dem innerparteilichen Ringen »die Hände beschmutzt« hat, Kanzler wird. Und dieses eine Mal schienen Erhards Chancen größer zu sein, als es die des Altkanzlers waren.

Halbheit im Erfolg hat die politische Karriere Barzels bisher begleitet.

Der in Ostpreußen geborene Katholik (SPIEGEL 13/1966) wuchs in Berlin auf, diente im Krieg als Seefliegeroffizier und studierte Jurisprudenz in Köln. Noch als Studiosus beschloß er, Politiker zu werden. Er wurde Führungsgehilfe eines CDU-Mannes, des damaligen -Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Karl Arnold, der ihm in den Bundestag verhalf.

Nach dem Tode Arnolds schwenkte Barzel in der CDU von links nach rechts. Mit Franz-Josef Strauß begründete er den antikommunistischen Propaganda-Verein »Rettet die Freiheit«. Als dieser Politklub mangels Zulauf und Geld einging, pendelte sich Barzel auf CDU-Mitte ein.

Barzel versuchte sich dort als Ideologe. Um der unter Adenauers Führung zu einem politischen Zweckverband entwickelten Christen-Union einen neuen weltanschaulichen Unterbau zu schaffen, stellte Barzel mit reichem Zitatenschatz eine Studie zusammen die der CDU Besinnung auf das hohe C im Parteinamen anempfahl. Barzel-These: »Wer C sagt, weiß aber, wohin er aufzustehen hat, wenn er gefallen ist.«

Auch damit reüssierte der Jungmann nicht. Dennoch wurde der unermüdlich aktive Nachwuchsmann Gesamtdeutscher Minister im letzten Adenauer-Kabinett.

Aber schon zehn Monate später, als Ludwig Erhard 1963 den Kanzlerthron bestieg, mußte Barzel sein Ressort wieder abgeben, weil der neue Regierungschef dem FDP-Vorsitzenden Erich Mende dieses Amt samt Vizekanzlerschaft auslieferte. Das hat Barzel weder Erhard noch Mende vergessen.

Barzel kehrte in die Fraktion zurück und wirkte während der langen Krankheit des Fraktionsvorsitzenden Heinrich von Brentano erfolgreich als Amtsverweser. Nach dem Tode des Edelmannes fiel ihm dieser Spitzenposten in natürlicher Erbfolge zu.

Dank seines politischen Managergeschicks bekam Barzel die Mammutfraktion gut in den Griff und fühlte sich bald stark genug, die nächsthöhere Stufe zu erklimmen: Als Erhard zögerte, meldete er Anfang dieses Jahres seinen Anspruch auf die Nachfolge Konrad Adenauers im CDU-Parteivorsitz an. Aber es wurde eine Bruchlandung. Statt Barzel wurde Erhard Parteivorsitzender.

Während dieser Kraftprobe wandelte sich das anfangs vertrauensvolle Verhältnis zwischen Erhard und Barzel in persönliche Aversion.

Erhard schnitt Barzel bei gesellschaftlichen Veranstaltungen und kürzte Sitzungen ab, wenn sein Partei-Vize erschien. Barzel warf Erhard Versagen vor und setzte wichtige politische Entscheidungen - wie den Botschafteraustausch mit Israel und das Haushaltssicherungsgesetz - durch.

Die beiden Machtpole der Bonner Staatspartei waren in Konflikt geraten. Von seinem Zimmer im Bundeshaus wies Barzel zuweilen mit der Hand rheinabwärts zum Palais Schaumburg und verkündete: »Nicht dort sind in letzter Zeit die wichtigsten Dinge entschieden worden, sondern hier an meinem Schreibtisch.«

Auch ein neuer Rückschlag trübte sein Selbstvertrauen nicht. Eine mutige, aber unvorsichtige Rede zum 17. Juni 1966 In New York, die er weder mit dem Kanzler noch mit dessen Außenminister abgestimmt hatte und in der er den Sowjets anbot, die Rote Armee auch nach einer deutschen Wiedervereinigung in Deutschland zu belassen, brachte ihm Tadel von höchsten Gremien der eigenen Partei ein.

