»Sie werden sehr hart arbeiten müssen«
SPIEGEL: Herr Minister, bei dem letzten Opec-Treffen in Doha weigerten Sie sich, gemeinsam mit den anderen Ländern des Kartells Preiserhöhungen von insgesamt 15 Prozent zu beschließen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wollen sich statt dessen mit fünf Prozent begnügen. Seither gelten Sie im Westen als eine Art arabischer Superstar. Irritiert Sie das?
JAMANI: Nein, keineswegs. Obgleich ich mich selbst nicht als Superstar sehe. Aber ich denke, daß ich etwas Gutes für die westliche Welt, aber auch für die Entwicklungsländer und für Saudi-Arabien getan habe.
SPIEGEL: Gleich für alle drei?
JAMANI: Ja.
SPIEGEL: Die westlichen Außenminister sind ohne Zweifel Ihrer Ansicht. Ihre Kollegen aus der Opec dagegen machen Ihnen Vorwürfe, Der irakische Ölminister zum Beispiel verdächtigte Sie, Sie ständen »im Dienst des Imperialismus und Zionismus«, die iranische Regierung behauptet, Sie seien ein Werkzeug der USA. Was halten Sie davon, wird die Opec zerbrechen?
JAMANI: Die Opec wird nicht zerbrechen. Ich sage nichts über diese Dinge. Ich lächle nur darüber, denn die Iraner wissen selbst genau, daß ich nicht ein Werkzeug der Amerikaner bin.
SPIEGEL: Sind Sie da sicher?
JAMANI: Ja. Zumindest die Spitzenleute wissen, daß ich kein Werkzeug bin und warum ich es nicht bin.
SPIEGEL: Warum zogen Sie bei der Preiserhöhung nicht mit?
JAMANI: Dafür gibt es wichtige wirtschaftliche und politische Gründe. Wir haben -- seltsam genug -- dieselbe Ansicht wie die Iraner über die politischen Faktoren. Wir sind äußerst beunruhigt über die wirtschaftliche Lage des Westens, beunruhigt über die Möglichkeit einer neuen Rezession, beunruhigt über die Situation in Großbritannien, Italien, sogar in Frankreich und einigen anderen Nationen. Und wir wollen nicht, daß in Frankreich oder Italien ein anderes Regime an die Macht kommt.
SPIEGEL: Sie meinen ein kommunistisches?
JAMANI: Ja. Auch in Spanien ist die Situation nicht so gesund, dasselbe gilt für Portugal. Außerdem: Wenn die wirtschaftliche Erholung nicht stattfindet, wird es für Saudi-Arabien nicht nur eine politische Bedeutung haben. Es würde Saudi-Arabien ökonomisch treffen. Und schließlich gibt es einen dritten Faktor: Wir arbeiten mit Ihnen zusammen und versuchen dabei unser Bestes. Der Westen kann sich darauf verlassen, daß er hier einen Freund hat, der viel für ihn tun kann.
SPIEGEL: Sie erhöhen am 1. Januar Ihre Preise um fünf Prozent, die anderen Opec-Länder um zehn Prozent. War es dieser Unterschied wert, die Opec-Solidarität aufs Spiel zu setzen?
JAMANI: Es geht nicht um den Unterschied zwischen fünf und zehn. Es geht um den Unterschied zwischen fünf und wenigstens fünfzehn. Nur weil Saudi-Arabien zunächst darauf bestand, die Preise einzufrieren, und später lediglich fünf Prozent akzeptierte, konnten die anderen nicht höher gehen. Im übrigen bestanden sie auf ihren 15 Prozent, die sie allerdings in zwei Etappen erreichen wollen: zehn Prozent im Januar, weitere fünf Prozent im Juli. Und noch eines: Ein Unterschied von fünf Prozent ist für Ihre Wirtschaft durchaus nicht klein, wenn Sie einmal nachrechnen.
SPIEGEL: Sie messen den Folgen höherer Ölpreise auf die westlichen Länder offenbar mehr Bedeutung bei als Ihre Opec-Kollegen. Sind Sie besser informiert, haben Sie mehr Verantwortungsgefühl, oder sind Sie nur zu zaghaft, wie manche Opec-Partner behaupten?
JAMANI: Ich bin nicht besser informiert, denn die anderen haben dieselben Informationsquellen wie ich. Aber vielleicht sind wir in einer besseren Position, um ein neutrales, objektives Urteil zu haben.
SPIEGEL: Warum?
