ÖSTERREICH / OSTPOLITIK Schwarzer Riese
In Bulgarien tanzte ·der Schwarze Riese die Tänze des Landes. In Rumänien spielte er am Strand von Mamaia Fußball mit ostdeutschen Touristen. In Ungarn fütterte er Hühner. Zwischen Leningrad und Tiflis schüttelte er Russen-Hände.
Viermal reiste Österreichs Bundeskanzler Josef Klaus, 57, in diesem Jahr mit zähem Charme und christkatholischem Sendungsbewußtsein -- daher der Waschmittel-Spitzname -- nach Osteuropa.
Weil Klaus im Gespräch mit dem Osten »Österreichs eigentliche Aufgabe und Chance für heute und morgen« sieht, ging er sogar im Urlaub auf Ostkurs: Im Hochsommer ließ er sich auf dem sowjetischen Donauschiff »Amur« bis ins Schwarze Meer fahren.
»Doch außer tiefen Eindrücken«, so kritisierte der Abgeordnete Gustav Zeillinger die Charme-Offensive des Regierungschefs, »hat der Herr Bundeskanzler nichts mitgebracht.«
Tatsächlich stieß der Schwarze Riese überall im Osten auf Ablehnung oder mußte sich allenfalls mit vagen Versprechungen zufriedengeben:
> In der Sowjet-Union wollte Klaus im März Moskaus Einverständnis für Österreichs EWG-Furt einholen. Ergebnis: ein unverändert hartnäckiges »Njet«.
> In Ungarn verhandelte Klaus im Mai über den Abbau des Minengürtels an der österreichisch-ungarischen Grenze. Ergebnis: Die Magyaren ersetzen den bisherigen Eisernen Vorhang durch ein sechsfach gestaffeltes System modernster Stromfallen und Alarmraketen. > In Rumänien plädierte Klaus im Juli dafür, die Anträge von etwa 1200 Volksdeutschen in Siebenbürgen und im Banat auf Ausreise zu ihren Verwandten in Österreich und der Bundesrepublik zu genehmigen. Ergebnis: keinerlei Zusagen.
> In Bulgarien bemühte sich Klaus in der vorletzten Woche, den Handelsverkehr zwischen beiden Ländern anzukurbeln. Ergebnis: die sehr vage Erklärung des Ministerpräsidenten Schiwkoff, Bulgarien hoffe »das Passivum in der Handelbilanz mit Österreich beseitigen und dann auch mehr Waffen kaufen zu können.
Angesichts dieser Mißerfolge warfen die oppositionellen Sozialisten -- bis 1966 noch ÖVP-Dauerpartner in der Großen Koalition und in den März-Wahlen nicht zuletzt wegen unerbetener KP-Hilfe unterlegen -- dem Kanzler nun »Ostanfälligkeit« vor.
Vergebens verteidigte der Schwarze Riese seine Vorliebe für Rot. In der ÖVP-Tageszeitung »Volksblatt« berief er sich auf eine Uno-Resolution zur Kontaktförderung zwischen Staaten verschiedener Gesellschaftsordnungen und dozierte: »Man muß auf eine aggressive Verbreitung der eigenen Grundsätze verzichten.«
SPÖ-Chef und Ex-Außenminister Bruno Kreisky sprach von »würdelosen Kotaus« vor den östlichen Machthabern; die sozialistische »Arbeiterzeitung« schimpfte über die »butterweiche Freundlichkeit«.
Am vorletzten Wochenende konnte die Opposition triumphieren: Bei Gemeinde- und Landtagswahlen erlitt die Klaus-Partei ihre schwerste Schlappe seit Jahren.
Sie verlor vor allem ihre Domäne Oberösterreich. Zum erstenmal wurde ein Sozialist Landeshauptmann in Linz.