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KOMMUNISTEN Standesgemäß verheiratet

aus DER SPIEGEL 8/1950

Lord Milfords Sohn, Wogan Philipps, hatte niemals Chancen. Er war einer der hundert Kommunisten, die sich um einen Unterhaussitz bewarben. Er war nur Mitläufer, aber ein blaublütiger.

Es gibt nicht viele Familien in England, die mit Wogan Philipps' Stamm zu konkurrieren wagen. Von dem römischen Kaiser Maximus (235 - 238 n. Chr.) leitet sich das südwalisische Adelsgeschlecht ab. Die St. Davids hießen sie im Hauptstamm durch die Jahrhunderte, und einer ihrer Vorfahren, Sir Aaron ap Rhys, kreuzfahrte mit dem englischen König Richard Löwenherz ins Heilige Land.

Der Vater von Wogan Philipps war einer von vielen jüngeren Söhnen eines verstorbenen Lords St. Davids. Einen Titel erbte er nicht. Dafür verlieh ihm der König die Baronie Milford, die schon einmal einer seiner Vorfahren im 18. Jahrhundert gehabt hat.

*) Nach japanischen Meldungen ist diese Strecke auf Breitspur umgebaut. Kontrollierbar ist diese Meldung nicht. Die ganze Mandschurel ist heute Sperrgebiet. Lord Milford ist ein Mann des großen Geschäfts. Er sitzt in den Aufsichtsräten von Mineralwasserfabriken und anderen Unternehmungen. Er besitzt eine Burg, zwei Landhäuser und eine Villa an der Riviera. Die Landesuniversität von Wales zählt ihn zu ihren Gönnern.

Von dem Reichtum seines Vaters wird Wogan nichts erben. Der Lord hat seinen kommunistischen Sohn im Testament nicht bedacht, und einen Pflichtteil kennt das englische Recht nicht.

Wogan Philipps nennt sich Maler und Landwirt. Mit der Malerei hat er bisher wenig Erfolg gehabt. Als Landwirt wird er an seinem Wohnsitz im ländlichen Kreis Cirencester geachtet. Mehrere Lokalpöstchen wurden ihm übertragen.

Der spanische Bürgerkrieg ließ ihn zum Politiker werden. Im französischen Regiment »Henri Barbusse« diente er eine Zeitlang als Fahrer eines Krankenwagens. Verwundet kehrte er nach England zurück.

Als 1938 mit Wahlen gerechnet werden konnte, ließ sich Philipps von den Sozialisten als Kandidat für den Wahlkreis Henley aufstellen. Die Wahlen kamen nicht. Dafür wurde Philipps zwei Jahre später wegen kommunistischer Neigungen aus der Labour-Party ausgestoßen

Philipps ist standesgemäß verheiratet. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau, der englischen Schriftstellerin Rosamund Lehmann, heiratete er eine römische Aristokratin, die Tochter des Marchese Casati. Die zweite Mrs Philipps war, bevor sie ihren kommunistischen Lord-Sohn ehelichte, schon mit einem sozialistischen Grafen, dem Earl von Huntingdon, verheiratet.

Für das Unterhaus hatte Wogan Philipps nie Aussichten Er hat sie aber für das Oberhaus. Wenn Englands erste Kammer nicht sehr gründlich reformiert wird, kann er eines Tages der erste Kommunist im House of Lords werden Sein Vater ist bereits 76 Jahre alt Er wird es nicht verhindern können, daß Wogan den Titel eines Lord Milford erbt.

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