JAMANI: Wenn Sie Geldsorgen haben wie Algerien zum Beispiel ...
SPIEGEL: ... oder der Iran ...
JAMANI: ... kümmern Sie sich zunächst einmal um sich selbst. Erst danach denken Sie über andere nach. Wir können es uns leisten, über die anderen nachzudenken. Sie fragten, ob wir zaghaft seien. Ich denke, wir sind nicht zaghaft. Wir machten als erste aus Öl eine politische Waffe, als wir 1973 das Ölembargo beschlossen. In beiden Fällen sind wir mutig gewesen, in Doha wie vor drei Jahren.
SPIEGEL: Nach der Opec-Konferenz erklärten Sie, Ihr Land erwarte, daß seine Zurückhaltung honoriert werde. Fortschritte sowohl bei der Internationalen Rohstoffkonferenz in Paris als auch bei den Versuchen um eine Friedenslösung für den Nahen Osten seien notwendig.
JAMANI: Darauf müssen wir bestehen.
SPIEGEL: Was muß der Westen tun, um Ihre Forderungen zu erfüllen?
JAMANI: In der Rohstoffkonferenz muß der Westen Zugeständnisse bei den Rohstoffen, dem Transfer von Technologie und den finanziellen Problemen der Entwicklungsländer machen. Und in Israel müssen die Resolutionen der Vereinten Nationen durchgesetzt werden. Nicht mehr, nicht weniger. Das besetzte Land muß zurückgegeben werden, damit es eine Nation Palästina geben kann. Danach können die Einzelheiten besprochen werden.
SPIEGEL: Was geschieht, wenn sich 1977 weder in Paris noch im israelischarabischen Konflikt Fortschritte abzeichnen?
JAMANI: Dann werden wir unseren Antrieb verlieren, Ihnen zu helfen. Denn der Westen und hier meine ich die Vereinigten Staaten -- ist in der Lage, eine Friedenslösung in dieser Region durchzusetzen. Wir sind nicht der Meinung, daß dieses Problem, das nun schon 28 Jahre besteht, in dieser Zeit nicht gelöst werden könnte. Immerhin ist in der Haltung der arabischen Länder ein ernstlicher Wandel eingetreten. Jene Länder, die an Israel grenzen, sind grundsätzlich bereit, den Staat Israel anzuerkennen und einen Vertrag zu schließen. Alles, was die Israelis vor 1967 wollten, wird ihnen heute angeboten -- alles. Weshalb sollte diese Gelegenheit zu einer friedlichen Lösung nicht genutzt werden?
SPIEGEL: Vor der Doha-Konferenz hat der saudiarabische Botschafter in Washington mit dem designierten US-Außenminister Cyrus Vance gesprochen. Gibt es zwischen Ihrer Ölpreiserhöhung und der Haltung der Carter-Administration irgendein Junktim?
JAMANI: Nicht eigentlich ein Junktim. Es gibt keine Verpflichtung der Amerikaner, daß sie dieses tun, wenn wir jenes tun. In der Politik tut man etwas und erwartet eine Gegenleistung.
SPIEGEL: Mr. Carter sagte, er lehne jede Art von Junktim ab.
JAMANI: Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich das auch sagen. Diese Art von Statements wird von der starken zionistischen Lobby diktiert. Niemand kann aber leugnen, daß es eine Verbindung gibt. Jeder weiß das, die Vereinigten Staaten und sogar Israel. Sie hassen das, sie versuchen, es zu verheimlichen, aber man kann nicht Tatsachen verheimlichen.
SPIEGEL: Erwarten Sie, daß der neue US-Präsident Carter nach seinem Amtsantritt am 20. Januar Ihren Forderungen gerecht wird und die Bemühungen um einen arabisch-israelischen Frieden beschleunigt?
JAMANI: Wir hoffen, daß er schneller sein wird als frühere US-Regierungen. Bei uns dachten manche, daß Carter für die arabische Sache nicht gut sei, daß er nicht neutral sein würde. Aber inzwischen gibt es einige Anhaltspunkte für das Gegenteil. SPIEGEL: Welche Anhaltspunkte? JAMANI: Seine Äußerungen, seien sie nun öffentlich oder privat; auch der Typ von Mitarbeitern, die jetzt in die Administration gehen. All das gibt uns einige Hoffnung.
SPIEGEL: Wir möchten auf die gespaltenen Ölpreise zurückkommen. Wie kann dieses System eigentlich funktionieren?
