CHINA Spalter des Mutterlandes?
Der Dalai Lama betritt diese Woche erstmals wieder chinesischen Boden, seit er 1959 ins indische Exil geflüchtet war. Aber nicht heim in die Volksrepublik China will das Oberhaupt des buddhistischen Lamaismus reisen, wie Peking immer wieder gefordert hat; vielmehr besucht der Friedensnobelpreisträger die unabhängige »Republik China«, die chinesische Insel Taiwan. Deren frei gewählter Präsident Lee Teng-hui gilt in Peking als »Separatist, der das Mutterland spalten will« - gleiches werfen die Kommunisten auch dem Dalai Lama vor. »Wenn es zu einem Treffen kommt«, warnte Chinas Außenministerium, »wird das schwere Konsequenzen haben.« Den Christen Lee kümmern die Drohungen wenig, zumal er innenpolitisch nur von dem Dalai-Lama-Besuch profitieren kann. Neun Millionen Taiwaner bekennen sich zum Buddhismus. Lees stärkste Konkurrenz, die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei, ließ in einigen Städten schon die Flagge Tibets hissen.