Barzel war überrascht. Er selbst hatte die Rede als Stufe seines Aufstiegs zum Staatsmann betrachtet und sich während seines New Yorker Aufenthalts im Studio eines Porträt-Photographen ablichten lassen. Das gelungene Kunstwerk gefiel ihm so gut, daß er einen dicken Packen Abzüge mit heim an den Rhein brachte. Verteilt hat er sie dort allerdings noch nicht - sie zeigen Rainer Barzel in souveräner Kanzlerpose.

Obwohl die »Stop Barzel now«-Bewegung durch seine New Yorker Rede weiteren Auftrieb erhielt, trat der Fraktionschef in den letzten Wochen zum Endkampf gegen den Kanzler an.

Barzels Stunde kam, als Erhards Stellung wegen der Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen, der Bundeswehrkrise und des vergeblichen Versuchs des Kanzlers, bei Präsident Johnson einen Zahlungsaufschub für die deutschen Rüstungs-Milliarden zu erreichen, immer mehr erschüttert wurde.

In dem Sündenregister, das Barzel für Erhard eingerichtet hat, heißt es: Der Kanzler habe verschuldet, daß

- die CDU in der Gunst der Wähler

hoffnungslos abgefallen sei,

- die NPD wegen des schwindenden Vertrauens zur Bonner Demokratie immer mehr Zulauf gewinne,

- das Verhältnis zu Amerika sich fortwährend verschlechtert und die Freundschaft zu Frankreich schwer gelitten habe,

- Bonn die Ost-West-Entspannung

nicht berücksichtige,

- die Staatsfinanzen zerrüttet seien.

Nicht Nachgeben und Entschlußlosigkeit - so Barzel zum SPIEGEL könnten aus der Misere helfen, sondern nur Härte und Offenheit. Barzel zur amerikanischen Drohung des Truppenabzugs, falls Bonn nicht weiterzahle: »Ich würde mit Präsident Johnson Tacheles reden.«

Und zu dem Vorwurf, er sei der Anführer eines Komplotts gegen Erhard: »Das ist Unsinn, ich bin ein Einzelgänger. Aber die Fraktionsführung hat nun einmal die Pflicht zum Handeln, wenn das Kabinett es nicht schafft.«

Als Instrument seines Krisenmanagements dient dem Fraktionsvorsitzenden ein sogenannter »Elferrat«, ein Organ des Fraktionsvorstandes, das aus 16 Mitgliedern besteht: dem Vorsitzenden selbst, seinen sechs Stellvertretern Adorno, Blank, Brand, Strauß, Struve und Frau Brauksiepe, den drei paramentarischen Geschäftsführern Rasner, Rösing und Wagner und den Vorsitzenden der sechs Arbeitskreise der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion.

Diese Gruppe war sich schließlich einig, daß der Kanzler abgelöst werden müsse. Aber sie ist sich keineswegs einig, wer Erhards Nachfolger werden soll. So erklärte Theo Blank, ein Parteigänger des Außenministers Schröder, dem ambitionierten Barzel kürzlich: »Wenn du jetzt Kanzler wirst, was willst du dann mit 50 machen? Etwa als Bundeskanzler a. D. in der Weltgeschichte herumreisen?«

Barzel selbst sieht es anders: »Nur die Jüngeren können die deutsche Politik in ein neues Gleis bringen.« Und in diesem Sinne taktierte Rainer Barzel im Zusammenspiel mit jüngeren FDP -Abgeordneten so, daß es zum Koalitionskrach kam und die Kabinettsmitglieder der FDP am vorletzten Freitag ihre Entlassungspapiere erhielten.

Während Ludwig Erhard, der immer noch im Sinne hatte, durch eine neue Koalitionsehe mit der FDP seinen Gegnern ein Schnippchen zu schlagen, nach der Verabschiedung der vier liberalen Minister zu Erich Mendes Geburtstagsfeier eilte, war - am Freitagvormittag der vorletzten Woche - die christdemokratische Kamarilla bereits wieder ans Werk gegangen.