JAMANI: Wir werden dafür sorgen, daß die Ölgesellschaften nicht einen Penny vom billigen Saudi-Rohöl nehmen und ihn in die eigenen Taschen stecken. Wir wollen, daß niedrige Preise den Konsumenten zugute kommen. Und dabei werden wir hart bleiben.
SPIEGEL: Wie wollen Sie das schaffen?
JAMANI: Erstens: Wir haben Mittel und Wege dazu. Die Ölgesellschaften brauchen Saudi-Arabien. Und sie wissen, daß sie bestraft werden, wenn sie sich nicht so verhalten, wie wir das erwarten. Zweitens: Die Konsumenten sind ja nicht blöd. Sie werden darauf achten, daß sie aus dieser Situation Nutzen ziehen können. Im übrigen werden Angebot und Nachfrage darüber entscheiden, was passieren wird. Nicht im Januar, nicht im Februar, aber irgendwann in der Zukunft.
SPIEGEL: Welche Preisentwicklung erwarten Sie?
JAMANI: Einige Ölproduzenten werden herausfinden, daß ihre Preise nur schwer durchzusetzen sind, wenn sie ihre Produktion nicht zurückfahren. Und weil es keine offizielle Preisverpflichtung gibt, sind sie letzten Endes in ihrer Preis-Entscheidung frei, wie sie auch in der Vergangenheit frei waren. Sie werden anfangen, ihre Preise herabzusetzen.
SPIEGEL: Weil Sie Ihre Ölförderung erhöhen?
JAMANI: Unsere Produktion wird allmählich steigen. Es könnte sogar sein, daß der Ölpreis schließlich unter die von Saudi-Arabien beschlossene Höhe fallen wird. Aber selbst dann ist Saudi-Arabien in der Lage, damit fertig zu werden. Wir würden unsere Produktion einfach wieder drosseln.
SPIEGEL: Wie wollen Sie die Ölgesellschaften, die über saudiarabisches Öl verfügen, daran hindern, zusätzliche Gewinne zu machen? Auch Sie können den multinationalen Konzernen nicht in die Tasche sehen.
JAMANI: Wir können den europäischen Markt beobachten und herausfinden, zu welchem Preis die Ölprodukte gehandelt werden. Wir können prüfen, was auf anderen Ölmärkten vorgeht, und schließlich wissen wir, zu welchem Preis unser Rohöl verkauft wurde. Es gibt durchaus Möglichkeiten, zu kontrollieren, was in der Ölindustrie passiert.
SPIEGEL: Alle Gesellschaften werden versuchen, soviel saudiarabisches Öl wie möglich zu kaufen. Wer entscheidet, welche Gesellschaft wieviel saudiarabisches Öl bekommt?
JAMANI: Meine Regierung. Wir werden das Ganze sehr flexibel spielen.
SPIEGEL: Der algerische Ölminister sprach davon, daß eine Erhöhung der saudiarabischen Ölproduktion einer Kriegserklärung gegenüber der Opec gleichkomme, weil auf diese Art die Preisforderung der Mehrheit der Opec-Länder unterlaufen würde.
JAMANI: Ich erkläre keinen Krieg. Wir, Saudi-Arabien, hatten uns bislang freiwillig eine Fördergrenze von 8,5 Millionen Barrel pro Tag gesetzt. Schon im letzten Quartal erhöhten wir diese Grenze auf neun Millionen. Und wir sind frei, noch höher zu gehen. Es gibt keine Produktionsplanung.
SPIEGEL: Werden Sie die maximale Kapazität von 11,8 Millionen Barrel tatsächlich ausfahren?
JAMANI: Wir werden allmählich erhöhen, und wir werden beobachten, wie sich der Markt verhält, weil wir ohnehin nicht mit einer starken Nachfrage rechnen. Im Gegenteil: Im Januar und im Februar wird die Nachfrage scharf abfallen, weil eine Menge Öl aus Spekulationsgründen gekauft wurde.
SPIEGEL: Angenommen, der Schah von Persien behauptet, daß seine Kunden Kaufverträge mit dem Iran brechen, um mit Ihnen handelseinig zu werden. Werden Sie diese Firmen beliefern?
JAMANI: Wir haben keinerlei Absicht, den Iran zu stören. Wir haben sehr starke politische Beziehungen mit diesem Land, und wir achten auf seine Prosperität, die uns wichtiger ist als beispielsweise die von Italien. Aber im Augenblick sorgen wir uns mehr um Italien, weil dieses Land, anders als der Iran, in einer schlechten wirtschaftlichen Situation ist.
