Selbstzensur in Österreich
Das letzte aus der Waldheimat: Die »Wiener Zeitung«, offizielles Amtsblatt der Republik Österreich, plante zu den Anschluß-Gedenkfeiern im März 1988 eine Magazin-Beilage über Bücherverbrennung und Autorenverbot, Zensur und Selbstzensur. Zwei Beiträge befaßten sich kritisch mit der »Neuen Kronen-Zeitung« - Österreichs meistgelesenem Blatt, das mit antisemitischen Parolen und Appellen ans dumpfe Volksempfinden publizistische Rückgrat des geächteten Bundespräsidenten Kurt Waldheim ist. Als nun ein »Krone«-Kolumnist den täglich drei Millionen Lesern (bei siebeneinhalb Millionen Gesamteinwohnerzahl) meldete, Rechtsanwälte würden gegen die traditionell harmlose »Wiener Zeitung« eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe vorbereiten, »für die wiederum die Steuerzahler aufkommen müßten«, zuckten die Verantwortlichen der »Wiener Zeitung« zurück: Die Beilage, teilweise schon gedruckt, wurde nicht veröffentlicht. Ein Redakteur zur Selbstzensur des Amtsblattes in Sachen Zensur: »Ein Kampf gegen die 'Krone' ist existenzgefährdend.«