"Denken mit dem eigenen Gehirn" »Söldner sucht Stellung«
Wir haben also eine großartige Gelegenheit verloren, Angola in ein Vietnam für die Russen und ihre kubanischen Lakaien zu verwandeln«, verlautbarte Robert K. Brown, Oberstleutnant a. D. der US-Spezial-Einheiten. Der Krieger im Ruhestand ließ Gleichgesinnte nach anderen Gelegenheiten suchen.
So hat ein gewisser »M.D.« aus Rosanna in Australien »die Möglichkeiten in Timor etwas erforscht«. Ergebnis: Die dortige Untergrundorganisation Fretilin »würde wohl auch Söldner einsetzen. Ob sie jedoch bezahlen wollen und können, ist zweifelhaft.«
Den Arbeitsmarkt für Söldner betreibt die US-Zeitschrift »Soldier of Fortune« ("Glücksritter -- Magazin der professionellen Abenteurer"), herausgegeben von Vietnam-Spezi Brown, mit Lageberichten aus Spannungsgebieten ("Rhodesien ist bereit"), Reports über Waffentechnik ("Dreißig Jahre leiser Tod") und illustrierten Gebrauchsanweisungen für den Nahkampf ("Überleben in der Stadt").
In Annoncen werden »10-Inch-Wurfmesser mit Anleitung«, »Sprengstoff, leicht und billig aus Kunstdünger hergestellt« oder Maschinengewehre, automatische Waffen und auch Original-SS-Helme angeboten.
Von ausschlaggebendem Interesse für die käuflichen Soldaten aller Couleurs sind besonders die umfangreichen »Stellen«-Anzeigen:
* »Ex-Marineinfanterist sucht Anstellung als Söldner. Süd- oder Mittelamerika bevorzugt.«
* »Junger Mann, 25, ledig, reisebereit, für alles Abenteuerliche oder Paramilitärische einzusetzen. Fallschirmspringer, Pilot, zwei Jahre College.«
»Erfahrener, reifer Mann wünscht irgendwo Einsatz für Untergrund-Operationen. Ehemaliger Polizist.« Hier inserierte auch der Stellungsuchende Daniel Gearhart, der in der vorletzten Woche in Angola hingerichtet wurde. Sein Inserat war mitentscheidend für das Todesurteil.
In Colorado aber freut sich Verleger Brown nach drei Ausgaben: »Es fängt bereits an, mir Gewinn zu bringen. Ich bin mit der Entwicklung sehr zufrieden.«
Vor seinem freiwilligen militärischen Abenteuer in Südostasien betrieb der Verleger einen kleinen Versandhandel für Kriegsbücher. Den verkaufte er; mit einem Partner und 10000 Dollar Startkapital erreichte die Erstauflage des »Glücksritters« im vergangenen September 8500 Exemplare, gleich darauf mußten weitere 8000 Hefte gedruckt werden. Heft 2 (Preis: 2 Dollar) jedoch kam in 85 000 Exemplaren an die Kioske.
Heute gibt es Redakteure für Stichwaffen. Handfeuerwaffen, Partisanenkrieg, »Terrorismus und Lateinamerika«. Neben Einsatzberichten ("Operation Diablo: US-Söldner und Finanziers stürzen ein rotes Regime") wird den »Soldier«-Lesern auch etwas für den Spind geboten: eine Firma aus Arizona annonciert großformatige Pin-up-Poster der »Söldnerin des Sommers«.
Verleger-Oberst Brown will mit seiner »wahrhaft obszönen Publikation« ("The Guardian") einer echten Leser-Sehnsucht nachkommen: »Es besteht ein Bedarf an Waffen und Sprengstoff und an Abenteuern in fremden Ländern. Ohne Zweifel haben Söldner in der Geschichte eine wichtige Rolle gespielt -- weshalb dürfen sie also kein Magazin für sich selbst haben?«
Er hat die passende Ideologie parat: »Natürlich sind einige unserer Leser brutale Kerle -- aber das Leben allgemein ist schließlich brutal, oder?«
Todesanzeigen veröffentlicht der »Glücksritter« nicht.