DEUTSCHE NATIONAL-ZEITUNG Sprachrohr des Volkes
Rund 60 000 Deutschen schlug das soldatische Herz im Leibe höher: Deutschland hat wieder eine »Deutsche National-Zeitung«. Auf diesen Namen wurde zu Beginn dieses Jahres die bisherige »Deutsche Soldaten-Zeitung und National-Zeitung« umgetauft.
Herausgeber Dr. rer. pol. Gerhard Frey aus Cham in der Oberpfalz will das »Blatt für Ehre, Recht und Freiheit - europäische Sicherheit und Kameradschaft« in »ein Sprachrohr der Mehrheit unseres Volkes« verwandeln. Im Kopf der Zeitung wird weiterhin das Eiserne Kreuz des deutschen Soldaten schimmern, wie ein Programm.
Der Anfang zu der geplanten Expansion ist bereits gemacht: Im Januar erschien die »Schlesische Rundschau«, die bis dahin selbständig im Münchner Klinger-Verlag herausgegeben wurde, erstmals als Landesausgabe von Freys »National-Zeitung«.
Der kämpferische Geist der »Deutschen Soldaten-Zeitung« von einst soll dagegen auch unter neuem Namen weiterleben. Sie hat in der Vergangenheit die wagemutigsten Abenteuer unterstützt:
Deine Protest-Sternfahrt von Mitgliedern der sogenannten AKON ("Aktion Oder-Neiße - niemals Grenze") zum Hallenhandballspiel Kiel gegen Wroclaw, weil Wroclaw nach ihrer Meinung Breslau zu heißen hat;
- den Plan des Kölner Professors Dr.
Rubin, der die Berliner Mauer persönlich beseitigen will;
- die Versuche der Allgäuer Hotelbesitzerin Ilse Hess, ihren Ehemann Rudolf aus den Mauern des Spandauer Gefängnisses zu befreien.
Im Visier der »Deutschen Soldaten -Zeitung« (DSZ), die sich schon zum Jahreswechsel 1960/61 den Zusatz »und National-Zeitung« zulegte, befinden sich dagegen:
- die acht Unterzeichner des Tübinger Memorandums, unter ihnen der Hamburger Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker, die sich für eine Anerkennung der Oder -Neiße-Linie verwandten;
- der sowjetische Schriftsteller Ilja
Ehrenburg ("Der größte Mord-Hetzer ..."), der während des Zweiten Weltkriegs antideutsche Aufrufe verfaßt hatte;
- der Rundfunk und das Fernsehen,
die Wehrbereitschaft und Wehrwillen nicht emsig genug propagieren.
Mit ihrer großen Patentante, jener »National-Zeitung«, die, 1848 gegründet, bald zum Sprachrohr der nationalliberalen Partei Bismarcks wurde, hat das Münchner Wochenblatt dabei wenig mehr als den Namen gemein.
Die Idee einer »Deutschen Soldaten-Zeitung« entsprang hinter Stacheldraht. Im Gefangenenlager von Garmisch-Partenkirchen waren sich der einstige Landrat, NS-Kreisleiter Helmut Damerau, und der Wehrmachtsoberst Heinrich Detloff von Kalben - beeindruckt von den Aufsehermethoden ihrer alliierten Bewacher - rasch darüber einig geworden, daß eine Zeitung her müsse, die Rechte deutscher Soldaten wirksam zu vertreten. Der SS -General Paul Steiner teilte diese Ansicht und schloß sich den Gründern an.
Außer Damerau steuerte ein Tischlermeister mit Namen Leo Giess einen Teil des Gründungskapitals bei; Deutschamerikaner mit Heimwehgefühlen gaben den Rest.
1951 erschien die erste Ausgabe der »Deutschen Soldaten-Zeitung«. Schon in jenem Jahr trat das Blatt für einen antibolschewistischen deutschen Verteidigungsbeitrag ein.