Der Elferrat tagte in Rainer Barzels

Bundeshaus-Büro. Einziger Punkt der Tagesordnung: Wie kann Erhard veranlaßt werden, das Kanzleramt besonders schnell zu räumen und den Weg für einen neuen Mann und eine neue Politik freizugeben? Die Fraktionsoberen befanden: Der Kanzler muß aufgefordert werden, sich eine Mehrheit innerhalb der CDU/CSU zu suchen, bevor neue Koalitionsverhandlungen mit den Freien Demokraten beginnen.

Punkt 15 Uhr marschierte das Exekutionskommando - Rainer Barzel, Ernst Benda, Theo Blank, Eduard Adorno und Franz-Josef Strauß - in das Kanzlerzimmer im Palais Schaumburg. Dort erwartete das Quintett eine Überraschung: Erhard war nicht allein.

An des Kanzlers Seite saß Außenminister Gerhard Schröder, potentieller Nachfolger zwar, aber doch in dieser Stunde der Entscheidung ein loyaler Führungsgehilfe. Kanzler und Minister vereinte die Empörung über das Treiben des Fraktionschefs der Christenpartei, der sich seinerseits nicht verblüffen ließ.

Keck äußerte Barzel sein Befremden: »Ich finde es sehr verwunderlich, daß zu einem Gespräch, um das die Fraktionsspitze den Herrn Bundeskanzler gebeten hat, auch der Herr Außenminister erscheint.«

Ungerührt übernahm Schröder die Rolle des Privatsekretärs: »Der Herr Bundeskanzler hat mich ausdrücklich ersucht, anwesend zu sein.« Mit gezücktem Federhalter, vor sich auf dem Tisch Notizzettel ausgebreitet, erwartete er den Vortrag Barzels.

Der CDU-Fraktionschef verlangte von Erhard, er solle sich zuerst einmal in der eigenen Partei und Fraktion eine Mehrheit suchen. Franz-Josef Strauß formulierte es härter: »Wie wollen Sie überhaupt die nächsten drei Tage noch überstehen? Sie finden keine Mehrheit mehr. Sie müssen zurücktreten.«

Flugs schob Schröder dem Kanzler einen Zettel mit juristischem Rat zu. Und Erhard explodierte: Er lasse sich nicht einschüchtern und werde notfalls bis zum Äußersten von seinen verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch machen.

Mit dieser unverhüllten Drohung hatte der selbstmörderische Kampf innerhalb der christlichen Union einen Höhepunkt erreicht. Des Kanzlers Attacke bedeutete nichts anderes als seine Bereitschaft, Artikel 68 des Grundgesetzes* anzuwenden, der dem Bundeskanzler das Recht gibt, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Und wenn der Kanzler dort keine Mehrheit findet, so kann er dem Bundespräsidenten die Auflösung des Parlaments vorschlagen.

Neuwahlen aber sind das, was die Unionsparteien gegenwärtig unter allen Umständen vermeiden müssen. Nach den letzten Meinungsumfragen würden sie nur 33 Prozent, die Sozialdemokraten dagegen, 53 Prozent der Stimmen erhalten.

Grußlos trennte sich die Schaumburg -Runde. Schröder zog das Fazit: »Hier werden Teller zerschlagen, von denen wir übermorgen noch essen wollen.«

Gestärkt durch die ihm von seinem Außenminister eingebleute Überzeugung, der Grundgesetz-Kanzler sei omnipotent und nahezu unabsetzbar wie ein Monarch, reiste Erhard noch am gleichen Freitagabend der vorletzten Woche im Schlaraffia-Bett seines Salonwagens in den hessischen Wahlkampf. Unter dem Jubel von Parteifreunden verkündete er in Ortschaften und Kleinstädten: »Ich werde nicht kapitulieren. Man hat mir zwar den Rat erteilt, das Handtuch zu werfen. Aber ich brauche kein Handtuch. Meine Hände sind sauber. Das Handtuch sollen die

nehmen, die sich die Hände schmutzig gemacht haben.«

Aber schon 24 Stunden später, am Sonntagmorgen, kam einer zu ihm, der sich die Hände bis dahin nicht schmutzig gemacht hatte: der westfälische CDU-Landesvorsitzende und frühere Geschäftsführende Vorsitzende der Gesamtpartei, Josef Hermann Dufhues, den Erhard als uneigennützigen Ratgeber schätzt. Der Bochumer Industrie -Anwalt hatte einen alten Kanzler -Freund, den Bad Godesberger Weckglas-Fabrikanten und CDU-Abgeordneten Alphons Horten, mitgebracht.

