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PERSONALIEN Stylianos Pattakos, Kurt Georg Kiesinger, Heinrich Lübke, Peter Zadek, Herbert von Karajan, Pierre Mendès-France

aus DER SPIEGEL 32/1968

Stylianos Pattakos, 56, Vizepremier der Athener Junta, demonstrierte einem Journalisten sein Mißtrauen. Der Bonner Korrespondent der israelischen Zeitung »Yedioth Ahronoth«, Alfred Wolfmann, 45, den der Grieche in seinem Amtszimmer zu einem Interview empfing, fragte seinen Gastgeber: »Darf ich das Gespräch auf Tonband nehmen?« Pattakos zog daraufhin selbst ein Mini-Aufnahmegerät aus der linken Rocktasche, legte es auf den Tisch und erklärte: »Dann brauche ich meines ja auch nicht zu verbergen.« Von Wolfmann informiert, Bonns Bundesratsminister Carlo Schmid (SPD) habe den emigrierten griechischen Regime-Gegner und Links-Liberalen Andreas Papandreou empfangen, kommentierte Pattakos: »Die beiden ähneln sich. Gleiche Kappen, gleiche Brüder.«

Kurt Georg Kiesinger, 64, Urlauber im schwäbischen Bebenhausen, kann neuerdings schneller nach Bonn reisen. Grund: Einer von vier für die Bundesgrenzschutz-Fliegergruppe angekauften Transporthubschraubern vom Typ Beil UH 1-D steht dem Kanzler für Inlandflüge ständig zur Verfügung -- mit dem Kymmandeur der Grenzschutz-Flieger, Oberstleutnant Knorr, am Steuerknüppel. Vor dem ersten Kanzler-Flug von Bebenhausen zu einer Kabinettssitzung nach Bonn hatten die Grenzschützer in dem Helikopter (Kennzeichen: D-Hali) bereits einen weichgepolsterten Sessel für den Staats-Gast installiert.

Heinrich Lübke, 73, Bundespräsident, begrüßte vergangenen Mittwoch den kommandierenden Grenzschutzoffizier des Wachkommandos der Villa Hammerschmidt nach der Ablösung der bisher torhütenden Bereitschaftspolizisten mit der Frage: »Na, wie lange wollen Sie mich noch regieren lassen?«

Peter Zadek, 42, deutsch-britischer Regisseur, der bis 1967 als Schauspieldirektor der Bremer Theater mit modernen Gag-Inszenierungen klassischer Stücke Aufsehen erregt hatte. drapierte vergangenen Dienstag für seinen ersten Spielfilm das Bremer Parlamentsgebäude mit einem acht Meter großen, auf Leinwand gemalten Hakenkreuz. Zadek, der in Bremen nach Thomas Valentins Schülerroman »Die Unberatenen« den Film »Ich bin ein Elefant, Madame« dreht, will in seinem Streifen jedoch nicht das Symbol am Parlament, sondern ein von einem Schüler-Darsteller an eine Schulwand gemaltes Hakenkreuz zeigen. Zweck des Groß-Kreuzes: »Wir wollten filmen, wie 1968 Bürger auf ein Hakenkreuz reagieren. Wir wollten Reaktionen der Passanten provozieren.« Provoziert fühlten sich vor allem die Bremer Abgeordneten. Aus einer Erklärung des Parlaments: »Wäre der Verwaltung der Bürgerschaft Form und Zusammenhang der Aufnahmen bekannt gewesen, so hätte sie diese verhindert.« Bürgerschafts-Verwaltungsdirektor Wolfgang Müller, der die Dreharbeiten genehmigt hatte: »Der Antrag war so abgefaßt, als solle nur vor dem Parlament auf eine Kulisse ein kleines Hakenkreuz geschmiert werden.« Dagegen Zadek: »Unser Antrag schilderte unser Vorhaben genau. Außerdem haben wir bereits am Abend vor den Dreharbeiten ein großes Gerüst an der Parlamentswand aufgebaut.«

Herbert von Karajan, 60, Sportwagenliebhaber, wechselte einen Ferrari und einen Porsche gegen einen britischen Rennsportwagen ein. Der Dirigent, der außer schnellen Autos noch einen Rolls-Royce »Silver Cloud III« hält, erstand vor drei Wochen von dem Salzburger Ford-Händler Oskar Schmidt das erste ausgelieferte Modell der Gebrauchsversion des Ford-Rennwagens »GT 40« (Hubraum 4,7 Liter, 335 PS, Höchstgeschwindigkeit 280 Stundenkilometer). Bislang fuhr Karajan den 72 000-Mark-Wagen erst einmal: von seiner Villa im Salzburger Vorort Anif zur »Don Giovanni« -- Hauptprobe im Salzburger Festspielhaus. Der Orchesterleiter braucht das Auto als künstlerisches Hilfsmittel: »Wenn ich mit der perfekten Kraft meines Wagens auf die Probe gefahren bin, verlange ich zwangsläufig bei meiner Probe von mir dieselbe Perfektion.«

Pierre Mendès-France, 61, französischer Expremier, der als Chef der 19. Nachkriegsregierung 1954 den Kolonialkrieg in Indochina liquidiert hatte. will sich aus der Politik zurückziehen. Der De-Gaulle-Gegner, der bei den Parlamentswahlen 1967 als Spitzenkandidat der linken Splitterpartei Parti Socialiste Unifiè (PSU) »in Grenoble ein glänzendes politisches Comeback erlebt und sich dieses Jahr während der Mai-Unruhen in Frankreich erboten hatte, einer Übergangsregierung der Linken zu präsidieren, resignierte nach seiner knappen Niederlage bei den Neuwahlen im Juni in Grenoble. Er verzankte sich mit der PSU, erklärte schriftlich seinen Austritt aus der Partei und konstatierte: »In meinem Alter beginnt keine neue politische Karriere. Ich habe schon 1967 gezögert, mich zu stellen, und habe aufreibende Jahre hinter mir.« Die kommenden Jahre will der Alt-Politiker mehr genießen: Er plant private Auslandsreisen und möchte politische Bücher schreiben.

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