Täter nur entschuldigt
(Nr. 12/1979, NS-Verfolgte) Ihre Feststellung, ein Truppendienstgericht habe die Arreststrafe gegen den Gefreiten Anseim Conrad kassiert, könnte vom Leser dahin mißverstanden werden, als solle die Kranzniederlegung an einer KZ-Gedenkstätte in Uniform in Zukunft ebenso straflos bleiben wie die regelmäßige Teilnahme uniformierter Offiziere an HIAG-Treffen und Kundgebungen der politischen Rechten.
Tatsächlich aber hat das Truppendienstgericht Karlsruhe mit Urteil vom 22. Dezember 1978 jede Beteiligung äußerlich kenntlicher Bundeswehrangehöriger an Ehrungen der KZ-Opfer für unerlaubt erklärt, da diese kein Anliegen sämtlicher »staatstragenden Kräfte«, sondern nur bestimmter Gruppen der Gesellschaft seien und somit wie jede andere Form einseitiger Parteinahme dem »politisch neutralen Erscheinungsbild« der Streitkräfte schadeten. Angesichts der bis zu diesem Urteil »widersprüchlichen Rechtsauffassungen« sei jedoch im Falle des Gefreiten Conrad die Gutgläubigkeit des Täters ein letztes Mal entschuldigt.
Im Sinne des verbindlichen Erbes des Anti-Hitler-Widerstandes war also auch dieses Urteil kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt, wovon auch der formale Freispruch letztlich nicht ablenken kann.
München H. E. SCHMITT-LERMANN Rechtsanwalt, Verteidiger des Gefreiten Conrad