SPIEGEL: Gerade der Iran aber braucht dringend Geld für seine ehrgeizigen Entwicklungspläne und seine Waffenkäufe. Kommt es da nicht zwangsläufig zu Spannungen zwischen den beiden führenden Ölmächten der Opec. Ihrem Land und dem Iran?
JAMANI: Wir haben ein freundliches, positives Verhältnis zueinander. Auch in der Europäischen Gemeinschaft gibt es gelegentlich Meinungsverschiedenheiten, in Energiefragen zum Beispiel zwischen Großbritannien und dem Rest der Gemeinschaft.
SPIEGEL: Der Schah, mit dem der SPIEGEL vor einigen Wochen ein Interview führte, scheint Ihnen weniger freundlich gesonnen zu sein als Sie ihm.
JAMANI: Sind Sie sicher? Ich denke, wir haben die gleichen Gefühle füreinander, was immer er gesagt haben mag. Wenn Sie den iranischen Rundfunk hören oder iranische Zeitungen lesen, dann werden Sie erfahren, daß ich ein Teufel bin. Die Journalisten dort sagen merkwürdige Sachen über mich und meine Beziehungen zu den Amerikanern. Aber tief in meinem Herzen habe ich Sympathie, eine politische Sympathie für den Iran. In der Politik ist man gelegentlich verschiedener Meinung. aber das bedeutet nicht. daß die Beziehungen zerstört sind.
SPIEGEL: Die Ölreserven des Schah werden wesentlich eher erschöpft sein als die Saudi-Arabiens. Der Schah sprach davon, daß ihm in 20 Jahren das Öl ausgeht ...
JAMANI: ... es werden weniger als 20 Jahre sein.
SPIEGEL: Kommt der Iran nicht schon deshalb in Versuchung, kleinere Ölstaaten am Golf unter seine Kontrolle zu bringen?
JAMANI: Ich hoffe, er wird das nicht versuchen. Dies ist ein sehr gefährlicher Punkt.
SPIEGEL: Herr Minister, wir würden gern das Thema wechseln. Nach der Ölkrise von 1973 nahmen sich die Industriestaaten vor, nach alternativen Energiequellen zu suchen. Glauben Sie, daß sie dabei Fortschritte gemacht haben?
JAMANI: Kaum. Nicht einmal im Sparen von Energie sind sie recht weitergekommen.
SPIEGEL: Was halten Sie von der These, daß die Industrieländer es wegen des offenbar noch immer zu niedrigen Ölpreises nicht schaffen, wirksame Sparprogramme zu beschließen und Entwicklungsprojekte für alternative Energiequellen voranzutreiben?
JAMANI: Das ist richtig. Aber lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen: Halten Sie es für möglich, den Ölpreis gegenwärtig auf einen Stand anzuheben, der Investitionen in andere Energiequellen profitabel macht, ohne die Wirtschaft der westlichen Länder zu zerstören?
SPIEGEL: Nein, sicherlich nicht. Die Folgen wären katastrophal.
JAMANI: Das ist auch meine Antwort.
SPIEGEL: Die Hoffnungen, die der Westen in die Atomenergie setzt, scheinen nicht aufzugehen ...
JAMANI: Ich habe die Atomenergie noch nie optimistisch beurteilt. Es gibt einfach zu viele Hindernisse. Deshalb liegt die Antwort auf die Energieprobleme nicht im Atom. Die Kernenergie wird ein wenig helfen. Aber sie ist nicht die Antwort.
SPIEGEL: Aber das Öl wird in 80 Jahren verbraucht sein.
JAMANI: In weniger als 80 Jahren. Deshalb werden Sie sehr hart arbeiten müssen.
SPIEGEL: Ihr König Chalid von Saudi-Arabien sagte unlängst, eine Erhöhung der saudiarabischen Ölproduktion wäre »die schädlichste Sache für die Menschheit«, weil sie die Suche nach alternativen Energiequellen verzögere (siehe auch Seite 57). Besteht zwischen diesem Satz und Ihrer Ankündigung, die Ölquellen stärker aufzureißen, nicht ein Widerspruch?
