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JAGD / RECHT Schonzeit für Füchse

aus DER SPIEGEL 13/1967

Bundesdeutsche Jäger werden künftig in den kargen Monaten Februar, März und April, in denen sie ohnehin weder auf Haselhahn noch Hirsch pirschen durften, kaum dazu kommen, »den Rost aus der Flinte zu schießen« (Jägerjargon).

Bundesernährungsminister Höcherl, 54, Jungjäger seit 1960, hat eine »Verordnung über die Jagdzeiten« präsentiert, die noch in diesem Frühjahr in Kraft treten soll und für die Mehrheit der heimischen Wildarten neue Schon- und Schußzeiten festsetzt:

> Wildschwein, Kaninchen, Fuchs, Iltis, Nerz, Wiesel, Bläßhuhn. Haubentaucher, Säger, Fischreiher, Habicht und Sperber, bisher ganzjährig zum Abschuß frei, erhalten Schonzeiten bis zu acht Monaten.

> Für einjähriges weibliches Rotwild, Auer- und Birkhahn, Rebhuhn, Ringeltaube, Wildgans und -ente, Bekassine, Brachvogel und Bussard werden die bisherigen Schußzeiten. -- teilweise erheblich -- gekürzt.

> Murmeltier, Fischotter, Hasel- und Trapphahn, Fischadler und Rohrweihe -- bisher zeitweise zum Abschuß frei -- dürfen überhaupt nicht mehr bejagt werden.

Mit der Verordnung kommt die Bundesregierung den Naturschutzorganisationen einen Hasensprung entgegen. Professor Dr. Bernhard Grzimek« Deutschlands unterhaltsamster Tierschützer, bekämpft vom Fernsehschirm aus nicht nur die »verfluchte« Mode, Leopard zu tragen, sondern möchte auch heimische Tierarten vor dem Aussterben bewahren.

Dem trägt die neue Verordnung durch die Schutzmaßnahme zum Beispiel für Murmeltier, Sperber und Wildgans Rechnung. Die Bundesländer können -- wie bisher -- abweichende Schußzeiten festlegen, wenn es etwa gilt, einen den landschaftlichen Verhältnissen angepaßten Wildbestand zu erhalten.

Doch vielen Naturschützern erscheint Höcherls Jagdzeitenverordnung nicht fortschrittlich genug. Sie fordern vor allem für Raubvögel absoluten Schutz, schon weil sie meinen, Deutschlands Weidmänner könnten die einzelnen Arten nicht auseinanderhalten. Dr. Gerhard Thielcke von der Vogelwarte Radolfzell fürchtet denn auch, viele Jäger würden weiterhin »auf alles schießen, was einen krummen Schnabel hat«.

Einige der bisher ganzjährig bejagten Tiere, die .nicht vom Aussterben bedroht sind -- zum Beispiel Fuchs, Kaninchen, Bläßhuhn -, verdanken künftig die zeitweilige Ruhe vor Kugel und Schrot jedoch weniger der Naturschutzlobby als einer ministeriellen Fehlleistung.

Paragraph 22 Absatz 4 des Bundesjagdgesetzes verbietet den Abschuß von zur »Aufzucht notwendigen Elterntieren« auch sonst nicht geschützter Tierarten während der Brut- und Setzzeiten. Wann aber Setz- und Brutzeit ist, bestimmte bislang nicht Mutter Natur, sondern der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:

> für Haarwild die Zeit vom 1. März bis 15. Juni,

> für Federwild die Zeit vom 1. April bis 15. Juli.

Das besagte die bisher geltende »Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten« vom 7. April 1961, die von Höcherls neuer Vorschrift abgelöst werden soll. Mit der Begründung, das Bundesjagdgesetz enthalte »keine Ermächtigung, Brut- und Setzzeiten zu bestimmen«, wurde daher der Schutz der Elterntiere auf die ganze Art ausgeweitet.

Unverändert verbleibt deutschen Jägern jedoch ein knalliges Frühjahrsvergnügen: den Schnepfen auf dem Strich zu lauern. Und Schwein haben sie das ganze Jahr über. »Noch nicht einjähriges Schwarzwild« darf zu jeder Zeit geschossen werden.

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