Dufhues war gekommen, um die politische Katastrophe zu verhindern. Er wußte inzwischen, daß die Kanzler -Stürzer sich überlegten, auf Erhards Verfassungsdrohung mit der Anwendung eines anderen Grundgesetzartikels zu antworten. Durch das konstruktive Mißtrauensvotum nach Artikel 67*** kann der Bundestag durch die Wahl eines Nachfolgers jeden Kanzler zum Rücktritt zwingen.

Dufhues beschwor die Erinnerung an bessere Tage und an das große Vertrauen, das die Partei so viele Jahre lang zu Erhard gehabt habe. Aber dann analysierte er die trübe Gegenwart: »Herr Bundeskanzler, die Basis dieses Vertrauens ist nicht mehr gegeben, weder von der Partei her noch von der Fraktion.«

Diesmal war Erhard wirklich betroffen. »Sehen Sie denn die Dinge wirklich so ernst?« Dufhues blieb dabei. Es habe keinen Zweck, sich etwas vorzumachen oder über Dankbarkeit oder Undankbarkeit in der Politik zu philosophieren: »So etwas zählt nicht. Sie müssen die Realitäten sehen.«

Ludwig Erhard begriff nun endlich, seine Lage, aber zugleich erwachte sein Stolz. »Glauben Sie, ich hänge an diesem Amt? Aber freiwillig gehe ich nicht, da unterscheide ich mich von Adenauer. Wenn die CDU meinen Rücktritt wünscht, dann muß sie entsprechende Beschlüsse fassen. Diese offene Entscheidung nehme ich der Partei nicht ab.«

Rainer Barzel, nach Parteichef Erhard erster stellvertretender Vorsitzender der CDU, nahm die Herausforderung des Kanzlers an. Telegraphisch berief er für letzten Mittwoch Fraktionsvorstand und Gesamtfraktion zu einer Sondersitzung nach Bonn.

Während Kanzler-Kandidat Barzel so mit Brachialgewalt den Stuhl, auf den er sich setzen möchte, freizuräumen gedachte, ventilierte der mit den Künsten, der Diplomatie vertraute andere Kanzler-Kandidat Schröder feinere Methoden.

Mit Parteifreunden aus seiner »Hausmacht«, dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU - Schröder ist dessen Vorsitzender -, besprach der Außenminister die Möglichkeit, den Militärbischof und Bonner Beauftragten der

EKD, Hermann Kunst, am Reformationstag in den Kanzler-Bungalow zu entsenden, damit der geistliche Herr wie ein Beichtvater an mittelalterlichen Höfen den Kanzler von der Notwendigkeit eines Rücktritts überzeuge.

Aus diesem Plan wurde nichts. Statt des Kirchenmannes aber ging der trotz seines Rücktritts immer noch amtierende Kanzleramts-Minister Westrick am Luthertag zu Erhard, um dem alten Kampfgefährten einen letzten Rat zu geben: »Sie können die Sache nicht mehr reißen.«

Die Feiertagsstille des katholischen Allerheiligenfestes am Dienstag letzter Woche nutzte Protestant Erhard zu innerer Einkehr. Ganz allein saß der Verlassene an dem frostigen Sonnentag in seiner Villa und schaute in den Park des Palais Schaumburg, wo die letzten Blättert von den Bäumen fielen. Nebenan im Amtsgebäude tagte noch einmal die Denker-Runde seines »Sonderkreises«. Aber außer dem Getreuesten aller Getreuen, dem Bürochef Ministerialdirektor Hohmann, durfte keiner zu ihm; Erhard wollte niemanden sehen.

