»STRAUSS IST EIN REICHER MANN«
Es konnte den Bundesbürger in Sachen Fibag höchstens noch wundern, daß Strauß erst verhältnismäßig spät von den »Handlangern des Ostens« zu reden begann. Alles andere - Straußens Verhalten in dieser Angelegenheit von seinem Brief an Gates bis zum heutigen Tage - hat wohl im Ausland mancherlei Reaktionen ausgelöst; in der Bundesrepublik aber zuckt man gleichgültig die Achseln und sagt: »Na, und?« Als Konsequenz bleibt die recht fatale Erkenntnis: Franz-Josef Strauß hat es über die Jahre seiner Anwesenheit in Bonn fertiggebracht, die bislang bei uns gültigen Maßstäbe zu verrücken.
Interessant an der Fibag-Affäre wirken lediglich die geschickten taktischen Bemühungen, dem SPIEGEL zu unterstellen, er habe behauptet, daß Strauß sich an dem närrischen Kapfinger -Projekt bereichern wollte. Nun hatte der SPIEGEL, als er die Öffentlichkeit über das Drum und Dran der Fibag unterrichtete, zwar von vornherein unmißverständlich proklamiert, ein solcher Gedanke komme selbstverständlich überhaupt nicht in Frage; der Chorus der Strauß-Verteidiger indessen empört sich unentwegt darüber, daß das Nachrichten-Magazin den bewährten Minister in dieser Richtung verdächtige, und schiebt damit die Affäre auf ein Gleis, das fernab von der Wirklichkeit liegt. Tatsächlich ist Strauß schon lange ein sehr reicher Mann. Er hat genug - so viel, daß er es sich leisten darf, einen Teil seines Wohlstandes ruhig zur Schau zu stellen. Mitte der fünfziger Jahre wurden in des Ministers engerer Heimat, in Schwabing, drei stattliche Wohngebäude hochgezogen, die Strauß und dem Münchner Wiedergutmachungsanwalt Thiermann zu gleichen Teilen gehören. Die reinen Baukosten stellen sich auf etwa zwei Millionen, außerdem zahlten die beiden für den Grund 230 000 Mark. Thiermann versicherte jedem, der es hören wollte: »Da sind keinerlei öffentliche Mittel drin.«
Damals war Strauß noch ein unbekümmerter Junggeselle, der durchaus nicht sonderlich sparsam lebte. Daß er es dennoch zu Rücklagen von derartigen Größenordnungen brachte, bleibt seine Privatangelegenheit; er ist der Allgemeinheit darüber keinerlei Rechenschaft schuldig.
Wer sich trotzdem fragt, wie ein von Hause aus keineswegs vermögender Politiker binnen verhältnismäßig kurzer Frist zu solchen Gütern gelangen kann, möge sich mit dem knappen Beispiel begnügen, daß eine bayrische Zeitung Franz-Josef Strauß Monat für Monat 250 Mark überwies.
Nicht etwa daß Strauß in dieser Zeitung besonders viele Aufsätze veröffentlicht hätte. Das Blatt druckte, wie praktisch alle Gazetten in der Bundesrepublik, gelegentlich eine Rede nach, die Strauß irgendwo gehalten hatte, gelegentlich auch einen Artikel von der Sorte, wie sie üblicherweise in sämtlichen westdeutschen Ministerien hergestellt und zur gefälligen Verwendung rundum an die Zeitungen verschickt werden. Diese Publikationen aber erschienen selten und hatten auch mit dem als »Honorar« deklarierten Salär nichts zu tun.
Strauß empfing das »Honorar« über etliche Jahre, und da beileibe niemand annehmen möchte, der Sonderminister, der Atomminister, der Verteidigungsminister habe diese Zeitung mit Informationen beliefert, die er anderen Blättern vorenthalten hätte, bleibt nur die einzige Lösung: Er nahm das Geld ohne Gegenleistung.
Nun hat der Minister seine Häuser gewiß nicht von diesen Überweisungen bauen können; Kundige wissen, daß ihm noch wesentlich ergiebigere Quellen flossen. Die 250 Mark zu erwähnen ist jedoch deshalb nicht indiskret, weil sie im Verlag von der Steuer abgesetzt und damit sozusagen von der Allgemeinheit mitfinanziert wurden. Außerdem beweisen sie, daß selbst ein arrivierter Mann wie Franz-Josef Strauß der alten Volksweisheit anhängt, wonach auch Kleinvieh Mist geben soll.