»Sieh nach den Sternen ...«
(Nr. 19/1975, Astronomie: Bochumer Sternwarte vor der Pleite; Nr. 20/1975, Briefe: Antwort an Prof. H. Kaminski) Der Unmut über die Öffentlichkeitsarbeit der Sternwarte Bochum ist besonders in den letzten Jahren bei zahlreichen Amateur-Astronomen gewachsen. Anlaß war der zweifelhafte Wahrheitsgehalt vieler Zeitungsartikel.
Bochum RAINER BECK Dortmund HANS-JÜRGEN PRÖLL Bochum HARTMUT UNGER Amateur-Astronomen
bedenkt man, was zum Absturz der Saturn-Raketenstufe oder etwa zur Sichtbarkeit von Apollo in Mondumlaufbahn verlautbart wurde, ganz abgesehen von vielen anderen falschen oder unzureichenden Pressemitteilungen. Zu Kaminski kann man nur noch sagen: Wer Wind macht, der muß sehen, daß er ihm eines Tages nicht ins Gesicht bläst.
Bonn J. WIRTH Volkssternwarte Bonn Astronomische Vereinigung e. V.
Prof. Kaminski sollte sieh an das Wort von Wilhelm Raabe halten: »Sieh nach den Sternen. gib acht auf die Gassen!«
Nürnberg DIETER ASCHE
Ich darf Ihnen mitteilen, daß das Astronomische Institut der Ruhr-Universität Bochum auf keinen Fall daran interessiert ist, das sogenannte Institut für Weltraumforschung oder wesentliche Teile davon (20-m-Radiospiegel. 60-cm-Fernsehteleskop) in irgendeiner Form zu übernehmen. Denn erst nach Neuinvestitionen in mehrfacher Millionenhöhe wäre sinnvolle wissenschaftliche Arbeit auf radioastronomischem Gebiet möglich, jedoch wegen der ungünstigen Plazierung des Radiospiegels -- Wert mit Zubehör ca. 5 Millionen DM -- auch dann nicht von erster Qualität. Das sogenannte Fernsehteleskop wurde nach Vorstellungen von Herrn Kaminski von Firma Zeiss entwickelt (Kosten ohne Gebäude: ca. 430 000 DM, mit Magnetaufzeichnungsanlage über 1,1 Millionen DM). Es wurde einmal eingesetzt, um den Fernsehzuschauern den Mond zu zeigen -- man sah ihn fast so gut wie im Operngucker -, seither hat man nichts mehr davon gehört oder gesehen.
Bochum PROF. DR. TH. SCHMIDT-KALER
Astronomisches Institut der Ruhr-Universität
Unbestritten ist es, daß am Kaminski-Institut in Bochum Erdbilder hervorragender Qualität von den Satelliten abgerufen und hergestellt werden und daß sieh dort inzwischen ein reichhaltiges Archiv angesammelt hat. Jedoch fehlt so ziemlich jeder wissenschaftliche »Output« aus diesem mit hohen Mitteln erstellten Material. Mir ist keine wissenschaftliche Veröffentlichung von Herrn Kaminski oder aus seinem Institut in einer der führenden Fachzeitschriften bekannt. Angesichts der Tatsache, daß gegenwärtig die Sonderforschungsbereiche an den Universitäten aus finanziellen Gründen stark beschnitten werden müssen, halte ich es nicht mehr für verantwortbar. hier weitere Millionen zu investieren.
Göttingen PROF. DR. H. H. VOIGT
Vorsitzender der Astronomischen Gesellschaft
In Ihrem Bericht äußern Sie, daß das »Institut von den meisten deutschen Wissenschaftlern ignoriert und boykottiert wird«. -- Diese Äußerung läßt beim Leser den falschen Eindruck entstehen. daß Professor Kaminski von den Fachastronornen boykottiert würde, insbesondere wegen des Fehlens einer akademischen Fachausbildung. In der Astronomie gibt es viele Betspiele. daß Amateure durch wissenschaftliche Erfolge zu allseits anerkannten Fachleuten aufstiegen. Eines der besten Beispiele ist einer der Begründer der Radioastronomie, Prof. Grote Reber, der ursprünglich Radio-Ingenieur war. Zurückweisen muß ich auch im Namen meiner Kollegen die -- den Radioastronomen in den Mund gelegte -- geschmacklose Titulierung »Prof. Kannixki«, die mir erstmals in Ihrem SPIEGEL-Artikel begegnet ist. -- Der Grund für die jetzt zu Tage getretene, jahrelange Misere des Bochumer Instituts liegt meiner Meinung nach in der falsch angelegten Grundkonzeption des Instituts für Weltraumforschung
Auch hat es nicht an Versuchen gefehlt, durch Kooperationen zwischen Universitäts- bzw. Max-Planck-Instituten und dem Kaminski-Institut das erhebliche technische Potential des Bochumer Instituts wissenschaftlich zu nutzen. Leider mußten diese Versuche meines Wissens meist nach relativ kurzer Zeit wegen auftretender Schwierigkeiten wieder aufgegeben werden. -- Auch die Konzeption als Satellitenbeobachtungsstation scheint mir verfehlt gewesen zu sein, da das Institut zu einer Zeit gegründet wurde, als der Bedarf
* Reber, 64, US-Bürger, war der erste und lange Zeit der einzige Radio-Astronom der Erde. Er montierte 1937 als Amateur in seinem Hinterhof ein Radio-Teleskop mit einem 9,45-Meter-Reflektorschirm (Photo: 1947).
an unabhängigen Dienstleistungs-Beobachtungsstationen für Radio-Beobachtungen von Satelliten praktisch auf Null absank, weil den Experimentatoren ausreichend Positions- und Telemetrie-Daten vom NASA- und später auch vom ESRO-Netz zur Verfügung standen. Auch wissenschaftliche Stationen unterliegen marktwirtschaftlichen Gesetzen ... Es wäre wohl richtiger gewesen, die Arbeit auf die anerkannte Volksbildungsarbeit im Planetarium und in der kommunalen Sternwarte zu beschränken. Dann wäre es wohl auch nicht zu dem so eklatanten Mißverhältnis zwischen astronomischem Forschungsertrag und Publicity gekommen.
Bonn PROF. DR. WOLFGANG PRIESTER vorsitzender des Rates Westdeutscher Sternwarten