Am selben Dienstag saßen im renommierten Hotel »Erbprinz« zu Ettlingen in Baden sechs CDU-Landesfürsten - die Vorsitzenden der vier baden württembergischen Landesverbände sowie der Landesverbände von Rheinland-Pfalz und der Saar - bei badischem Wein zusammen. Ferngesteuert von Dufhues, schickten die Parteiführer, die in ihrer Mehrheit weder Barzel noch Schröder, sondern den Stuttgarter Ministerpräsidenten Kurt Georg Kiesinger zum Kanzler küren wollen, ein Telegramm an die Bundestagsfraktion nach Bonn: Es dürfe keine Entscheidung über Erhards Nachfolge fallen, bevor nicht die zuständigen Parteigremien befragt worden seien.

Die »Erbprinzen« wollten verhindern, daß die Fraktion in einer Kurzschlußhandlung Rainer Barzel als Retter aus der Parteikrise auf den Schild hob.

Dann brach am letzten Mittwoch der Tag der Wahrheit für Ludwig Erhard an. Auf dem Köln-Bonner Flughafen Wahn trafen sich in den frühen Morgenstunden, aus allen Bundesländern kommend, Mitglieder der Fraktionsvorstände von CDU und SPD. Denn auch Herbert Wehner, amtierender Fraktionschef der Sozialdemokraten anstelle des kranken Fritz Erler, hatte seine Mannen herbeigerufen.

Um zehn Uhr trat das Rumpfkabinett zusammen, um den von Ersatz-Finanzminister Schmücker in zwei Nachtschichten umgearbeiteten Bundeshaushalt für 1967 zu beraten und Personalfragen zu erledigen.

Der Kanzler beteiligte sich schon nicht mehr an der. Diskussion, sondern beschränkte sich darauf, das Wort zuerteilen. Anschließend' setzte sich Erhard an seinen Schreibtisch und brachte mit grüner Cheftinte seinen letzten Kanzlerwillen zu Papier, den er am

frühen Nachmittag in der Fraktionsvorstandssitzung vortragen wollte.

Um elf Uhr traf sich der Elferrat und besprach das Drehbuch für den nächsten Akt des Kanzlerdramas. Die Herren vermieden es, über Nachfolger-Namen zu sprechen, da sich alle mißtrauisch beäugten. So palaverte man nur über das Verfahren. Die Runde war sich einig, Erhard schonend zu behandeln, um ihn nicht so zu reizen, daß er doch noch im Bundestag die Vertrauensfrage stellt. Dem Kanzler - so argumentierten die Fraktionsoberen - müsse deshalb Achtung für seine geschichtliche Leistung ausgesprochen und ein »in Inhalt und Form würdiger« Abschied gewährt werden. Jedermann hatte die starke Position eines uneinsichtigen Kanzlers vor Augen, denn, so formulierte es der CDU-Abgeordnete Ernst Majonica, »man kann eben einen Toten nicht mit seiner Beerdigung schrecken«.

Franz-Josef Strauß - der CSU-Chef weiß, daß er kein Kanzler werden wird, daß aber gegen ihn und seine Partei nichts geschehen kann, weshalb er in diesen Bonner Stürmen mit ungewohnter Ruhe agierte - formulierte eine vorsichtige Erklärung: »Der Bundeskanzler wird gebeten, jetzt die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um den Übergang zu einer neuen Regierung einzuleiten.«

Der ungestüme Barzel-Adjutant will Rasner, schon seit Jahren parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU -Fraktion und immer noch unbefriedigter Ministeranwärter, verschärfte diesen Text durch die Worte »unter neuer Führung«.

Rasner war es auch, der die Beschlußformel ans Kanzleramt durchtelephonierte mit dem Hinweis, sie werde dem Fraktionsvorstand und der Fraktion als Antrag vorgelegt werden.

Der Kanzler hatte längst jedes Gefühl parteifreundlicher Verbundenheit zu den Mitgliedern der Kamarilla verloren. Vor und nach der Fraktionsvorstandssitzung, auf der er seine Bereitschaft zum Rücktritt erklärt hatte, gab er keinem Elferrats-Mitglied mehr die Hand. Derart innerlich getrennt, aber doch durch den Zwang der Ereignisse verbunden, gingen Kanzler und Fraktionsvorstand dann gemeinsam am Mittwochnachmittag hinüber in die Fraktionssitzung.