Das amerikanische Geld und die soldatische Begeisterung der DSZ-Gründer reichten indes -nicht aus. Nachdem die amerikanischen Freunde im Winter 1953 zahlungsunwillig geworden waren, fuhr Verlagsleiter Damerau ins Presseamt der Bundesregierung nach Bonn und erklärte rundheraus: Mit der Wehrpropaganda der Soldaten-Zeitung werde es nun bald vorbei sein. Finanzielle Schwierigkeiten würden zur Einstellung des Blattes führen.
Das Bundespresseamt subventionierte fortan das Münchner Blatt mit monatlich 11 000 Mark aus Steuergeldern. Und alsbald kurvte das DSZ-Schiffchen brav im Bonner Wind.
Den alten Kämpen unter den DSZ -Lesern mißfiel diese Kursänderung: Die Auflage der Soldatenzeitung sackte von 30 000 auf rund 12 000 Exemplare ab.
Nur einen Sommer lang tanzte die DSZ auf den Bonner Geldwellen. Dann, im Oktober 1954, wurde Verlagsleiter Damerau ins Presseamt bestellt und erfuhr: Die Bundesregierung wünsche den Schild-Verlag, in dem die DSZ erschien, in den Händen des Kölner Verlegers von Sportblättern, Stoph, zu wissen.
Damerau möge verkaufen, für insgesamt 40 000 Mark. Mit dieser Summe sollten die Druckschulden des Verlags beglichen werden. Damerau lehnte ab.
Reaktion: Die Bundesregierung kündigte den Subventionierungsvertrag. Folge: Vom April 1954 an erschien die DSZ nur noch alle 14 Tage im deutschen Heim, und vom Januar 1955 an vorübergehend sogar nur noch monatlich.
Mit den Subventionen aus Bonn hatte die DSZ allerdings auch die Fesseln verloren, die Bonns Einfluß ihrem Temperament angelegt hatte. Damerau: »Mit schwerem Marschgepäck auch noch anzugreifen, ist aufreibend.«
Kaum war das schwere Bonner Gepäck abgeworfen, ging die DSZ auf dem äußersten rechten Flügel der deutschen Presse zur Attacke über. Die DSZ verglich die Leistungen der großdeutschen Sender mit den bundesdeutschen Funkprogrammen und schrieb: »Die überaus große Anziehungskraft des nationalsozialistischen Funkbetriebes ... lag ... in der hervorragenden Funkqualität bestimmter Männer, wie etwa Joseph Goebbels, und in der zeitgemäßen Formung des Programms.«
Als der Filmregisseur Wolfgang Staudte ein Lichtspiel über NS-Juristen im Brote der bundesdeutschen Justiz drehte - den Film »Rosen für den Staatsanwalt« -, ließ er darin die Hauptfigur, den NS-belasteten Oberstaatsanwalt Dr. Schramm, mit scheuem Seitenblick am Kiosk die »Deutsche Soldaten-Zeitung« kaufen. Im Kino warb die DSZ mit- dem Vorspann: »Lesen Sie ebenso wie Dr. Schramm die Deutsche Soldaten-Zeitung.«
Anläßlich ihres fünften Geburtstages konnte die so werbende DSZ eine Reihe eindrucksvoller Glückwunsch - Adressen abdrucken: von den
- Generalfeldmarschällen von Manstein, Kesselring und List,
- Generaladmiralen Albrecht, Boehm,
Kummetz und Warzecha,
- Generalobersten von Arnim, Deßloch, Frießner, Harpe, Hollidit, Lindemann, von Mackensen, Rendulic, Ruoff, Strauß, Student, Zeitzler und Keller.
Auch der Generaloberst der Waffen -SS Paul Hausser fand für die Soldaten-Zeitung warme Worte.
