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Solidarisch

Die deutschen Schriftsteller Günter Graß, Sarah Kirsch, Thomas Brasch und Peter Schneider, die im April in einem offenen Brief an Bundeskanzler Schmidt kritische Distanz zur US-Außenpolitik gefordert hatten und deswegen heftig attackiert wurden, haben jetzt Hilfe von amerikanischen Prominenten erhalten. In einer Resolution billigen Wissenschaftler, unter ihnen Professor Norman Birnbaum, Mitherausgeber der Zeitschrift »The Nation« und Berater von Präsidentschaftskandidat Edward Kennedy, die Nobelpreisträger Salvador Luria und Linus Pauling, sowie die Schriftsteller Kurt Vonnegut und William Styron ausdrücklich den Schritt der Deutschen. Text:
aus DER SPIEGEL 26/1980

Wir sind amerikanische Künstler, Wissenschaftler, Gelehrte und Schriftsteller. Wir glauben, daß die Politik unseres Landes nur stark sein kann, wenn sie auf kritischer Diskussion in der Öffentlichkeit beruht.

Als Amerikaner würden wir es als einen Verrat unserer Traditionen betrachten, wenn von uns verlangt würde, unserer Regierung in allen Fragen kritiklos zuzustimmen. Wir glauben daher, daß unsere Bündnisse mit anderen demokratischen Nationen nur bei Unterstützung durch die öffentliche Meinung in diesen Ländern funktionieren können.

Welche Politik die deutsche Bundesregierung hinsichtlich der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran, des Olympia-Boykotts und der größeren, den Frieden bedrohenden Krisen verfolgen soll, müssen Deutschlands Bürger allein entscheiden. Wir meinen nicht, daß sie die Politik der amerikanischen Regierung kritiklos akzeptieren müssen -- zumal wir in unserem Lande diese Politik selbst in Frage stellen (wie der Rücktritt von US-Außenminister Cyrus Vance beweist).

In demokratischen Staaten sind politische Fragen nicht von der kritischen Prüfung durch verantwortungsbewußte Staatsbürger ausgenommen. Wir möchten daher unsere Solidarität mit Thomas Brasch, Günter Graß, Sarah Kirsch und Peter Schneider für ihren Beitrag zu der öffentlichen Diskussion zum Ausdruck bringen.

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