Kaum hatte Erhard seinen angestammten Platz neben Fraktionschef Barzel eingenommen, wiederholte er seine Erklärung, daß er dem Parteiglück mit einem neuen Kanzler nicht im Wege stehen wolle. Auch dort erlöste er die verängstigten Abgeordneten von dem Alpdruck möglicher Neuwahlen. Erhard: »Ich beabsichtige nicht, egal wie die Konstellationen sich stellen, von der Möglichkeit des Grundgesetz -Artikels 68 Gebrauch zu machen.«

Wie drei Stunden zuvor die Vorstandsmitglieder, so mußten sich nun auch die übrigen CDU-Abgeordneten erst einmal fassen. Zweimal rief Barzel zur Diskussion auf. Aber es dauerte einige Zeit, bis sich die ersten Redner zu Wort meldeten und ihre Dankbarkeit bezeugten. Georg Schulhoff, Handwerkerverbands-Funktionär aus Düsseldorf, prophezeite: »Eines Tages werden in allen Handwerker-Stuben Erhard-Bilder hängen. Dann wird man auf das Bild zeigen und sagen: Ja, ja, das waren noch Zeiten.«

Schreinermeister Johann Peter Josten aus Oberwesel demonstrierte, in welche Verwirrung schlichte CDU-Gemüter geraten waren: »Wir müssen auch die Wahl in Rheinland-Pfalz (im Frühjahr) mit Ludwig Erhard führen. Aber natürlich kann er nicht mehr Bundeskanzler sein.« Die Fraktion lachte.

Margot Kalinke schließlich richtete ihren Groll unvermittelt gegen Barzel: »Ich habe das Gefühl, daß hier sehr unchristliche Leute am Werk waren.« Noch vor kurzer Zeit habe der Fraktionsvorsitzende erklärt, »Erhard ist und bleibt Bundeskanzler«. Jetzt lese man Barzels Namen als Bewerber um die Nachfolge.

Frau Kalinke wollte auch wissen, wer denn alles für die Entschließung verantwortlich sei. Nun sprang Chefredakteur Gerstenmaier dem Kollegen Barzel bei und betonte, daß er maßgeblich an der Kanzler-Abdankungserklärung mitgewirkt habe. »Hier stehe ich«, erklärte der Kirchenmann nach bester Luther-Art, »und es kann wohl keiner an meinen lauteren Absichten zweifeln.«

Wie Innenminister Paul Lücke ("Ich bin für eine breite Konzeption und ein Mehrheitswahlrecht") und der CSU -Bundestagsabgeordnete von und zu Guttenberg, so hatte auch Gerstenmaler zu diesem Zeitpunkt bereits erste zarte Fäden zur Opposition gesponnen.

Nach einer sehr persönlichen Unterhaltung mit Gerstenmaier hatte ein führender SPD-Abgeordneter Willy Brandt geraten, einmal mit dem Bundestagspräsidenten ("Ich bewerbe mich nicht, ich unterstütze jeden guten Mann, stehe aber notfalls auch zur Verfügung") zu sprechen. Brandt bat im Büro Gerstenmaier um einen Termin, und der wackere Schwabe sagte, trotz aller Zurückhaltung der letzten Zeit, zu. Aber die für Donnerstagabend in Frankfurt vorgesehene Zusammenkunft kam aus Termingründen nicht zustande. Sie soll demnächst nachgeholt werden.

Trotz dieser Panne wuchs in der CDU/CSU Ende letzter Woche die Bereitschaft, eine Koalition mit den Sozialdemokraten zu riskieren, falls sich die FDP bei den Koalitionsgesprächen in dieser Woche allzu widerspenstig zeigen sollte. Alle führenden CDU/ CSU-Politiker mit Ausnahme Erhards, aber einschließlich des CSU-Chefs Franz-Josef Strauß ("Ich habe keine Ambitionen, ich will nicht einmal unbedingt ins nächste Kabinett"), insbesondere alle Kanzlerkandidaten, versicherten dem SPIEGEL, sie seien nach beiden Seiten offen.

