KAPITALANLAGE / APFELSINEN-PLANTAGEN Süßer Leim
Immer wenn er Apfelsinen Hit, denkt der Chemiker Dr. Gerhard Kalweit, 53, an eine Lady in Palm Beach/Florida. Dann wünscht sich der Junggeselle aus Hüttental-Weidenau im Siegerland: »Wenn ich die kriege, drehe ich ihr den Hals um.«
Die attraktive amerikanische Geschäftsfrau Theodora Fraino-Pyfrom machte ihm vor Jahren eine Offerte zu der sie heute nicht mehr steht: »Bis zu 40 000 Mark können Sie jährlich zu Ihrem gegenwärtigen Einkommen hinzuverdienen.« Er müsse sich nur an Apfelsinen-Plantagen in Britisch-Honduras beteiligen.
Mehr als hundert Deutsche, meist Zahnärzte, Dozenten und Anwälte, deren Einkommen so groß war wie ihr Vertrauen, bewarben sich um Teilhabe an dem exotischen Fruchtgarten. Sie transferierten rund eine Million Mark Erspartes zur Fraino-Firma Bankers International Investment Corporation in Nassau auf den Bahamas, die in Zeitungsanzeigen saftige Zitrus-Gewinne feilbot.
Der Chemiker Kalweit schickte zunächst 3870 Mark in Monatsraten. Weitere 3630 Mark überwies er en bloc, als ihm Theodora Fraino, die als »Vice-President« ·der Bankers International zeichnete, auch noch Super-Profite aus Zuckerrohrpflanzen versprach; sie werde, so erklärte die Vermittlerin, die Sirup-Stauden zwischen die Apfelsinenbäume stecken lassen.
Sein Stolz auf die eigene Plantage in den Tropen wurde erstmals gedämpft, als ihn die Bahama-Bankiers im März 1965 wissen ließen, daß die Zuckerrohrpflanzen »ganz unvorhergesehen starben«. Von Stund an fürchtete der Chemiker auch um seine Apfelsinen.
Mißtrauisch wandte sich der Siegerländer an einen Experten: den ehemaligen Küchen- und Kantinenverwalter im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium Ludwig Eberstein. Der Furier praktiziert seit Februar 1964 als Deutschland-Direktor der Bankers International, die den Vertrieb der Apfelsinen-Zertifikate besorgte. Eberstein berichtete als Augenzeuge, er habe drüben »weite, weite Landflächen« gesehen, und testierte. »In Britisch-Honduras wachsen Apfelsinen.«
Nach einer zweiten Amerika-Reise schwärmte der Direktor den deutschen Investoren vor: »Alle Bäume wachsen gut, und die Blätter sind ein saftiges, dunkles Grün ... Man geht zufrieden wieder weg.«
Als Dr. Kalweit drei Jahre nach Raten-Transfer seine Besitz-Urkunden anmahnte, vertröstete ihn Direktor Eberstein: »Es geht nun einmal drüben alles nach einem sehr ruhigen Zeitablauf ohne Sorgen, und man darf unser Denken und Tun drüben nicht als Maßstab anwenden.« Als Kalweit daraufhin barsch sein Geld zurückverlangte, stellte Theodora Fraino den Briefverkehr ein.
Unverdrossen versicherte Direktor Eberstein derweil, Bankers International sei eine »reelle und ehrbare Firma«. Aber Investor Kalweit war Anfang letzten Jahres überzeugt, »Gangstern auf den Leim gegangen« zu sein. Er und seine Pflanzerkollegen schlossen sich zu einer Interessengemeinschaft zusammen und sandten Rechercheure nach Britisch-Honduras aus. Dort erfuhren die geprellten Apfelsinen-Züchter, Frau Fraino habe sich nach Florida abgesetzt.
Nach einer Besichtigung der hochgelobten Plantagen schrieben die Emissäre nach Deutschland: »Die wenigen bereits gepflanzten Bäume sind zum größten Teil wegen mangelnder Pflege vom Urwald überwuchert worden und eingegangen.«
Honduras-Anleger Gerhard Kalweit ist um 7500 Mark ärmer, doch um eine Selbsterkenntnis reicher: »Wir sind wohl alle sehr naiv gewesen.«
* In Britisch-Honduras.