Mit Angriffen gegen die Bundeswehr-Spitze - vor allem gegen den Schöpfer des »Staatsbürgers in Uniform« Graf Baudissin - versuchte die DSZ jene altgedienten Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr für sich zu gewinnen, die schon als Berufssoldaten in Hitlers Wehrmacht gedient hatten und in der neuen deutschen Armee soldatische Traditionen und Zackigkeit vermißten.
Solche Forschheiten lösten zunächst Distanzierungen der Bundesregierung aus, und das Bundesverteidigungsministerium klagte im April 1959: »Es ist unheilvoll, aber offensichtlich nicht zu verhindern, daß diese Zeitung den Titel ,Deutsche Soldaten-Zeitung' trägt.«
Schon bald danach versuchte der damalige Bundesverteidigungsminister Franz -Josef Strauß denn auch,die DSZ unter seine Kontrolle zu bringen.
Über den Wert der Zeitung war Strauß informiert, seit der Münchner Anwalt Dr. Acker, der den Verlag der Soldaten-Zeitung juristisch beraten hatte, den grauen Rock eines Bundeswehroffiziers angezogen hatte und in Straußens Ministerbüro als persönlicher Referent Dienst tat.
Der spätere Fibag-Spezi Kapfinger, in dessen Passauer Verlag die DSZ gedruckt wurde und bei dem sie mit erheblichen Schulden in der Kreide stand, versuchte gemäß Absprache mit Strauß die DSZ zu kaufen.
Dazu Strauß später vor dem Nürnberger Landgericht im Fibag-Termin gegen den SPIEGEL: »Dr. Kapfinger hat mich um eine Unterredung gebeten wegen zweier Objekte. Das eine war, eine dritte Tageszeitung in München zu gründen ... Das zweite war die Soldaten-Zeitung, die einen Kurs hat, mit dem wir nicht übereinstimmen können. ... Die Soldaten-Zeitung wurde bei Herrn Kapfinger gedruckt, im Lohndruckverfahren. Ich wollte von ihm hören an diesem Abend, zu dem er mich gebeten hatte, wie die Verhältnisse bei der Soldaten-Zeitung lägen, ob man da nicht eine Änderung der Linie herbeiführen könnte ... Am Schluß kamen Schloß und Winkel dazu.«
DSZ-Chef Damerau wies den Passauer Verleger ab. Und bei der Ablehnung blieb er auch, als der Filmkaufmann und Kapfinger-Freund Wolfgang Winkel im Auftrag von Strauß dem Damerau für die »Deutsche Soldaten-Zeitung« bis zu 150 000 Mark bot.
Dabei war die Finanzlage des Blattes zu jener Zeit alles andere als rosig. DSZ-Chef Damerau sah sich gezwungen, einen seiner freien Mitarbeiter, den gelernten Rechtswissenschaftler Gerhard Frey, anzupumpen.
Frey, von Hause aus vermögend, lieh Damerau umgehend 10 000 Mark und zahlte auch bei späteren Darlehensbitten. Schließlich hatten Dameraus Schulden bei Frey so ansehnliche Höhen erreicht, daß Frey 50 Prozent der Verlagsanteile für sich beanspruchen konnte.
Die Transaktion gelang, wenngleich Damerau sich später von Frey übervorteilt glaubte: Für 70 000 Mark lösten beide die Soldaten-Zeitung aus dem Schild-Verlag und gründeten eine eigene Gesellschaft. Damerau und der Schild-Verlag erhielten die eine, Frey die andere Hälfte der Anteile. Die Partner arbeiteten in bestem Einvernehmen. Damerau: »Mentalitätsmäßig stimmten wir überein.«
Frey hatte, als er mit 13 Jahren den Einzug der Amerikaner in seine Vaterstadt Cham erlebte, Tränen vergossen, »weil das Vaterland geschlagen ist«.