JAMANI: Das ist lediglich eine Zeitfrage. Langfristig liegt es sowohl in Ihrem als auch in unserem Interesse, mit dem Öl möglichst sparsam umzugehen. Wenn man es verbrennt, kann man es in den nächsten Jahrhunderten nicht als petrochemischen Rohstoff verwenden. Die kommenden Generationen werden uns verfluchen, wenn wir es verbrennen.
SPIEGEL: Wie erklären Sie, daß die westlichen Demokratien sich bislang als unfähig erwiesen haben, wirksame Sparprogramme zu beschließen, daß zum Beispiel die Vereinigten Staaten nach wie vor verschwenderisch mit Öl umgehen?
JAMANI: Nach meiner Meinung liegt das am Fehlen wirksamer politischer Führung. Es liegt nicht am System der Demokratie. Man müßte die Öffentlichkeit überzeugen, daß etwas geschehen muß. Wenn die Leute erst einmal überzeugt sind, werden sie auch etwas machen.
SPIEGEL: Saudi-Arabien ist in der glücklichen Position, mehr einzunehmen, als das Land ausgeben kann ...
JAMANI: Glauben Sie, daß das eine glückliche Lage ist?
SPIEGEL: Ja.
JAMANI: Ich bin da anderer Ansieht. Das ist vielmehr eine wirklich schwierige Lage,
SPIEGEL: Aber bequemer als das Gegenteil.
JAMANI: No, Sir, dieser Meinung bin ich nicht. Wir haben gelernt, daß damit zwangsläufig die Inflation angeheizt wird. Wir opfern nicht nur unsere Ölreserven, wir nehmen auch hin, daß unsere ökonomische und soziale Struktur Schaden nimmt. Deshalb sollte der Westen anerkennen, was wir tun. Blicken Sie zum Beispiel nach Norwegen. Die Norweger wollten eigentlich im letzten Jahr 100 Millionen Tonnen Rohöl fördern. Sie weigerten sich. Weil sie wissen, daß es ihrer Wirtschaft nicht bekommt, wenn sie mehr einnehmen. bremsten sie die Produktion.
SPIEGEL: Was machen Sie mit Ihrem vielen Geld? Andere Opec-Länder kauften sich spektakulär in bekannte westliche Industrieunternehmen ein, der Iran bei Krupp, Libyen bei Fiat, Kuweit bei Daimler.
JAMANI: Wir konnten uns dazu nicht entschließen, was aber nicht heißt, daß wir es nicht doch noch tun werden. Wir haben Finanzinvestitionen vorgezogen und lediglich Aktien in einem breit gestreuten Portefeuille gesammelt.
SPIEGEL: Haben Sie irgendeine Gesellschaft. zum Beispiel ein deutsches Unternehmen, ins Auge gefaßt?
JAMANI: Glauben Sie, daß ich Ihnen das sagen würde, wenn wir uns tatsächlich dazu entschlossen hätten?
SPIEGEL: Andere Opec-Länder klagen, daß ihre Öleinnahmen durch die westliche Inflation stark an Kaufkraft verlieren. Sie wollen deshalb den Ölpreis an einen Index binden, der die Preisentwicklung von Investitionsgütern widerspiegelt. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
JAMANI: Im Grundsatz ist das richtig. Aber das Problem liegt im Index. Der Exportgüter-Preisindex der OECD-Länder lag zum Beispiel 1976 bei 4,6 Prozent. Das Preisniveau der Investitionsgüter, die in Opec-Länder geliefert wurden, stieg dagegen um 26 Prozent, weil verstopfte Häfen, steigende Arbeitskosten und viele andere Dinge hier die Preise hochtrieben.
SPIEGEL: Vielleicht auch die Extragewinne, die westliche Firmen im Handel mit Opec-Ländern kalkulieren.
JAMANI: Und vielleicht auch die Korruption. Wir haben eben hier besonders hohe Preissteigerungsraten. Deshalb ist die Wahl eines passenden Preisindex so überaus kompliziert.
SPIEGEL: Der Schah schlug in dem SPIEGEL-Gespräch (48/1976) vor, daß zum Beispiel Westdeutschland und der Iran ein Index-Abkommen schließen sollten. Die Ölpreise für die Bundesrepublik sollten danach nur in dem Maße steigen, in dem die deutschen Ausfuhrgüter für den Iran teurer würden. Was halten Sie davon?
JAMANI: Als jemand, der das Ölgeschäft kennt, bin ich skeptisch. Ich halte das für unmöglich, weil man auf diese Weise sein Öl nicht verkaufen kann.
SPIEGEL: Herr Minister, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.