Diese langsame Öffnung nach links ist nicht allein taktisch bedingt, um die FDP unter Druck zu setzen. Sie entspricht der Stimmung unter vielen vorwiegend katholischen CDU-Mitgliedern, die der FDP ihren Liberalismus nicht verzeihen und denen die elastische Ost-Politik der Freien Demokraten unheimlich ist.

Dabei haben es die Christdemokraten letzten Endes der neuen FDP-Propaganda zu danken, wenn sie heute den unfähigen Kanzler Erhard zu einem Zeitpunkt loswerden, wo sie noch hoffen können, ihre Partei bis zu den Bundestagswahlen 1969 zu regenerieren.

Eine solche Regeneration haben sich alle Anwärter auf Erhards Amt zum Ziel gesetzt, Barzel wie Schröder, Gerstenmaier wie Kiesinger. Zwischen ihnen und anderen führenden Unions-Politikern haben schon zahlreiche Aussprachen stattgefunden; selbst die ehemaligen Intim-Feinde Schröder - Strauß fanden sich zu einem längeren Gespräch zusammen. Auch Kiesinger nahm den Kontakt zu Strauß auf. Gerhard Schröder fand für dieses Treffen die exakte Formel: »Wir müssen in stärkster Besetzung antreten, und es darf nicht wieder vorkommen, daß sich in der Fraktion eine Art-Nebenregierung bilden kann.«

In der Tat: Ludwig Erhards Unvermögen als Richtlinienkanzler hatte dazu geführt, daß das Gravitationszentrum der Macht langsam vom Kabinett zur Fraktionsspitze wanderte, bis von dort aus der K.-o.-Schlag gegen den Kanzler geführt werden konnte.

Ludwig Erhard, den die Deutschen im vergangenen Jahr als Symbol ihres Wirtschaftswunders mit großer Mehrheit im Amt bestätigten, hat nun nur noch den Wunsch, die bürgerliche Koalition als Garantie seiner »Formierten Gesellschaft« zu retten. Darüber will er in dieser Woche mit den Freien Demokraten sprechen, und deshalb will er bei der Auswahl seines Nachfolgers mitbestimmen.

Für sich selbst erwartet er nichts mehr. Wie es im Hause Erhard aussieht, darüber ließ sich seine Frau Luise aus: »Hat man denn so etwas schon erlebt, wie meinem Mann bei seinen einmaligen Leistungen von gewissen Leuten mitgespielt wurde, von denen doch mancher seine Position nur ihm verdankt. Und jetzt sollen wir hier aus dem schönen Bungalow 'raus. Aber wohin eigentlich, jetzt im Winter?«

In der Nacht zum Freitag letzter Woche fiel in Bonn der erste Schnee.

* Artikel 68 Absatz 1 des Grundgesetzes: Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der (gesetzlich vorgeschriebenen) Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner (gesetzlich vorgeschriebenen) Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.

*** Artikel 67. Absatz 1, des Grundgesetzes: Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit der (gesetzlich vorgeschriebenen) Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen, Der Bundespräsident muß dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.

de Volkskrant, Amsterdam

Die Schlacht um Deutschland - Zeppelin Erhard: »Uff ...«

Wahlredner Erhard in Hessen: »Den Menschen ins Auge geblickt«

New Yorker Barzel-Photo

In Bonn noch nicht verteilt

Kanzler-Gehilfe Schröder*

»2-0-7-2-0-8-2«

Kanzler-Gegner Strauß (mit Barzel)**: »ich gehöre keinem okkulten Zirkel an«

Kanzler-Rotgeber Dufhues

»Dankbarkeit zählt nicht«

Erhard-Gattin Luise im Kanzler-Bungalow. »Wo sollen wir hin, jetzt im Winter?«

* Vor der CDU/CSU-Fraktionssitzung am 2. November 1966.

** Im Bonner Bundeshaus am 3. November 1966.

Zur Ausgabe
Artikel 1 / 79
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren