FDP Tip vom Sohn
Der Absender des Begleitschreibens holte weit aus und verbreitete sich erst einmal ganz allgemein über die Risiken bei der Verpressung von flüssigem Giftmüll. »Das Einschließen des Abfalls in chemisch und statisch stabile Behälter«, dozierte Andreas Kniepert, bilde einen Schutz »auf die Dauer von Jahrtausenden«.
Dann kam der thüringische FDP-Partei- und Fraktionschef zum Kern: »Als Ingenieur habe ich natürlich auch nach einer technischen Lösung für das Problem gesucht. In der Anlage erlaube ich mir deshalb, Ihnen ein Angebot für einen dafür geeigneten Behälter mit zu übersenden.«
Nachdrücklich pries der Liberale seinem Parteifreund, dem Minister für Umwelt und Landesplanung, Hartmut Sieckmann, die Vorzüge der Kniepert-Container an. Die könnten »auch für das Einsammeln und Befördern von Sonderabfällen entsprechend den Festlegungen der Gefahrgutverordnung (Straße) verwendet werden«.
Das segensreiche Produkt, das Ingenieur Kniepert, 43, so generös auf einem Briefbogen der FDP-Fraktion feilbot, produziert das Gummiwerk Ernst Kniepert GmbH aus dem sächsischen Löbau - und das gehört Vater Peter.
Das Empfehlungsschreiben für den elterlichen Betrieb bringt den thüringischen FDP-Spitzenpolitiker wieder einmal ins Gerede. Selbst Parteifreunde Knieperts halten das Vorgehen des Liberalen für einen eindeutigen Fall von Vetterleswirtschaft.
Die Idee zu dem Angebot des Unternehmens an das Umweltministerium hatte der Politiker in der Familie. Vater Kniepert: »Den Tip hat mir mein Sohn gegeben. Der hat gemeint: Mach doch mal ein Angebot.«
Zum Stückpreis von 1037 Mark wollte das Unternehmen Kniepert dem thüringischen Umweltministerium Stahlbehälter mit Innengummierung, »säure- und laugenfest«, liefern. Peter Kniepert: »Ich kann den gesamten Bedarf abdecken.«
Der Betrieb kann Aufträge gut gebrauchen. Das Unternehmen, 1890 gegründet, hatte vor der Wende 40 Mitarbeiter. Heute sind es nur noch 12, und die Lage ist nicht rosig.
Womöglich hat FDP-Mann Kniepert bei seinem verehrten Vorbild im Westen, Jürgen Möllemann, abgekupfert. Der Bonner Ex-Wirtschaftsminister hatte auf offiziellen Briefbögen des Ministeriums bei den Chefs der großen Einzelhandelsketten für das Unternehmen eines Vetters seiner Ehefrau geworben. Als Möllemann deshalb Anfang des Jahres zurücktreten mußte, verteidigte Möllemann-Fan Kniepert den Parteifreund vehement.
Kniepert sieht denn auch bei sich kein Fehlverhalten. Er habe, sagt er, in seinem Brief ans Ministerium lediglich »einen Vorschlag für eine andere technische Lösung« gemacht.
So locker sehen es Knieperts Parteifreunde und der Koalitionspartner CDU womöglich nicht. Denn der selbstgefällige Kniepert zerrt schon länger an ihren Nerven.
Unangenehm aufgefallen war der Liberale bereits im vergangenen Jahr. Die Grünen hatten ihm vorgeworfen, er habe sieben Monate lang zu Unrecht neben seinen Abgeordnetendiäten auch noch ein Gehalt als Assistent an der Weimarer Hochschule für Architektur und Bauwesen (HAB) bezogen. Das thüringische Abgeordnetengesetz schloß zu der Zeit Doppelbezüge aus, wenn der Zweitlohn im Öffentlichen Dienst anfiel.
Erst auf Druck des damaligen HAB-Rektors Hans-Ulrich Mönnig verzichtete Kniepert auf das Assistentengehalt und ließ sich beurlauben. Das Abgeordnetengesetz wurde anschließend geändert.
Auch die Erfurter Staatsanwaltschaft interessiert sich inzwischen für den Freidemokraten. Sie will gegen ihn wegen des Verdachts der Nötigung ein Ermittlungsverfahren einleiten und bemüht sich seit Wochen um die Aufhebung von Knieperts Immunität.
Der Politiker, der vor der Wende der Blockpartei NDPD angehörte (Kniepert über Kniepert: »Ich bin Ossi, wer ist mehr?"), soll den ehemaligen Büroleiter des thüringischen Wirtschaftsministers Ronald Huth genötigt haben, im Zusammenhang mit der umstrittenen Vergabe von Raststättenlizenzen »endlich Ruhe« zu geben (SPIEGEL 45/1993). Kniepert konterte mit einer Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft wegen »Verfolgung Unschuldiger«.
Was das Containerangebot der Firma Kniepert angeht, hat sich Parteifreund Sieckmann inzwischen auf bewährte Art aus der Affäre gezogen. Er leitete den Brief seines Partei- und Fraktionschefs an die Thüringer Sonderabfallgesellschaft mbH weiter. Sieckmann erleichtert: »Da hatten wir den vom Tisch.« Y