Finanziell notdürftig gesichert, blieb die DSZ am Feind. Als der damalige Bundespräsident Heuss ("Nun siegt mal schön") die Reformer der Bundeswehr gegen Traditionalisten in Schutz nahm und während einer Englandreise Mißfallenskundgebungen Oxforder Studenten gleichmütig hinnahm, polterte die DSZ in einem Artikel des rechtsradikalen Militärschriftstellers Erich Kernmayr: »Das ist der Heuss, der sich vom Ausland für sein Vaterland ins Gesicht schlagen läßt und danke sagt.«
Kommentar des Bundesverteidigungsministeriums: »Das kann nach unserem Urteil nur ein Blatt für Unheilbare und Gamaschenknöppe sein.«
Mehr Aufsehen noch erregte die Soldaten-Zeitung durch ein Gespräch mit dem Berliner Großrabbiner Dr. Isaak Goldstein über das deutsch-jüdische Verhältnis. Goldstein bezeichnete die Hakenkreuzereien an der Kölner Synagoge zu Weihnachten 1959 als Lausbübereien und attackierte seine ehemaligen Dienstherren: die Funktionäre der jüdischen Kultusgemeinde in Berlin.
Was immer die DSZ fortan ihren Lesern zumutete, ihr Selbstvertrauen und ihr Bewußtsein, im Auftrag der Geschichte zu handeln, blieben intakt. Und mutig wandte sich die DSZ neuen Aufgaben zu:
Bislang 115 Fortsetzungen widmete das Münchner Blatt dem Vorsatz, die »Kriegsschuldlüge« zu »entlarven«.
Unter dem Pseudonym »Dr. G.« schrieb der Duisburger Amtsgerichtsrat Dr. Willy Glasebock eine Serie für die DSZ, in der er die Frage: »War Deutschland am Krieg allein schuld?« gemäß seinem Geschichtsbild und dem seiner publizistischen Auftraggeber verneinte. Nach seiner Pensionierung ist Glasebock Chef des politischen DSZ -Ressorts geworden und hat auf sein Pseudonym verzichtet.
Die DSZ suchte freilich nicht nur Unschuldige, sie suchte auch die wahren Schuldigen, allerdings nicht unter den Würdenträgern des Dritten Reiches. Beispielsweise wurde der im April 1945 im Flossenbürger Konzentrationslager
ermordete Generalmajor Hans Oster - Vater des ehemaligen Madrider Militär -Attaches Achim Oster - von der DSZ als »einer der größten Landesverräter der deutschen Geschichte« eingestuft.
Als die Staatsanwaltschaft München wegen dieser Anschuldigungen gegen die DSZ Anklage wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener erhob, verkündete die Soldaten-Zeitung ihren Lesern diese Botschaft wie den Inhalt einer Ordensurkunde.
Herausgeber Frey über diese Leser: »Der alte Stamm unserer Leserschaft besteht wohl vornehmlich aus ehemaligen Soldaten und Offizieren der deutschen Wehrmacht.«
Frey glaubt jedoch zuversichtlich auch an neue Leserschichten für die »Deutsche National-Zeitung": »Wir haben eine wesentliche Ausweitung erzielt, die sich vor allem auch auf die Jugend und Akademiker erstreckt.«
In der Tat: Seit Dr. Frey die Redaktion der »Deutschen Soldaten-Zeitung« in die Hand nahm, sind Anzeigenvolumen und Auflage beträchtlich gestiegen. Die Auflage kletterte von 27 500 im Jahre 1958 auf 60 000 im Jahre 1962. Und im ersten Vierteljahr 1963 läßt Frey im Vertrauen auf die Attraktivität seines neuen Zeitungstitels 70 000 Exemplare herstellen.
Seine Neujahrsbotschaft: »Das Jahr 1963 wird das Jahr der Deutschen National-Zeitung.«
Alter (o.) und neuer Titel lu.) der »Soldaten-Zeitung": Bonn zahlte ...
Herausgeber Frey
... nur einen Sommer
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... ein Blatt für Ehre und Recht: DSZ-Feinde Baudissin, von Weizsäcker, Oster